• 09.01.2003 18:15

  • von Fabian Hust

Jos Verstappen feiert Comeback bei Minardi

Nun ist es offiziell: Der Holländer Jos Verstappen feiert sein Formel-1-Comeback und wird Teamkollege von Justin Wilson

(Motorsport-Total.com) - Bereits seit einigen Monaten wurde Jos Verstappen als neuer Minardi-Fahrer gehandelt - nachdem Teamchef Paul Stoddart seinem "Wunschfahrer" mit dem Cosworth-Motor das gefordert gute technische Paket schnüren konnte und Verstappens Management umgekehrt rund 3 Millionen Euro aufbringen konnte, kann der 30-Jährige nun endlich nach einem Jahr Abwesenheit sein Comeback in der Formel 1 feiern.

Titel-Bild zur News: Jos Verstappen

Jos Verstappen hat wieder einmal den Weg zurück in die Formel 1 gefunden

Zuvor war Landsmann Christijan Albers der heiße Favorit auf das Cockpit, das Management konnte aber zusammen mit den Sponsoren nicht die strengen finanziellen Auflagen des australischen Teamchefs erfüllen. Damit ist für die kommende Formel-1-Saison nur noch im Jordan-Ford-Team ein unbesetztes Cockpit zu vergeben.

"Ich bin sehr froh, wieder zurück zu sein"

"Ich bin sehr froh, wieder zurück in der Formel 1 zu sein und bei Minardi für 2003 unterschrieben zu haben", so Verstappen. "In der Boxengasse war schon immer bekannt gewesen, dass Minardi gute Autos baut und es ist ein kleines, starkes Team, das über die Jahre hinweg nur daran gehindert wurde, sein volles Potenzial über die Jahre auszuspielen, weil es an Sponsoren mangelte."

"Ich bin von Paul Stoddarts Plänen für das Team und vom technischen Paket begeistert, was meiner Meinung nach stark aussieht. Ich bin schon lang genug in der Formel 1 und weiß, dass man nicht außergewöhnliche Pläne für die neue Saison schmieden sollte, bevor sie nicht begonnen hat. Alles was ich sagen kann ist, dass mir das, was ich bei Minardi sehe, gefällt und ich 2003 mein Bestes geben werde. Ich freue mich schon wirklich darauf."

Wilson über Erfahrung von Verstappen froh

Als Teamkollege erhält der Rennfahrer aus Montfort mit Justin Wilson einen Formel-1-Neuling: "Ich habe Jos vor ein paar Wochen getroffen und ich bin mir sicher, dass wir gut miteinander auskommen werden", so der Brite gegenüber 'BBC'. "Falls nicht, so ist das nicht schlimm, solange wir das Team nach vorne bringen. Hoffentlich wird seine Erfahrung dem Team helfen. Ich habe die Erfahrung nicht, aber ich denke, dass ich dem Team etwas anderes bringen werde. Es ist wichtig, dass wir zusammenarbeiten und das Auto verbessern. Hoffentlich ist es der beste Minardi, den es jemals gab."

Bekannt gegeben wurde die Verpflichtung Verstappens am Donnerstagabend im Hauptquartier von Sponsor 'Trust' im holländischen Dordrecht, der Verstappen finanziell unterstützen wird. In seinen 90 Grand Prix stand "Jos the Boss" zwei Mal als Dritter auf dem Podium und kann auf eine riesige Fangemeinde bauen, die ihren Teil dazu beigetragen haben dürfte, dass Verstappen wieder einmal den Weg zurück in die Königsklasse des Motorsports gefunden hat. Tausende Fans versammelten sich vor der Trust-Zentrale, um den neuen Vertrag zu feiern, Minardi-Teamchef Paul Stoddart wurde laut Medienberichten sogar am Flughafen von Fans frenetisch empfangen.

Ein Freund, ein guter Freund?

"Wir haben ihn nicht nur deshalb verpflichtet, weil Jos ein Freund ist", erklärte Stoddart. "Er ist auch ein unglaubliches Talent und hat seinen Platz in der Formel 1 verdient. Ich denke, dass wir mit der vorhandenen Fahrerpaarung, dem Motor und der Aerodynamik Grund zu großem Optimismus haben. Ich glaube, dass wir hoffen können, als Team angesehen zu werden, das sich am meisten innerhalb eines Jahres gesteigert hat und ich freue mich auf ein solides Jahr mit Punkten."

"Meiner Meinung nach hat Minardi jetzt die stärkste Fahrerpaarung aller Zeiten. Zusammen mit einem effektiven Chassis und dem kraftvollen CR3-Motor von Cosworth Racing, werden wir definitiv ein wesentlich stärkeres Paket haben als 2002. Bevor wir nicht zum ersten Rennen gefahren sind, ist es unmöglich zu wissen, wie sehr sich die anderen Teams über den Winter verbessert haben und wie wir im Vergleich zu ihnen dastehen. Dennoch denke ich, dass Minardi das Team sein könnte, dem 2003 der Durchbruch gelingt."

Die Chronologie einer turbulenten Formel-1-Karriere

Der 175 Zentimeter große Rennfahrer schaffte es bisher nie, bei einem Team richtig Fuß zu fassen, er debütierte 1994 im Benetton wo er von Michael Schumacher vorgeführt wurde ? es war aber seine erste Saison, Schumacher war die klare Nummer 1 im Team und zwei dritte Plätze ließen aufhorchen. Ein Jahr später saß Jos Verstappen im Simtek, wo er fünf Rennen bestritt aber zählbare Ergebnisse ausblieben.

In der Saison danach folgte erneut ein Teamwechsel ? dieses Mal zu Arrows. Dort war ein sechster Platz in Buenos Aires das Saisonhighlight. In der Saison 1996 ? wie sollte es auch anders sein ? wechselte Verstappen erneut das Team und startete in seiner vierten Formel-1-Saison bereits für das vierte Formel-1-Team: Tyrrell. Doch das Auto war nicht konkurrenzfähig und zahlreiche technische Defekte kosteten wertvolle Zielankünfte.

Jackie Stewart als "Retter"

Die Formel-1-Karriere des Familienvaters schien zu Ende zu sein, doch Jackie Stewart ersetzte während der laufenden Saison 1998 den glücklosen Jan Magnussen durch den Holländer und so kam dieser für Stewart-Ford immerhin zu neun Renneinsätzen. Doch lediglich drei Zielankünfte ? zwei 12. und ein 13. Platz ? waren nicht das Gelbe vom Ei. Erneut gelang Jos Verstappen nicht der Durchbruch.

Nach Jahren der glücklosen Team-wechsel-dich-Spiele dockte Verstappen 1999 bei Honda an. Dort bereitete man sich auf den Einstieg als Werksteam vor und Verstappen hatte guten Grund, sich Hoffnungen machen zu dürfen, dass er der Mann ist, der für Honda an den Start gehen kann. Doch das Glück war erneut nicht auf der Seite zweifachen Familienvaters. Projektleiter Harvey Poslethwaite verstarb unerwartet und Honda entschied sich, kein eigenes Team einzusetzen sondern lieber als Werkspartner von BAR in die Formel 1 zurückzukehren.

Rückkehr zu Arrows

Doch seine große Erfahrung aus sechs verschiedenen Formel-1-Teams in sechs Jahren Formel 1 und seine immer wieder aufblitzende Grundschnelligkeit bewegten Arrows-Teamchef Tom Walkinshaw dazu, den "fliegenden Holländer" zurück ins Team zu holen. In seinem ersten Jahr (2000) konnte Verstappen allerdings nur beim Regenrennen von Kanada glänzen, als es ihm in Montreal gelang, mit einigen Top-Stars Katz' und Maus zu spielen und vom 13. bis auf den 5. Platz nach vorne zu fahren. Gegen Teamkollege Pedro de la Rosa, der seine zweite Formel-1-Saison bestritt, sah Verstappen aber zu oft alt aus.

In der Saison 2001 fuhr Jos Verstappen ebenfalls bei Arrows und somit war es nach acht Jahren Formel 1 das erste Mal, dass er zwei Saisons in Folge bei ein und demselben Team fahren konnte. Allerdings wackelte der Platz von Verstappen lange Zeit, Freund Michael Schumacher sprang Ende letzten Jahres sogar für Verstappen ein und versuchte vorsichtshalber, ihm bei Ferrari einen Platz als Testfahrer freizuhalten. Teamkollege Pedro de la Rosa wurde kurz vor dem Saisonstart völlig überraschend vor die Türe gesetzt. Ein ähnliches Schicksal ereilte ein Jahr später Ex-Teamgefährte Verstappen.

Rauswurf bei Arrows

Der Holländer besaß zwar einen Vertrag für 2002, doch Teamchef Tom Walkinshaw hat schon oft genug gezeigt, dass bei ihm Verträge häufig nicht das Papier wert sind, auf denen sie stehen. Mit 7:10 konnte Formel-1-Neuling Enrique Bernoldi das Qualifying-Duell für sich entscheiden und auch wenn Verstappen in den Rennen immer wieder auf sich aufmerksam machte und hier stärker als Bernoldi wirkte, so war es Verstappen, der das Team verlassen musste, als sich Walkinshaw mit Frentzen einig wurde.

Pech aber Anerkennung

Im vergangenen Jahr scheitere Jos Verstappen auch noch daran, wenigstens als Testfahrer der Formel 1 erhalten zu bleiben. Sitzproben im Sauber hatten ergeben, dass der Holländer für das Auto einfach zu groß ist. Und auch wenn es Frentzen war, der an seiner Stelle die schwierige Zeit bei Arrows durchmachen musste, bevor das Team über den Winter endgültig dazu gezwungen war zuzusperren, so sitzt Verstappen immer noch auf nicht beglichenen Lohnforderungen, die er wie der Mönchengladbacher einklagen möchte.

Jos Verstappen hat über die Jahre hinweg bewiesen, dass er zwar kein absoluter Top-Fahrer ist, aber mit Sicherheit zu jenen Fahrern gehört, die es verdient haben, in der Formel 1 zu sein. Sein Durchhaltevermögen, sich nach Jahren der Teamwechsel weiterhin motivieren zu können, darf bewundert werden. Für Verstappen ist der achte Teamwechsel in seinem neunten Formel-1-Jahr "business as usual"...