• 14.07.2003 10:11

  • von Fabian Hust

Kann Ferrari das Zepter wieder in die Hand nehmen?

Ausgerechnet in der "Höhle des Löwen" soll ein verbessertes Technikpaket den Ferrari wieder siegfähig machen

(Motorsport-Total.com) - BMW-Williams ist das Team der Stunde. Während McLaren-Mercedes gegen die Tücken des technisch hoch gezüchteten MP4-18 kämpft und mit dem modifizierten Vorjahreswagen langsam aber sicher den Anschluss an die Konkurrenz verliert, verzweifelt Ferrari an den bärenstarken BMW-Williams, die es Dank eines perfekt zum Auto abgestimmten Reifenpakets, einem deutlich verbesserten Chassis und dem sicheren Wert BMW zu schlagen gilt.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Michael Schumacher muss wohl auch in Silverstone wieder alles geben

Ein Sieg von Ferrari in Silverstone ist Pflicht, denn die kommenden Rennen lassen keine Ferrari-Dominanz erwarten. In Hockenheim dürfte BMW-Williams ebenso stark sein wie in Monza und auch in Ungarn könnte Michelin Konkurrent Bridgestone einmal mehr überlegen sein. Will das Weltmeisterteam die WM-Führung nicht an die weiß-blaue Konkurrenz abgeben, so muss beim Großen Preis von Großbritannien am kommenden Wochenende ein Sieg her.

Ross Brawn war "geschockt"

Die Roten jedenfalls hoffen, ihre Hausaufgaben gemacht zu haben. In der vergangenen Woche testete man bis einschließlich Samstag, dabei kamen im Verlauf der Woche beide Stammfahrer sowie die Testpiloten Luca Badoer und Felipe Massa zum Einsatz. In einem Interview mit der 'Welt am Sonntag' hat Ross Brawn, Technischer Direktor der Scuderia, zugegeben, dass man von der Schnelligkeit der Konkurrenz in den letzten Rennen "geschockt" war.

"Die Rennen auf dem Nürburgring und in Magny-Cours waren eine Ohrfeige, die uns nur noch mehr motiviert", zeigt sich Brawn schon wieder angriffslustig, der in Frankreich öffentlich zugab, dass man momentan einfach zu langsam ist. Dass Michael Schumacher und sein Team die WM-Wertung noch anführen, hat man einmal mehr der Extraklasse des fünfmaligen Champions zu verdanken. Rubens Barrichello hingegen fällt immer mehr zurück, denn auf Grund der Dichte des Feldes wirken sich die Talent-Zehntel von Schumacher teilweise dramatisch auf das Punktekonto aus.

Nur Schumacher kann Ferrari zum Titel fahren

"Michael fuhr in Monte Carlo, Montreal, am Nürburgring und in Magny-Cours die besten Rennen seiner Karriere", analysiert Ex-Formel-1-Weltmeister Jackie Stewart. "Mit dieser unglaublichen Leistung trägt er Ferrari wie früher zur WM. Er ist es, der 2003 wie früher den Unterschied zur Konkurrenz ausmacht", ist der Brite zuversichtlich, dass es der Deutsche dieses Jahr zu einem sechsten Titel bringen kann.

Ferraris größtes Plus im Moment ist die Zuverlässigkeit, die in diesem Jahr auf Grund des neuen Punktesystems noch wichtiger geworden ist. Die größte Schwäche des Pakets ? auch wenn man dies ganz loyal in der Öffentlichkeit abzuschwächen versucht ? sind die Reifen. Ferrari hat wohl immer noch das beste Auto, doch die Reifen machen den größten Unterschied aus, weil sie entscheiden, ob die PS beim Beschleunigen auf die Straße gebracht werden und die Aerodynamik in den schnellen Kurven ausgereizt werden kann.

Reifen als das Zünglein an der Waage

Die meisten Experten sind fest davon überzeugt: Hätte Ferrari in den letzten Rennen einen den Michelin-Pneus ebenbürtigen Reifen gehabt, wäre Michael Schumacher dominant und nicht unterlegen gewesen. Doch Ross Brawn greift sich auch an die eigene Nase: "Unser gesamtes Auto muss auf den Prüfstand." Der Erfolg kehre nur dann zurück, wenn man auch an der Aerodynamik, der Mechanik, dem Motor, der Elektronik und dem Antrieb arbeite: "Würden wir uns nur auf die Reifen fokussieren, hätten wir keine Chance mehr."

Der Mammut-Test in der vergangenen Woche in Barcelona, Mugello und Fiorano soll die Italiener wieder einen Schritt nach vorne bringen. "Wir kämpfen an allen Fronten mit maximalem Einsatz", versichert Brawn der 'Welt am Sonntag'. In Silverstone, beim Heimrennen von Williams und McLaren, setzt man auf eine bessere Aerodynamik, eine neue Hinterachse und vermutlich auch auf einen neu konstruierten Bridgestone-Reifen. Dabei darf man allerdings nicht vergessen, dass die Konkurrenz freilich nicht auf der faulen Haut gelegen ist.

Schumacher nur vorsichtig optimistisch

Rekordsieger Schumacher zeigte sich vor den letzten Rennen zuversichtlich, auch wenn er immer wieder vor der starken Konkurrenz gewarnt hatte. Doch kleinlaut musste der Kerpener nach den Rennen eingestehen, dass er sich mehr Chancen in den Rennen ausgemahlt hatte. Gegenüber seinen Fans zeigt er sich auf seiner Homepage nur vorsichtig optimistisch: "Wir haben intensiv getestet und ich bin zufrieden mit den Erkenntnissen sowohl was das Auto als auch was die Reifen anbetrifft. Alles in allem war das eine viel versprechende letzte Testwoche. Daher bin ich eigentlich relativ optimistisch für das Rennen in Silverstone, wo wir nach Montreal getestet haben."