• 22.06.2010 08:51

  • von Roman Wittemeier

Jani: "Wenn ich einen großen Sponsor hätte..."

Neel Jani hat seinen Formel-1-Traum nach einigen herben Rückschlägen noch nicht aufgegeben: "Lieber gutes LMP1-Team als schlechtes Auto in der Königsklasse"

(Motorsport-Total.com) - Warum hat Neel Jani den Sprung in die Königsklasse eigentlich bislang noch nicht geschafft? Diese Frage stellt sich der Schweizer sicherlich nicht allein, denn die Leistungen des 26-Jährigen waren in den vergangenen Jahren oft überzeugend. Jani war 2005 ganz nahe dran. Als erster Pilot des Red-Bull-Juniorkaders fuhr er in Ungarn einen Sieg in der GP2 ein, gemeinsam mit seinem Juniorteam-Kollegen Scott Speed stand der Sprung in die Königsklasse an.

Titel-Bild zur News: Neel Jani

Über 250.000 Zuschauer: Neel Jani hat die Atmosphäre in Le Mans genossen

Nach zwei Jahren als Testpilot von Sauber sollte Jani 2006 zum Ersatzmann bei Red Bull befördert werden, doch durch den damaligen Neuzugang Robert Doornbos blieb plötzlich nur noch der Platz als dritter Fahrer bei Toro Rosso. An den Stammpiloten Speed und Vitantonio Liuzzi führte damals bei der Red-Bull-B-Mannschaft kein Weg vorbei. Jani wurde 2007 in der ChampCar-Serie geparkt, holte sich später den Titel in der A1GP-Serie.#w1#

"Es war eine schöne Zeit. Die Serie hat mir etwas gebracht, auch wenn ich das Preisgeld nie bekommen habe. Aber ich habe meinen Nutzen daraus gezogen", sagt Jani im Interview mit 'Motorsport-Total.com' rückblickend. Da sich selbst nach dem Titelgewinn für die Schweiz keine Tür in die Formel 1 öffnete, blieb Jani noch ein weiteres Jahr in der A1GP-Serie und war wieder ganz vorne dabei. In der Endabrechnung fehlten nur ganz wenige Punkte auf Irland.

LMP1 nahe an der Formel 1

Nach dem Ende des "Motorsport-Weltcups" stand der Schweizer am Scheideweg. Die erhoffte Chance in der Königsklasse blieb immer noch aus. Jani entschied sich für einen Wechsel in die Prototypenszene. "Was gibt es denn, wenn man auf höchstem Niveau im Motorsport fahren will? Nicht viel! Es gibt die Formel 1, wo du aber ein großes Budget mitbringen musst. Es gibt dann vielleicht noch die IndyCar, aber sonst bleibt wirklich auf diesem Niveau nur noch LMP1 oder LMP2", erklärt der 26-Jährige.

2009 startet Jani mit dem Speedy-Team in Le Mans, in diesem Jahr sitzt er im großen Prototypen von Rebellion. Der Schweizer ist glücklich, obwohl er von Force India nach einer Testzusage für Dezember 2009 wieder ausgeladen wurde. "Rein technisch gesehen kommt die LMP1 direkt hinter der Formel 1. Die Dieselfahrzeuge von Audi und Peugeot haben sogar fast eine höhere Technolgie als die Formel 1, bei all den Einschränkungen in der Königsklasse. Ich finde sogar, dass der Peugeot zum Beispiel sogar besser ausschaut als ein Formel-1-Wagen."

¿pbvin|512|2844||0|1pb¿"Es ist vom Gewicht her ein Unterschied, dafür hat man mit den Prototypen mehr Downforce als in der Formel 1", erklärt Jani die Unterschiede der Fahrzeuge. Viel Freude hat er an der Power im Prototypen. "Da ist das unglaubliche Drehmoment der Dieselautos. Die haben beim LMS-Lauf in Spa-Francorchamps einen höheren Topspeed gehabt als die Formel 1. So hat die LMP1-Klasse ganz sicher ihren Reiz." Die Hoffnungen auf die Formel 1 sind zwar noch vorhanden, aber die Lust auf Prototypen ist ebenfalls groß.

"Ich würde wirklich gern bei den Prototypen bleiben. Es gibt eben keine Chance, anderswo ein Auto mit so viel Abtrieb und Geschwindgkeit zu fahren, das technisch dermaßen weit entwickelt ist", sagt Jani, der in diesem Jahr in Le Mans mit seinem Benziner von Rebellion chancenlos war. "Für die Formel 1 braucht man immer ein wenig Glück. Man muss im passenden Moment am richtigen Ort sein, womöglich muss man auch noch den passenden Sponsor haben. Die Nationalität spielt auch eine Rolle - es sind viele Faktoren."

In Le Mans zählt der Sport

"Bei den Prototypen ist es einfacher. Du schaust, welche Mannschaft ein gutes Auto und gute Fahrer hat", sagt Jani. "Die Piloten müssen vom Fahrstil gut zusammenpassen. Beispiel Le Mans mit Rebellion: Marco Andretti, Nicolas Prost und ich hatten sogar den gleichen Sitz! Es geht in der Szene außerdem etwas mehr um den Sport. Das gefällt mir. Es gibt ein neues Reglement, es gibt den neuen International Le Mans Cup. Ich denke, dass man in Zukunft dort richtig guten Rennsport sehen wird."

"Wenn ich einen großen Sponsor hätte, dann könnte ich bestimmt auch noch einmal in Richtung Formel 1 schauen", erklärt der Schweizer, ohne dabei jedoch verbittert zu wirken. Für 2011 spricht Jani derzeit mit einigen großen Le-Mans-Teams. "Meine Präferenz: mit einem guten, siegfähigen Team in der LMP1 fahren. So wie in diesem Jahr wäre es schwierig. Ich kann zwar mitfahren, oder auch mal mit dem Benziner eine Überraschung schaffen. Aber man kann so leider keine Akzente setzen."

Neel Jani

Neel Jani durfte 2009 in seiner Heimat eine Demofahrt im Red Bull absolvieren Zoom

"Es gibt immer Chancen, aber man muss die passenden Kontakte dafür haben. In der LMP1 zählt Leistung und nicht so Dinge wie die Nationalität", sagt Jani, der auch Kontakte in die IndyCar-Szene hat. Mit Blick auf die "französische Nationalmannschaft" in Le Mans sagt er: "Bei Peugeot ist es doch erklärbar, dass so viele Franzosen dort fahren. Die Jungs sind einfach gut und für Le Mans maßgeschneidert. Sarrazin, Montagny oder Minassian sind fast dort aufgewachsen. Die sind einfach richtig schnell."