Jabouille: "Wir waren Pioniere"
Der erste Renault-Pilot aus der Formel-1-Saison 1977 zieht im Team-Interview Vergleiche zwischen seiner aktiven Zeit und heute
(Motorsport-Total.com) - Frage: "Jean-Pierre, fast auf den Tag genau vor 30 Jahren feierten Sie mit Renault in Silverstone das Formel 1-Debüt der Marke. Was empfinden Sie?"
Jean-Pierre Jabouille: "Ich bin vor allem sehr glücklich darüber, dass Renault auch heute noch in der Formel 1 fährt. Für mich und alle anderen Enthusiasten, die hart für den Einstieg von Renault gearbeitet haben, besitzen all die Jahre mit den vielen großen Erfolgen eine besondere Bedeutung."

© Schlegelmilch
Im Heck von Jean-Pierre Jabouilles Auto werkelte ein Turbo-Motor
"Ich hoffe, auch in 20 Jahren fahren noch Rennwagen mit der Rhombe in der Königsklasse. Renault beweist mit seiner Präsenz, welch großartige Bühne die Formel 1 für die großen Automobilhersteller darstellt."#w1#
Frage: "Glauben Sie, dass die Fahrer heute noch so sehr in die Entwicklung der Wagen involviert sind wie Sie damals?"
Jabouille: "Die Umstände sind andere. Heutzutage wird von einem Fahrer nicht mehr dasselbe erwartet wie zu unserer Zeit. In den 1970er Jahren hatten wir von Dingen wie Onboard-Elektronik und Telemetrie noch nichts gehört."
"Es kam auf den Fahrer an, seine Fahreindrücke so detailliert wie möglich an die Ingenieure weiterzugeben. Innerhalb von fünf Runden mussten wir das Verhalten der Reifen, das Setup und den Motor analysieren können. Heute übernehmen Computer diese Aufgabe - und erledigen sie wahrscheinlich deutlich besser."
Frage: "Sind die Piloten dadurch schneller konkurrenzfähig?"
Jabouille: "Alles geschieht heute schneller. Ein gut vorbereiteter Fahrer in einem guten Team kann praktisch aus dem Stand um Siege fahren. Vor 30 Jahren nahm dieser Prozess aus einem ganz einfachen Grund mehr Zeit in Anspruch: Schon der kleinste Unfall konnte ernsthafte Konsequenzen haben. Erst wenn du kein Auto bis ins kleinste Detail kanntest, konntest du ans Limit gehen."
Frage: "Was halten Sie von der heutigen Formel 1?"
Jabouille: "Das Technologie-Niveau ist ebenso unglaublich wie die Professionalität der Teams. Auch die Größe der Motorhomes hat ungeahnte Dimensionen angenommen. Das überrascht mich aber nicht wirklich, wenn ich mir den heutigen Status des Sports anschaue. Mit Blick auf die weltweiten Zuschauerzahlen könnte man sogar fast sagen, dass die Motorhomes angemessen sind."
Frage: "Die oberste Motorsportbehörde FIA denkt in puncto Reglement ab 2011 offensichtlich über die Rückkehr der Turbo-Technologie nach. Was denken Sie darüber?"
Jabouille: "Ich war von dem Nutzen dieser Technologie stets überzeugt. Umweltpolitische Überlegungen führen immer stärker dazu, dass Automobilhersteller Motoren mit kleinen Hubräumen und Turbo-Aufladung entwickeln."
"Diese Triebwerke kombinieren hohe Leistung mit niedrigen Verbräuchen. Von daher ist es ganz normal, dass auch die Formel 1 diese Richtung einschlägt. Der hohe Wettbewerbslevel könnte der Serienentwicklung einen Schub geben. Ähnlich wie auch wir damals Pioniere waren."

