• 03.02.2012 16:01

Karthikeyan: "Ende gut, alles gut"

Narain Karthikeyan hat das Rennen um das letzte zu vergebene Stammcockpit gemacht: Der Inder blickt auf seine dritte Formel-1-Saison und zweite für HRT voraus

(Motorsport-Total.com) - Narain Karthikeyan bleibt der Formel 1 für eine weiteres Jahr erhalten. An der Seite von Pedro de la Rosa bestreitet der Inder die Saison 2012 im umstrukturierten HRT-Rennstall.

Titel-Bild zur News: Narain Karthikeyan

Narain Karthikeyan geht auch in der Saison 2012 für HRT an den Start

Im Interview spricht Karthikeyan über bange Momente im Winter, seine Erwartungen für die bevorstehende Saison, den Respekt gegenüber Teamkollege de la Rosa sowie seinen schwierigen Aufstieg in die Königsklasse aus einem Land ohne Motorsporttradition.

Frage: "Narain, wie gehst du die neue Herausforderung in der Formel 1 an, nachdem du als Fahrer im letzten zu vergebenen Stammcockpit bestätigt wurdest?"
Narain Karthikeyan: "Alles fing im vergangenen Jahr nach dem Grand Prix von Indien an. Dort habe ich eine gute Leistung gezeigt, woraufhin klar wurde, dass ich nach wie vor in die Formel 1 gehöre. Es ist kein Geheimnis, wie schwierig es heutzutage ist, in der Formel 1 zu bleiben. Unabhängig davon habe ich sichergestellt, dass ich sowohl körperlich als auch mental bereit bin, sollte sich eine Möglichkeit ergeben. Ich kann es kaum erwarten, wieder ins Auto zu steigen und zu fahren."

Frage: "Die Unsicherheit zwischen dem Ende der vergangenen Saison und dem Zeitpunkt, als du als Fahrer für diese Saison bestätigt wurdest, war sicher kein angenehmes Gefühl. Was hast du gemacht, um beschäftigt zu bleiben?"
Karthikeyan: "Es gab eine Menge Höhen und Tiefen - positive und negative Tage. Zuweilen habe ich zu schnell aufgegeben. Dann gab es plötzlich wieder Hoffnung. Mental war es eine schwierige Zeit. Doch wie ein Sprichwort so passend heißt: Ende gut, alles gut."

"Im Winter habe ich viel trainiert. Ich würde sagen so viel, als hätte ich mein Stammcockpit bereits sicher gehabt. Die Fitness ist in der Formel 1 ein ganz entscheidender Faktor. Zudem gab es im Winter viele Gespräche, die natürlich Flüge, Hotelaufenthalte und all diese Dinge nach sich zogen. Um ehrlich zu sein, hatte ich nicht viel Zeit, zu Hause zu sitzen und zu grübeln."

Frage: "Welche Ziele hast du dir für deine dritte Formel-1-Saison gesteckt?"
Karthikeyan: "Was Ergebnisse betrifft, hängt sehr viel von der Entwicklung des Autos ab. Ich muss sagen, bisher sieht alles vielversprechend aus. Abgesehen davon habe ich keine Zweifel, was meine eigenen Fähigkeiten betrifft. Ich bin ähnlich zuversichtlich wie im vergangenen Jahr, als ich nach ein paar Rennen so gut unterwegs war wie nie zuvor. Ich werde wieder voll angreifen, keine Frage."

"Obwohl es nach wie vor dasselbe Team ist, hat sich in diesem Jahr viel verändert. Ich bin mir sicher, dass es Veränderungen zum Positiven waren. Das neue Management hat den Fokus ganz klar auf eine allumfassende Verbesserung gelegt. Ich bin überzeugt, dass dieser Schritt gelingen kann."

Veränderte Vorzeichen bei HRT

Frage: "Im Grunde ist die gesamte Teamstruktur neu. Welchen Eindruck hast du von der neuen Teamführung?"
Karthikeyan: "Im Team gibt es nun einige sehr fähige und erfahrene Leute, zum Beispiel den neuen Teamchef Luis Perez-Sala sowie meinen Teamkollegen Pedro de la Rosa. Seitdem die neuen Besitzer das Zepter in der Hand haben, haben sich die Dinge ganz eindeutig zum Positiven entwickelt. Saul (HRT-Geschäftsführer Ruiz de Marco; Anm. d. Red.) hat eine sehr gute Vorstellung davon, wie die Formel 1 angepackt werden sollte. Ich bin mir sicher, dass er durch das Einbringen seiner unternehmerischen Erfahrung für eine Wende zum Positiven sorgen wird. Jeder weiß, dass es in der Formel 1 nicht möglich ist, Dinge über Nacht zu verändern, aber wir haben ganz sicher die richtige Richtung eingeschlagen."

"Ich weiß, dass ich genauso schnell bin wie jeder andere da draußen." Narain Karthikeyan

Frage: "Wie würdest du dich selbst als Fahrer beschreiben?"
Karthikeyan: "Eines ist sicher: Ich gebe niemals auf. Ich bin entgegen aller Erwartungen immer noch dabei. Dafür habe ich sehr hart gearbeitet und immer an meine Fähigkeiten geglaubt. Ich weiß, dass ich genauso schnell bin wie jeder andere da draußen."

Großer Respekt vor Pedro de la Rosa

Frage: "Was weißt du über deinen Teamkollegen Pedro de la Rosa und inwiefern sticht er für dich besonders heraus?"
Karthikeyan: "Ich erinnere mich noch gut an meinen ersten Formel-1-Test für Jaguar im Jahr 2001. Damals war Pedro Stammfahrer im Team. Wenngleich ich ihn nicht sehr gut kenne, weiß ich doch, dass er sehr erfahren ist. Anhand dessen, was ich bisher gesehen habe, ist er zudem eine sehr angenehme Persönlichkeit. Ich gehe davon aus, dass wir gut miteinander auskommen werden. Es geht nicht darum, sich gegenseitig zu schlagen, sondern harmonisch zusammenzuarbeiten, um das Team als Ganzes nach vorn zu bringen. Ein gesunder Wettbewerb wird es uns beiden erlauben, das Maximum aus dem Auto herauszuholen und den Entwicklungsprozess zu beschleunigen. Was die Entwicklung eines Autos betrifft, verfügt Pedro über einen reichen Erfahrungsschatz aus einem Topteam (aus seiner Zeit als McLaren-Testfahrer; Anm. d. Red.). Er wird daher einen wesentlichen Beitrag leisten können, das Beste aus unseren Ressourcen herauszuholen."

"Ich gehe davon aus, dass wir tatsächlich ein paar Testfahrten im Vorfeld der Saison abhalten werden." Narain Karthikeyan

Frage: "Welchen Beitrag kannst du deiner Meinung nach leisten?"
Karthikeyan: "Ich werde sowohl im als auch außerhalb des Cockpits alles geben, um das Team auf seinem Weg nach vorn zu unterstützen. Kontinuität ist in der Formel 1 ein wichtiger Faktor. Ich gehe davon aus, dass wir anders als im vergangenen Jahr tatsächlich ein paar Testfahrten im Vorfeld der Saison abhalten werden. In meinen Augen ist also der Anreiz gegeben, das Team mit guten Ergebnissen und vollem Einsatz nach vorn zu bringen."

Beschwerlicher Aufstieg bis in die Formel 1

Frage: "Wie hast du in einem Land, das über sehr wenig Motorsporttradition verfügt, deinen Traum vom Aufstieg in die Formel 1 aufrecht erhalten?"
Karthikeyan: "Von dem Moment an, als ich meine Rennfahrerkarriere begann, hatte ich nur ein Ziel im Kopf - die Formel 1. Das war ganz sicher ein ungewöhnlicher Traum für jemanden, der aus Indien kommt. Verständlicherweise habe ich im ersten Moment unterschätzt, welch schwieriger Aufstieg es sein würde. Als ich begann, in Europa Rennen zu fahren, ergab sich ein klareres Bild. Zu dieser Zeit machte ich mit der rauen Realität Bekanntschaft. Ich kannte damals nicht die notwendigen Schritte, um in die Formel 1 vorzustoßen. Diverse Rückschläge haben meinen Willen aber nur noch stärker gemacht. Als ich im Jahr 2005 schließlich mein Formel-1-Debüt gab, zahlte sich meine Beharrlichkeit endlich aus."

Frage: "Im vergangenen Jahr hast du als erster indischer Fahrer im Starterfeld des Grand Prix von Indien Geschichte geschrieben. Welche Träume willst du dir noch erfüllen?"
Karthikeyan: "Für mich ist die Formel 1 ein fortwährender Traum. Der Wettbewerb ist sehr eng. In der höchsten Rennsportkategorie zu kämpfen ist genau das, was ich mag. Ich bin sehr glücklich, dass ich die Möglichkeit habe, meinen Traum weiterleben zu können und hege die feste Absicht, das Beste daraus zu machen."