Klien-Interview: "War nahe an Renault dran"
Christian Klien verrät, warum die DTM oder die FIA-GT-WM kein Thema ist und wie er seine Chancen auf ein Formel-1-Cockpit einschätzt
(Motorsport-Total.com) - Motorsportmessen haben in Österreich seit der Jochen-Rindt-Show große Tradition. In Wiener Neustadt fand am vergangenen Wochenende erstmals die Racingshow statt, der Christian Klien als Stargast ihre Aufwartung machte. Der ehemalige Testpilot des BMW Sauber F1 Teams hätte dabei nur allzu gerne verraten, was er dieses Jahr machen wird, konnte mit dieser Antwort aber noch nicht dienen.

© Racingshow
Bei der Racingshow in Wiener Neustadt war Christian Klien einer der Stargäste
Nach seiner offiziellen Pressekonferenz nahm sich Klien im kleinen Kreis auch für 'Motorsport-Total.com' Zeit, um über seine Zukunft zu sprechen. Dabei wurde klar: Der 27-Jährige hat im Gegensatz zu seinem Landsmann Alexander Wurz mit der Formel 1 noch nicht abgeschlossen und will sich um ein Grand-Prix-Cockpit bemühen - auch wenn es nur noch bei zwei Teams (US F1 und Campos oder Stefan) freie Plätze gibt...#w1#
Frage: "Christian, mir ist klar, dass du nicht sagen kannst, mit welchen Teams du noch verhandelst. Aber rein mathematisch gesehen gibt es nur noch zwei Teams, die Renncockpits frei haben..."
Christian Klien: "Genau. Prozentuell einschätzen kann man das nie. Wir befinden uns in Verhandlungen. Mehr kann man eigentlich momentan dazu nicht sagen."
Hoffen auf baldige Bekanntgabe
"Es gibt keinen Fahrer, der dem Team ins Wort fällt, bevor irgendetwas unterschrieben ist. Insofern müssen wir leider noch ein bisschen warten. Die meisten Teams sind schon am Testen. Da haben wir natürlich jetzt schon einen Rückstand. Mir persönlich wäre es auch lieber heute als morgen, aber momentan kann ich noch nicht mehr sagen."
Frage: "Lass mich die Frage leicht umformulieren: Eigentlich haben wir ja drei Teams, die sich um zwei Startplätze bewerben. Sprichst du auch mit Zoran Stefanovic?"
Klien: "Jeder kann sich ausrechnen, wo es noch freie Renncockpits gibt. Mit diesen Teams sind wir in Gesprächen."
Frage: "Angenommen es wird nichts mit dem Grand-Prix-Cockpit, dann wirst du wohl einen Testvertrag anvisieren. Willst du dann nebenher auch noch etwas anderes machen, zum Beispiel Le Mans oder die DTM?"
Klien: "Wenn du zusammen mit der Formel 1 etwas machst, dann geht das eigentlich nur in der LMP1. Die Autos sind den Formel-1-Autos am ähnlichsten. DTM oder GT-Sport ist schon mehr Tourenwagen. Da braucht man einen anderen Fahrstil, also würde das nicht zusammenpassen. Wenn, dann nur in der LMP1."
"Dort gibt es genau die Schwierigkeit, dass sich Le Mans mit Kanada in der Formel 1 überschneidet, daher gibt es auch da keine Zusagen an Peugeot oder andere Aktivitäten in der Langstreckenszene. Ansonsten wäre das aber auch für die Zukunft sicher eine interessante Sache."
Frage: "Wäre ein Wechsel in die DTM oder in den Tourenwagen der endgültige Abschied von der Formel 1?"
Klien: "Definitiv. Wenn du einmal im Tourenwagen sitzt, hast du dich entschieden. Formel 1 und Tourenwagen, das geht meiner Meinung nach nicht nebeneinander."
Frage: "Bist du noch im Peugeot-Kader oder nicht mehr? Alexander Wurz hat seinen Vertrag ja schon seit November in der Tasche..."
Klien: "Aber er hat mit der Formel 1 schon abgeschlossen. Ich noch nicht. Dadurch, dass sich Le Mans mit der Formel 1 überschneidet, geht meine ganze Kraft in die Formel 1. Le Mans wird nur interessant, wenn es mit der Formel 1 nicht funktionieren sollte. Status quo mit Peugeot ist, dass wir noch nichts abschließen konnten, weil wir noch in Formel-1-Verhandlungen stehen."
Frage: "Du bist jetzt seit 2006 weg vom Renncockpit. Kommt da nicht langsam der Gedanke, dass du dich für die Zukunft um etwas umschauen willst, zur Not eben auch außerhalb der Formel 1?"
Klien: "Die letzten Jahre bei den Topteams Honda und BMW war der Testfahrerjob sehr interessant. Man ist noch mehr zum Testen gekommen, was jetzt natürlich weniger geworden ist. Das war für mich eine sehr interessante Zeit und absolut die richtige Entscheidung. Vor allem bleibst du auch im Spiel Formel 1 dabei, daher musst du zumindest Testfahrer sein. Und wenn ich sehe, dass vom letzten Jahr einige Testfahrer wieder ins Renncockpit gekommen sind, dann war das absolut die richtige Entscheidung."
Frage: "In einem für die Presse zur Verfügung gestellten Interview deines Managements wirst du so zitiert, dass du einen Rennvertrag für 2010 in der Tasche gehabt hättest, wenn BMW nicht aus der Formel 1 ausgestiegen wäre. Ist es wirklich so, dass wir dich dann definitiv für das BMW Sauber F1 Team im Renncockpit gesehen hätten?"
Klien: "Ja. Ich hatte zwei Jahre Testvertrag und dann wäre das Renncockpit da gewesen. Unglücklicherweise hört BMW genau dieses Jahr auf! Das ist natürlich schade."
Bei zwei Teams knapp gescheitert
Frage: "Ihr habt lange mit Renault und Sauber verhandelt. Beide Teams haben noch kaum Sponsoren und Fahrer sind nun Vitaly Petrov, der einen zweistelligen Millionenbetrag mitbringt, und Pedro de la Rosa, dessen Gage von Santander bezahlt wird. Wie frustrierend ist es, wenn solche Argumente mitspielen?"
Klien: "Es ist natürlich schade. Ich war bei Renault in Enstone und habe mir das ganze Werk angeschaut, auch das Auto selbst. Da gab es nur noch zwei oder drei Kandidaten auf das Cockpit."

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Im Formel-1-Auto saß Christian Klien zuletzt am 16. Februar 2009 in Manama Zoom
"Da ist man schon sehr nahe dran und man identifiziert sich auch schon mit dem Team, aber leider ist es in diesem Jahr so - auch im letzten Jahr zum Teil schon -, dass der wirtschaftliche Faktor doch immer wieder eine große Rolle spielt. Bei vielen Teampräsentationen haben wir gesehen, dass da nicht allzu viele Sponsoren auf den Autos sind. Da ist natürlich jedes Team froh, wenn ein Fahrer Geld mitbringen kann."
Frage: "Kommt einem da manchmal der Gedanke, als Österreicher den falschen Reisepass für die Formel 1 zu haben?"
Klien: "Nicht wirklich, nein. Ich bin stolz darauf, als Österreicher in der Formel 1 zu sein. Sicher ist mit Ländern wie Russland oder China nicht mitzuhalten, aber so ist es nun einmal. Für mich sprechen die Tatsachen, dass ich seit sechs Jahren in der Formel 1 bin und viel Erfahrung von verschiedenen Teams mitbringe. Das ist das, was ich beitragen kann - leider nicht das große Geld! Wir sind ein kleines Land. Da ist das natürlich schwieriger als in großen Ländern."
Frage: "Hast auch du versucht, von irgendwo Sponsormillionen herzubekommen?"
Klien: "Auf jeden Fall. Jeder Pilot versucht, dem Team weiterzuhelfen und Sponsoren an Land zu ziehen. Ganz besonders in diesem Jahr und in dieser wirtschaftlichen Lage ist das aber schwierig."
Frage: "Reden wir noch kurz über die neuen Teams, unabhängig von deinen Gesprächen mit denen. Aber wie war dein Eindruck, was ihre Professionalität angeht?"
Klien: "Ich glaube, dass Virgin und Lotus sicher die zwei Teams sind, die richtig Hand und Fuß haben. Der Virgin war das erste Auto, das von den neuen Teams präsentiert wurde. Lotus wird am 12. Februar kommen. Die waren sicher sehr frühzeitig dran, das Team und das Auto auf die Beine zu stellen. Den beiden Teams gebe ich die größte Chance, dass sie erfolgreich an der Formel 1 teilnehmen werden."
Frage: "Warst du bei US F1 in Charlotte?"
Klien: "Nein."
Frage: "Und was sagst du deinem ehemaligen Arbeitgeber, zum Sauber-Team, das bei den ersten Testfahrten jeweils Zweiter hinter Ferrari war?"
Klien: "Die scheinen sehr gut zu sein. Das Auto kam schlussendlich immer noch von BMW, also haben sie es sicher mit einem sehr guten Budget entwickelt. Daher glaube ich, dass sie dieses Jahr sehr konkurrenzfähig sein werden. Die ersten Testfahrten sind aber sehr schwierig einzuschätzen, besonders durch das neue Reglement mit den großen Tanks. Ich glaube, dass von denen, die schon getestet haben, Ferrari, Mercedes und McLaren die drei Topteams sind, dann gefolgt von Sauber und Renault."
Frage: "Inwieweit warst du in die Entwicklung des 2010er-Sauber noch involviert?"
Klien: "Es gab natürlich den Input, den wir letztes Jahr im Winter schon ausgetestet haben. Das fließt natürlich ins Auto ein. Aber an und für sich bist du als Fahrer an der Entwicklung nicht aktiv beteiligt."

