• 20.10.2001 13:12

  • von Marcus Kollmann

Irvine: Montoya kann Michael das Wasser reichen

Jaguar-Pilot Eddie Irvine spricht über Montoya, Button, Raikkönen und Heidfeld - mal mehr mal weniger positiv

(Motorsport-Total.com) - Für Eddie Irvine war die Saison 2001 eigenen Worten nach "ein weiteres verschenktes Jahr", denn anstatt regelmäßig um Punkteränge und Podiumsplätze kämpfen zu können, fristete er ein Dasein im hinteren Mittelfeld, weil sein Bolide vom Typ Jaguar R2 meist einfach zu schwach war. Den Kampf mit den "großen Jungs" musste der Nordire so öfter als ihm lieb war sausen lassen, denn seine Startpositionen ließen ihn 2001 zuweilen gar nicht bis in Phalanx der Top-Teams und derer Top-Piloten vorstoßen. Ein Umstand, welcher sich mit dem Jaguar R3 bitte schön ändern soll. Erklärte der 35 Jahre alte Nordire zuletzt, dass sein Team über den Winter unbedingt ein konkurrenzfähiges Auto auf die Beine stellen muss, sprach der von 1996 bis 1999 zusammen bei Ferrari mit Michael Schumacher fahrende Pilot in einem ausführlichem Interview mit der Zeitung 'The Sun' nun über die Piloten, welcher seiner Meinung nach das Zeug haben Schumacher das Wasser zu reichen und die, welche zwar im Rampenlicht stehen aber denen es doch an der notwendigen Klasse fehle, um es mit dem Ferrari-Star im kommenden Jahr aufzunehmen.

Titel-Bild zur News: Eddie Irvine (Jaguar Racing)

Irvine will Jaguar den Weg zum absoluten Erfolg ebnen

Irvine, der von sich behauptet Schumachers Stärken und Schwächen auf Grund der gemeinsamen Zeit en Detail zu kennen und sich bislang in dieser Hinsicht eine Stufe über alle anderen Rennfahrer stellte, verriet, dass BMW-Williams-Pilot Juan-Pablo Montoya zu den wenigen Piloten zähle, die Schumacher den Schneid abkaufen können. Den Beweis dafür lieferte der Kolumbianer dieses Jahr in Brasilien, wo er sich den Ferrari-Piloten nach einer Safety-Car-Phase schnappte und in Österreich, wo er sich gegen das Überholen vehement zur Wehr setzte. Zuletzt gefiel Montoya auch in Suzuka, wo er zunächst von Rubens Barrichello überholt wurde, sich anschließend den Brasilianer aber wieder schnappte.

Irvine glaubt, dass Montoya eine Gefahr für Schumacher werden könnte
"Der jüngere Pilot wird immer einen psychologischen Vorteil gegenüber dem erfahrenen haben, ganz einfach weil er weniger zu verlieren hat. Michael ist nun schon eine ziemlich lange Zeit in der Formel 1 und hat kein Interesse mehr daran die selben Risiken einzugehen wie damals, als er gegen Ayrton Senna kämpfte", spricht Irvine auf die zuweilen ähnlich wirkende Entschlossenheit Montoyas, im Vergleich zum "jungen" Michael Schumacher an.

Der Grund dafür ist plausibel und einfach zugleich. "Wenn man älter wird, wird man auch vorsichtiger. Man hat mehr Erfahrung und wägt die Situationen ab", spricht der Jaguar-Pilot eine Tatsache an, welche sich schon beim US-Grand-Prix in Indianapolis zeigte. Dort ließ Schumacher nämlich Montoya bei einem Überholmanöver sehr viel Platz. Irvine ist überzeugt, dass Montoya 2002 mit einem schnellen, konkurrenzfähigen Auto eine ernste Herausforderung für Michael Schumacher darstellen wird, sieht aber den Deutschen in entscheidenden Belangen im Vorteil.

"Zweifelsohne hat Juan-Pablo bewiesen, dass er jemand ist, mit dem man sich nicht anlegen sollte. Aber ich denke, dass Michael durch seine Erfahrung und sein Talent in der Lage ist die Oberhand über eine ganze Saison zu behalten", zollt der Jaguar-Pilot seinem ehemaligen Teamkollegen wieder eine Menge Respekt.

O-Ton Irvine: Ich als Teamchef hätte Button rausgeschmissen
Über den Hype der im Vorjahr um Englands neueste Formel-1-Hoffnung gemacht wurde, die Rede ist von Benetton-Renault-Pilot Jenson Button, fällt Irvines Meinung ernüchternd aus. Vor allem das schwache Abschneiden des Engländers gegenüber seinem diesjährigen Teamkollegen, Giancarlo Fisichella, bestätigt Irvines Meinung nach, dass viel zu viel im Vorfeld vom neuen Supertalent gesprochen wurde.

"Jenson hat Giancarlo doch nur in der Qualifikation besiegen können wenn dieser Im Verkehr steckte oder technische Probleme hatte", spricht Irvine auf das teaminterne Duell an, welches Fisichella 13:4 gewann. "Also als Teamchef hätte ich Jenson als schwächstes Glied in der Kette entlassen und Fisichella und Trulli nächstes Jahr zusammen fahren lassen. Jensons Debütsaison war nicht schlecht, aber aus welchem Grund auch immer hat er dieses Jahr enttäuscht", so Irvines persönliche Meinung die keine Frage offen lässt.

Auch den von McLaren für - unbestätigten Meldungen zufolge - 22 Millionen US-Dollar von Sauber abgekauften Youngster Kimi Räikkönen schätzt Irvine nicht so stark ein, wie ihn die Medien erscheinen lassen. Zwar relativierte der Nordire zur Mitte der Saison seine Anfang des Jahres über Räikkönen abgegeben Meinung, jedoch sieht er sich in einer seiner damaligen Aussagen durch die Tatsache, dass Räikkönen in den letzten Rennen sich nicht mehr so in Szene setzen konnte wie zu Beginn der Saison, bestätigt. Den zweifelsohne vorhandenen Grund-Speed und das Talent des Finnen aus Espoo erkennt Irvine zwar an, aber mehr auch nicht.

"Alle haben ein Heidengeschrei um diesen jungen Finnen gemacht, ich jedoch habe diesen ganzen Hype nie ganz gekauft. Wenn man die Saison insgesamt betrachtet, so hat Räikkönens Teamkollege, Nick Heidfeld, doch viel besser ausgesehen. Also ich wundere mich über Ron Dennis und ob er die richtige Entscheidung mit der Verpflichtung von Kimi getroffen hat."

Irvine will das Jaguar-Team zu einem Sieger-Rennstall machen
Irvine selbst erklärte darüber hinaus im Gespräch, dass er sein Ziel, weshalb er sich Ende 1999 für den Wechsel zu Jaguar Racing entschied, trotz aller bisherigen Hürden nicht aufgegeben hat. "Ich bin gewechselt weil ich nicht weiter die Nummer 2 hinter Michael sein wollte und weil ich die Herausforderung, den Namen Jaguar auf der Rennstrecke bekannt zu machen, als eine wirkliche Aufgabe ansah."

Ivines Höhepunkt in dieser Saison war, abgesehen von einigen guten Zweikämpfen auf der Rennstrecke, sein dritter Platz in Monaco - sein einziger "Ausflug" auf das Podium in dieser Saison. Und auch wenn der 35-Jährige der in drei Wochen seinen 36. Geburtstag feiern wird nicht so recht glaubt, dass er die Zeit in der Jaguar Racing um die Weltmeisterschaft kämpft als aktiver Rennfahrer noch erleben wird, so will er dem Team aus Milton Keynes durch seine Erfahrungen und seinen Einsatz auf der Rennstrecke zumindest helfen, dass das Team mit seinem Vermächtnis irgendwann dieses Ziel erreicht.

Zweifelsohne ist es diese Sache, welche für Irvine den großen Reiz ausübt, und wenngleich sein Vertrag Ende 2002 ausläuft, so will er noch ein paar weitere Jahre bei Jaguar Racing fahren. Und wer weiß, vielleicht bekommt das Team schneller die Kurve als es der Nordire und Vater einer Tochter im Moment glaubt...