• 12.10.2009 09:17

  • von Hans-Bernd Kamps

Kamps-Kolumne: "Man trifft sich, man spricht"

Glock-Manager Hans-Bernd Kamps über Anbahnungsgespräche, den Fahrermarkt und die Darstellung eines Produktes namens Rennfahrer

Liebe Leser von 'Motorsport-Total.com',

Titel-Bild zur News: Timo Glock

Gemeinsam mit Timo erarbeite ich die Pläne für das kommende Jahr

selten war auf dem Fahrermarkt dermaßen viel Bewegung wie jetzt. Gerade auf der Zielgeraden der Saison wird viel gesprochen, verhandelt, platziert und auch spekuliert. Das ist nicht nur in der Formel 1 so, sondern in diesem Jahr augenscheinlich in vielen Motorsportserien, aber in der Formel 1 fällt dies natürlich ganz besonders auf. Da ich Manager von Timo Glock bin und zugleich mit meinem Team tolimit auch die Arbeitgeberseite kenne, möchte ich mal einen kleinen Einblick in solche Vorgänge bieten.

Eigentlich spielt sich ein Personalwechsel in der Formel 1 ganz ähnlich ab wie in vielen anderen Unternehmen auch. Eine Firma möchte einen wichtigen Posten neu besetzen und schaut sich auf dem Markt nach der besten Lösung um. Dabei geht es im Motorsport um verschiedene Faktoren: Erfahrung, Speed, Konstanz, Fähigkeit zur Kommunikation mit den Technikern, Anpassungsfähigkeit bei wechselnden Bedingungen und noch einige andere Dinge.#w1#

Ein Arbeitgeber schaut nun also, welcher der eventuell verfügbaren Arbeitnehmer am besten auf die Stellenbeschreibung passt. Mal ganz einfach dargestellt: Wenn ich ein wildes Vollgastier im Team habe, hole sich sicherlich nicht noch ein zweites hinzu, sondern suche mir dann einen vielleicht eher besonnenen Mann, der mir vielleicht nicht ganz so außergewöhnliche, aber dafür konstante Leistungen garantiert. Die Mischung muss passen - wie immer und überall.

Die verschiedenen Fahrer-Typen

In der Formel 1 kann man den Fahrermarkt aus meiner Sicht in verschiedene Kategorien unterteilen. Im begehrtesten Topf sind die Piloten, die als "sichere Bank" gelten. In diese Klasse fallen die "Weltmeister-Fahrer" mit Erfahrung, immer für eine Top-Leistung gut. Die kannst du immer nehmen - wenn du sie überhaupt bekommst.

In der nächsten Kategorie sind dann solide Piloten, die man nimmt, wenn man aus der ersten Reihe niemanden bekommt. Talente, manchmal auch "ewige Talente", mal gut, mal weniger. Eine weitere Kategorie sind Leute, die ich mal als "Spekulations-Objekte" am Fahrermarkt bezeichnen möchte - die, die noch geschliffen werden müssen und noch mehr Erfahrung brauchen. Als Manager musst du zuerst schauen, in welche Kategorie dein Fahrer gehört und wer ihn am besten gebrauchen könnte.

Timo Glock

Verletzung: Leider muss mein Freund Timo auch in Brasilien zuschauen Zoom

Es spielt auch mit hinein, wie der Pilot von anderen wahrgenommen wird und welche Arbeitsweise er hat. Wenn diese Arbeitsweise perfekt passt zu einem Team, welches in diesem Bereich vielleicht ein Manko hat, dann muss man natürlich versuchen, diese Arbeitsweise entsprechend nach außen darzustellen. Auch die Leistungen müssen entsprechend kommuniziert werden, wie zum Beispiel: "Seht mal: Er hat viele Plätze gutgemacht, er hatte noch nie einen Crash. Er kann gut mit den Technikern kommunizieren, er kann ein Auto entwickeln.". All dies hilft, das Interesse zu wecken.

Es gibt im Grunde auch noch mindestens eine vierte Kategorie von Piloten: die Neulinge. Nur wenn einer eine wirkliche Granate ist und beispielsweise in der GP2 herausragend war, dann könnten die Angebote zu ihm kommen. Wenn nicht, ist es unglaublich schwere Arbeit, einen Fahrer in die höchste Kategorie zu bringen. Dafür braucht man gute Argumente. Oder im Zweifel Geld.

Image spielt nur eine kleine Rolle

Bei all der Darstellung von Erfolgen, Fähigkeiten und Qualitäten zählt das Image eines Piloten vergleichsweise zu wenig. Natürlich passt ein junger, frecher Vettel sehr gut zu Red Bull und mit einem coolen Kimi Räikkönen lässt sich besser Eis promoten als eine Anti-Falten-Creme für piekfeine Damen. Aber in erster Linie zählen in der Formel 1 die Fähigkeiten und nicht das Image.

Jan Seyffarth

Auch im Porsche-Carrera-Cup hatten wir Pech: Jan Seyffarth verletzte sich Zoom

Das ist in anderen Kategorien, die ich intensiver beeinflussen kann, teils etwas anders. Ich sage das als tolimit-Geschäftsführer, also als Arbeitgeber. Wenn ich mir Piloten für zum Beispiel den Porsche-Carrera-Cup suche, dann zählt der Speed, die Feedback-Fähigkeit bei technischen Dingen, also die Qualitäten als "Entwicklungshelfer" am Auto. Auch die Lernfähigkeit spielt eine Rolle, damit man vielleicht einen Weg in Richtung DTM vorzeichnen kann. Er muss aber im wesentlichen menschlich den tolimit Normen entsprechen, und da liegt die Messlatte verdammt hoch.

So auch im Porsche-Sportscup, der längst nicht mehr nur eine Spielwiese für reiche Porsche-Fahrer ist. Es ist eine professionelle Serie - nennen wir sie mal Zweite Bundesliga -, wo natürlich der Spaß deutlicher im Vordergrund steht. Was will ich also mit einem Piloten, der vielleicht drei Zehntel schneller ist als alle anderen, aber ich komme mit ihm nicht aus. Der Siegesjubel ist nach ein paar Stunden vorbei. Wir bei tolimit haben aber keine Lust, den Rest der Zeit mit jemandem zu verbringen, den wir nicht mögen,

Bei allen Vorzügen, Vorstellungen und Vorlieben darf man auch niemals vergessen, dass es in diesem Geschäft um Geld geht. Ich spiele damit nicht auf die Fahrergehälter an. Ich meine, dass Unternehmen den Motorsport als Plattform nutzen. Ich lege immer größten Wert darauf, dass meine Partner keine bösen Überraschungen erleben. Ich zeige ihnen vorab immer alle Möglichkeiten der Plattform Motorsport auf und helfe ihnen, den größtmöglichen Nutzen daraus zu ziehen. Auch in diesem Zusammenspiel hat ein sympathischer, guter Fahrer eine wichtige Rolle.

Herzlichst,

Hans-Bernd Kamps