Können die Hersteller gar nicht mehr zurückrudern?
Noch dieses Jahr könnte die Entscheidung fallen, ob es eine zweite Serie geben wird - Hersteller ziehen weiterhin an einem Strang
(Motorsport-Total.com) - Obwohl es zuletzt eine Annäherung zwischen den Automobilherstellern, die seit 2002 an ihrer eigenen Rennserie basteln beziehungsweise zumindest mit den entsprechenden Säbeln lautstark rasseln, und den Verantwortlichen der Formel 1 in ihrer derzeitigen Form gegeben hat, ist die geplante Konkurrenzserie, die 2008 starten könnte, noch keineswegs vom Tisch.

© BMW
Burkhard Göschel von BMW ist derzeit Chef der Herstellervereinigung GPMA
Im Vorfeld des Rennwochenendes in Japan hatten sich BMW, DaimlerChrysler, Honda, Renault und Toyota bei einem Treffen in München darauf verständigt, weiterhin unverändert mit der 'International Sports and Entertainment AG' an den Plänen einer neuen Formel 1 zu arbeiten. Damit konterte man auf die jüngste Stärkung von Bernie Ecclestone, der mit Ferrari, Midland, den beiden Red-Bull-Teams und möglicherweise bald auch Williams schon vier bis fünf Teams auf seiner Seite hat.#w1#
Können die Hersteller überhaupt noch zurück?
Die große Gefahr in der derzeitigen Situation: Zwar wünschen sich im Prinzip die Hersteller, die unter dem Namen GPMA gemeinsam an einem Strang ziehen, genauso eine Lösung wie Ecclestone, doch mit dem Vorantreiben der Pläne einer eigenen Serie hat man sich selbst medial so stark unter Druck gesetzt, dass es einem erheblichen Gesichtsverlust gleichkommen würde, doch noch einen Rückzieher zu machen. Eine Einigung im Sinne der Formel 1 würden alle als großen Sieg für Ecclestone feiern.
Dabei nimmt die Herstellerserie schon bedenklich konkrete Formen an: "Wir sind fast an einem Punkt angelangt, an dem man nicht mehr zurückkehren kann", erklärte GPMA-Chef Burkhard Göschel, ein Vertreter des Vorstands von BMW, in einem Interview mit der Nachrichtenagentur 'Reuters'. "Die Verträge mit Strecken und Sponsoren erfordern eine zweijährige Vorlaufzeit. Das bedeutet, dass eine Entscheidung noch dieses Jahr fallen sollte."
GPMA muss so bald wie möglich Partner an Land ziehen
Allerdings ist noch unklar, welche Partner die GPMA bereits an Bord hat, denn gerade die Rennstrecken haben größtenteils Exklusivverträge mit Ecclestone, der keine zweite globale Rennserie in seinem Revier dulden würde. Auch die Namensgebung könnte zum Problem werden, denn die Formel 1 ist eine von Ecclestone geschützte Marke, ebenso wie die Begriffe GP1 und GP2. Wie die GPMA-Serie heißen würde, ist also noch völlig unklar.
Klar ist, dass die Hersteller nicht von ihren Grundsatzprinzipien abweichen werden, was im Wesentlichen auf eine gerechtere Verteilung der Einnahmen hinausläuft. Deshalb möchte man sich auch nicht auf einen Deal mit der Sporthoheit FIA einlassen, denn diese hat die kommerziellen Rechte an der Formel 1 für 100 Jahre an Ecclestones SLEC-Holding verkauft. Die GPMA könnte in diesem firmenrechtlichen Tohuwabohu nur Kontrolle erlangen, indem man die teilhabenden Banken und Ecclestone einfach aus der SLEC auskauft.
Sehr wichtig sei daher ein möglichst hoher Grad an Transparenz: "In diesem Punkt sind wir nicht flexibel", sagte Göschel zu einer möglichen Zusammenarbeit mit der FIA. "Wir möchten nicht mit jemandem in Verbindung gebracht werden, der Verträge schließt, von denen niemand weiß, was genau darin enthalten ist." Ähnlich verhält es sich ja auch mit dem Concorde Agreement, welches allerdings ohnehin für 2008 neu verhandelt werden muss.
Göschel will auch Ferrari an Bord holen
Aber: "Ich glaube nicht an eine Trennung in der Zukunft", fuhr der Deutsche fort. "Der wichtigste Faktor im heutigen Grand-Prix-Sport ist, dass die fünf Hersteller an einem Strang ziehen und das auch in Zukunft tun werden. Wir werden aber auch für die unabhängigen Teams wirklich attraktive Konditionen anbieten, viel bessere als in der bestehenden Serie. Schließlich sind wir sehr daran interessiert, die unabhängigen Teams an Bord zu haben."
Mit dieser Äußerung möchte Göschel vermutlich vor allem Ferrari ködern, denn der Traditionsrennstall ist weltweit bekannt und genießt enorme Sympathiewerte bei den Fans. Momentan wird Ferrari jedoch bevorzugt behandelt, bekommt mehr Geld aus allen entscheidenden Finanztöpfen und genießt auch im Rahmen des Concorde Agreements eine Sonderstellung. In einer etwaigen Herstellerserie müssten sich die Italiener aber mit einer fairen Gleichbehandlung zufrieden geben.

