Kann ein Formel-1-Auto im Schnee fahren?

Dass ein Formel-1-Bolide verkehrt herum auf der Decke fahren könnte, ist bekannt. McLaren ist der Frage nachgegangen, wie es mit Schnee aussieht

(Motorsport-Total.com) - Der Wintereinbruch in Mitteleuropa lässt schon mal ein Fußballspiel im dichten Schneetreiben untergehen. Zudem laufen Skiübertragungen über die Fernsehschirme. Abgesehen von einigen Eisrennen, Speedway-Events und Rallyes wie der klassischen "Monte" macht der Motorsport in der kalten Jahreszeit Pause. Dennoch bleibt die Frage: Könnte ein Formel-1-Auto mit profillosen Slicks auf einer Schneefahrbahn überhaupt fahren?

Titel-Bild zur News: Nick Heidfeld

Nick Heidfeld musste 2007 in St. Moritz auf Spikereifen zurückgreifen

McLarens Reifenexperte Hiroshi Imai hat sich mit dieser Frage auseinandergesetzt und kommt zu einer klaren Antwort: Nein. "Ein Slickreifen ist dafür gebaut, bei höheren Umgebungs- und Streckentemperaturen zu funktionieren. Unter null Grad würde sich die Lauffläche eher wie Hartplastik und nicht wie ein weicher Gummi anfühlen."

Was das zur Folge hätte? Durchdrehende Räder. "Mit einem profillosen Plastikreifen würde man einfach keine Traktion erlangen", bestätigt Imai. "Sogar noch schlimmer: Die Reifen könnte wie Glas zerbersten, wenn man sie zu aggressiv benützt." Die Überraschung hält sich natürlich in Grenzen, dass Slicks bei Schneefahrbahn nicht die optimale Bereifung sind.

Regenreifen besser geeignet?

Doch wie sieht es mit den Regenreifen der Formel 1 aus? Sie haben tiefe Rillen, um das Wasser zu verdrängen, und funktionieren bei niedrigeren Temperaturen. Dadurch würden sie sich nicht wie Plastik anfühlen. Dennoch wäre auch dieser Versuch nicht von Erfolg gekrönt: Die durch die Charakteristik des Reifens erlangte Traktion würde nicht ausreichen, um den Boliden in Bewegung zu bringen.

Ein Regenreifen für heftigen Niederschlag bräuchte fünf Mal so viel Oberfläche, um als Schneereifen eigensetzt werden zu können. Zudem stellt sich der niedrige Reifendruck als Problem heraus. Der bar-Wert liegt bei einem Formel-1-Auto bei nur zwei Drittel eines normalen Pkw - im Vergleich zu einem Lastwagen fährt man in der Formel 1 fünf Mal weniger Reifendruck. Das erklärt, warum ein Lkw trotz des enormen Gewichts auf Schneefahrbahn steuerbar ist.

Unterm Strich ist aber nun klar: Ein Formel-1-Auto kann bei regulärer Bereifung nicht auf Schnee fahren. "Okay, dann verbessern wir die Lauffläche, indem wir Stollen anbringen und den Reifendruck erhöhen", gibt sich Imai mit der Antwort nicht zufrieden. "Dann würden wir es schaffen, das Formel-1-Auto zum Fahren zu bringen."

Übersetzung müsste adaptiert werden

Doch das alleine würde noch nicht ausreichen. "Das enorme Drehmoment des Motors wäre der limitierende Faktor", weiß er. "Man müsste eine spezielle Getriebeübersetzung und eine feinfühlige Motor-Map einsetzen, um eine niedrige Drehzahl fahren zu können und das Auto dadurch in Bewegung zu setzen."

Von optimalen Bedingungen wäre man dann aber immer noch weit entfernt. "Der verfügbare Grip auf Schnee liegt vielleicht bei 15 bis 25 Prozent von dem auf Asphalt, die Traktion wäre also nie sehr hoch. Das bedeutet: Ein Formel-1-Auto kann mit all seiner Kraft Höchstgeschwindigkeiten von rund 350 km/h erreichen. Im Schnee könnte man höchsten 180 km/h fahren - und selbst dann bräuchte man einen sehr gefühlvollen rechten Fuß."

Damit ist klar: Ein Formel-1-Auto könnte zwar durch den enormen Abtrieb, den die Aerodynamik generiert, verkehrt herum auf der Decke fahren - Schnee ist aber alles andere als ein optimaler Untergrund für einen Monoposto-Rennwagen.