Klien: "In der Formel 1 ist alles schwierig"
Christian Klien über das hohe Niveau der Formel 1, Entwicklungen am Auto und wie er mit dem Druck umgeht, der auf ihm lastet
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Für dich ist Hockenheim ein ziemlich glücklicher Kurs, oder?"
Christian Klien: "Ja, das ist er. Ich hatte hier ein paar Rennen und es ist fast mein Heim-Grand-Prix, denn ich lebe nur zweieinhalb Stunden von hier entfernt und in jedem Rennen, das ich hier bestritten habe, stand ich auf dem Podium. Ich mag den Kurs wirklich. Ich mochte auch das alte Layout, es hat dort vielleicht ein wenig mehr Spaß zu fahren gemacht, es steckte etwas mehr Geschichte in dem Kurs, aber ich fahre auch gerne auf dieser Strecke. Aus diesem Grund freue ich mich, hier mit einem Formel-1-Auto zu fahren."

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Christian Klien gibt zu, dass die Formel 1 eine harte Nuss ist
Frage: "Ihr habt nun einige Entwicklungen am Auto. Was weißt du über sie und wie viel hast du mit ihnen getestet?"
Klien: "Wir haben für dieses Rennwochenende ein neues Aerodynamik-Paket. Wir haben es letzte Woche in Jerez ausprobiert und hatten dort einen guten dreitägigen Test. Es gibt nun ein wenig mehr Abtrieb, ich denke, dass es also ein guter Schritt für uns ist und ich freue mich darauf, damit im Rennen zu fahren."#w1#
Frage: "Was ist mit dem Motor, denn dies ist eine Sache, von der uns gesagt wurde, dass ihr wirklich hinterher hinkt?"
Klien: "Wir haben in Magny-Cours einen guten Schritt gemacht, es war unser neuer Motor, besonders in Bezug auf das Qualifying aber auch für das Rennen. Das war mit Sicherheit ein guter Schritt, wir arbeiten immer noch an ihm und versuchen ihn bis zum Saisonende besser und besser zu machen."
Für Klien war die erste Saisonhälfte zum Eingewöhnen da
Frage: "In der Vergangenheit ist Jaguar vielleicht mit seinen zweiten Fahrern nicht besonders gut umgangen. Was musst du zwischen jetzt und dem Ende der Saison tun?"
Klien: "Zunächst einmal war die erste Saisonhälfte mehr oder weniger dazu da, sich an die Formel 1 zu gewöhnen und zu wissen, wie das Team und alles arbeitet. In der zweiten Saisonhälfte baue ich nun auf diesen Dingen auf, die ich gelernt habe, und ich denke, dass es eine gute Möglichkeit ist, mein Talent zu zeigen. Es ist wichtig, ein gutes Rennwochenende mit einer guten Leistung im Qualifying zu haben, was für das Rennen wichtig ist, und dann ein gutes Rennen zu haben. Ich versuche aus diesem Grund, alles zusammenzufügen und mit Sicherheit sind Punkte das Ziel. Es ist schwierig, sie zu bekommen, aber wir sind auf einem guten Weg, denke ich, und mit ein wenig Glück ist es möglich, zu punkten."
Klien sieht direkt aufeinander folgende Rennen positiv
Frage: "Wir hatten jetzt sechs Rennen in acht Wochen gehabt, wie fühlt sich das für einen jungen Fahrer wie dich an, den jüngsten im Feld?"
Klien: "Diese direkt aufeinander folgenden Rennen sind ziemlich hart, aber ich habe sie nicht als ein allzu großes Problem angesehen. Besonders in Kanada war ich wirklich glücklich, dass das nächste Rennen nur eine Woche später stattfand, denn ich hatte ein schlechtes Wochenende und ich habe am anderen Wochenende bewiesen, dass ich es besser machen kann. Das Gleiche galt auch für Magny-Cours und Silverstone. Besonders als junger und neuer Fahrer lernst du eine Menge und besonders an jedem Rennwochenende lernst du und bekommst mehr Erfahrung und darauf kann man aufbauen und es bei den kommenden Rennen besser machen."
Frage: "Kommen wir noch einmal auf das Aerodynamik-Paket zurück, das ihr für dieses Rennen habt. Dient dies dazu, ein Problem mit dem Auto zu beheben oder wollt ihr dadurch lediglich mehr Leistung finden? Ich meine, gibt es ein Problem mit der Stabilität des Autos?"
Klien: "Ich würde nicht sagen, dass es ein Problem gibt. Das Auto ist manchmal am Heck ein wenig nervös, besonders beim Bremsen, aber beim letzten Rennen war dies kein Thema und mit diesem Aerodynamik-Paket wird es sogar noch besser werden. Ich denke, dass es mit Sicherheit ein guter Schritt und eine gute Hilfe sein wird, sodass ich als Fahrer ein wenig härter pushen und bremsen kann."
Klien genießt die Zeit in der Heimat
Frage: "So weit ich weiß, hast du zu Hause trainiert. Erzähle uns doch einmal, was du alles gemacht hast."
Klien: "Ich war für vier Tage zu Hause, nachdem ich drei Tage vergangene Woche in Jerez getestet habe. Das war dort eine ziemlich anstrengende Zeit, es war 36 Grad heiß, ich war aus diesem Grund froh, wieder nach Österreich zurückgekehrt zu sein, wo die Temperaturen ein wenig kühler waren! Ich ging in die Berge, fuhr ein wenig Fahrrad, ging wandern. Es ist immer schön, wieder nach Hause zu kommen und auch Freunde zu sehen und zu entspannen und unter sehr netten Bedingungen zu trainieren."
Frage: "Dein Teamkollege Mark Webber sagt auch, dass er gerne in den Bergen Fahrrad fährt. Wirst du ihn in den kommenden drei Wochen einladen und sehen, wie er mit den österreichischen Pässen zurechtkommt?"
Klien: "Ja, mit Sicherheit. Ich sagte zu ihm, dass er doch einmal nach Österreich kommen soll und wir könnten zusammen ein paar gute Touren unternehmen. Er ist auf dem Fahrrad wirklich gut, er fährt viel auf der Straße und ja, vielleicht sollte ich ihm die Berge zeigen, denn das ist etwas anderes."
Urlaub? Für Klien bitteschön in der Heimat
Frage: "Was hast du für die kommende dreiwöchige Pause geplant?"
Klien: "Ich denke, dass ich lediglich zu Hause bleiben werde. Weißt du, man reist so viel während des Jahres, wenn man dann zwei oder drei Wochen Freizeit hat, bleibe ich zu Hause. Ich habe dort alle meine Freunde und ich lebe in einem schönen Land, ich habe dort alles, was ich brauche, es gibt deshalb keinen Grund wegzufahren."
Frage: "Das kommende Rennen nach diesem hier findet in Ungarn statt, siehst du dies auch ein wenig als Heimrennen für dich an?"
Klien: "Absolut. Es ist eine Stunde von Wien entfernt, ich denke, dass viele österreichische Fans zu diesem Rennen kommen werden und es ist mit Sicherheit auch ein Heim-Grand-Prix für mich. Für mich liegt Hockenheim näher an meiner Heimat, aber ich denke, dass viele österreichische Fans dort sein werden, das ist für mich eine gute Motivation, ich werde aus diesem Grund versuchen, dort eine gute Arbeit abzuliefern."
Streckenkenntnisse bringen in der Formel 1 nicht viel
Frage: "Du kennst nun diese Strecke hier. Wie viele der verbleibenden Kurse kennst du?"
Klien: "Ich kenne Ungarn und ich kenne Spa aus meiner Zeit in der Formel Renault, ich kenne Monza und dann werden China, Japan und Brasilien für mich erneut neu sein. Aber als ich das erste Mal auf eine Strecke kam, die ich kannte - das war in Imola, ich kannte sie von der Formel Renault - da dachte ich, dass es mir helfen würde, wenn ich dort zuvor schon ein Rennen gefahren bin. Aber als ich dort mit einem Formel-1-Auto ankam, dann ist dies komplett anders - die Geschwindigkeit, die Bremspunkte, die Unebenheiten fühlen sich anders an, man benutzt die Randsteine anders, es ist mehr oder weniger so, als wenn du auf einen neuen Kurs kommst. Normalerweise brauchst du an einem Rennwochenende den gesamten Freitag, um dich an eine Strecke zu gewöhnen, auf Tempo zu kommen, und am Samstag kannst du beginnen, mit deinen Ingenieuren am Setup zu arbeiten, um das Auto zu verbessern."
Frage: "Wie wertvoll war es gewesen, dass mit Björn Wirdheim und natürlich auch Mark drei Fahrer am Freitag gefahren sind?"
Klien: "Das ist sehr nützlich. Besonders Björn Wirdheim kann Reifen für uns testen, kann verschiedene Setups ausprobieren, dies ist für uns eine massive Hilfe. Und als junger Fahrer wie ich, kann ich viel von Mark lernen, denn er ist am Freitag immer sehr schnell auf Tempo, ich kann anhand seiner Daten exakt sehen, wo ich mich verbessern muss. Das ist für mich also eine gute Hilfe.
Klien lassen die Gerüchte um seine Person kalt
Frage: "Es gab Berichte in der britischen Presse - Zitate von David Pitchforth - dass er vielleicht das Gefühl hat, dass du zu früh in die Formel 1 gekommen bist. Spornen dich Kommentare wie diese als Fahrer an oder beeinträchtigen sie dein Selbstvertrauen?"
Klien: "Klar, mit Sicherheit tauchen solche Dinge in den Medien auf, aber für mich ist es wichtig, dass ich mich auf mein Ding konzentriere und ich bin absolut zuversichtlich und fühle mich absolut gut in meinem Team. Es gibt also keinen Grund, sich aufzuregen und es ist nicht gut, wenn man zu viel über diese Dinge nachdenkt, denn wichtig ist es, eine gute Leistung zu zeigen und zu versuchen, dein Bestes zu geben und sich dennoch im Verlauf des Jahres zu verbessern."
Klien gibt zu, dass die Formel 1 unheimlich schwer ist
Frage: "Was ist das Schwierigste in der Formel 1 zu lernen und was hattest du gedacht würde schwierig werden aber war dann doch nicht so schwierig zu erlernen?"
Klien: "Zunächst einmal denke ich, dass es schwierig ist, eine Hochgeschwindigkeitsstrecke wie Barcelona zu lernen und ich denke auch, dass Spa eine dieser Strecken sein wird. Man muss an einem Rennwochenende in den Hochgeschwindigkeitskurven sehr schnell Speed aufnehmen, weil du ein gutes Vertrauen benötigst um den ganzen Abtrieb deines Autos zu nutzen, um so schnell wie dein Teamkollege oder die anderen Fahrer in diesen Kurven zu sein. Ich denke, dass dies eine schwierige Angelegenheit ist. Was einfacher ist? Nichts. In der Formel 1 ist alles schwierig. Es ist alles am Maximum und besonders im ersten Jahr, wenn du von der Formel 3 kommst und so viele Dinge zu lernen hast. Sogar nach zwölf Rennen lernst du noch an jedem Testtag, du lernst in jeder Situation im Rennen und du verbesserst dich selbst."
Frage: "Nun kommt das Testverbot, hoffst du, dass ihr an diesem Wochenende einen großen Schritt nach vorne machen könnt, denn es wird dann die kommenden Rennen alles beim Alten bleiben?"
Klien: "Ja, so ist es, aus diesem Grund war der Test in Jerez für uns sehr wichtig. Ich denke, dass wir dort drei sehr gute Tage hatten. Auch für mich als Fahrer ist es immer gut, Testtage zu haben, um sich selbst zu verbessern, um enger mit den Ingenieuren zu arbeiten, um ein Gefühl für das Auto zu bekommen, aus diesem Grund ist es für einen Fahrer sehr gut und natürlich verbessern wir das Auto. Und das wird so für die kommenden drei Rennen sein."
Kliens Motivation ist eher höher als zu Saisonbeginn
Frage: "Denkst du, dass deine Motivation nun so hoch ist wie sie es zu Beginn des Jahres war oder fühlst du dich ein wenig ermüdet, besonders vielleicht auf Grund der direkt aufeinander folgenden Rennen?"
Klien: "Nein, sie ist absolut die gleiche, ich denke vielleicht sogar noch höher, denn nun weiß ich, wie schwierig und hart es in der Formel 1 ist und man muss alles richtig machen und alles zu 100 Prozent erledigen, es gibt aus diesem Grund keine Zeit, mit der Motivation nachzulassen und langsamer zu machen."
Frage: "In der Pause wirst du in den kommenden paar Tagen bei einer klassischen Veranstaltung in Österreich, der Ennstal Classic, ein Rennfahrzeug neben Leuten wie John Surtees und Stirling Moss fahren. Was denkst du darüber und mit welchem Auto wirst du dort fahren?"
Klien: "Ich fahre bei der Ennstal Classic kommende Woche in Österreich, am Samstag werde ich dort sein und einen alten Jaguar E-Type fahren. Im Moment weiß ich nicht genau, welches Auto es sein wird, aber es wird eine gute Möglichkeit sein, ein solch altes und historisches Auto zu fahren und ich denke, dass es viel Spaß machen wird, besonders mit all den alten Rennlegenden dort."

