Interview: Die Hoffnung auf den Fall X
Red-Bull-Testfahrer Michael Ammermüller erklärt, wie sein Alltag auf der Reservebank aussieht und wie seine Rennwochenenden ablaufen
(Motorsport-Total.com) - Michael Ammermüller (21), zu Hause im bayrischen Pocking, träumt den Traum eines Formel-1-Fahrers. 2006 dreimal als Testfahrer am Freitag zum Einsatz gekommen, darf er sich in dieser Saison bei Red Bull Racing als offizieller Test- und Ersatzfahrer bezeichnen. Wir sprachen mit ihm über die Rolle des dritten Fahrers.

© Red Bull
Michael Ammermüller steht an allen Rennwochenenden als Ersatzmann parat
Frage: "Michael, die Geschichte mit Sebastian Vettel bei BMW hat uns gezeigt, wie schnell ein Ersatzfahrer zum Grand-Prix-Einsatz kommt. Ihr Job ist es, zu testen und für den Fall, dass mit den beiden Stammfahrern etwas passiert, da zu sein. Endet damit auch die Hoffnung auf einen Einsatz am Grand-Prix-Wochenende?"
Michael Ammermüller: "Als Testfahrer hofft man natürlich immer, dass sich an einem Grand-Prix-Wochenende die Chance ergibt, zum Renneinsatz zu kommen. Allerdings wünsche ich natürlich nicht, dass David (Coulthard; Anm. d. Red.) oder Mark (Webber; Anm. d. Red.) etwas passiert!"#w1#
GP2-Rennen parallel zum Testengagement
"Mein Grand-Prix-Wochenendalltag gestaltet sich insofern interessant, als dass ich bei den europäischen Rennen auch an dem GP2-Rennen teilnehme, was in sofern wichtig ist, da ich Rennpraxis sammeln kann und die Strecken, auf denen ja auch die Formel 1 fährt, kennen lerne. Der Nachteil eines Testfahrers ist, dass es sich aber sehr schwierig gestaltet, sich auf den spontanen Renneinsatz vorzubereiten. Die Arbeitsweise in einem Formel-1-Team unterscheidet sich stark von der eines GP2-Teams. Auch muss man bedenken, dass in der GP2 ohne und in der Formel 1 mit Traktionskontrolle gefahren wird. Außerdem spielt natürlich auch die Kondition eine wichtige Rolle. Die Rennen der GP2 sind kürzer und auch die G-Kräfte sind niedriger. Daher könnte es zu Problemen mit der Nackenmuskulatur kommen."
Frage: "Wie muss sich der Betrachter ein Grand-Prix-Wochenende für den dritten Fahrer im Team vorstellen?"
Ammermüller: "Man könnte meinen, das mein Grand-Prix-Wochenende nicht so spannend ist wie das eines Stammfahrers, aber besonders bei den Rennen in Europa kommt keine Langweile auf, da zusätzlich zu den vielen Presseterminen und den Meetings des Red-Bull-Racing-Teams auch noch meine Einsätze in der GP2 hinzukommen."
Frage: "Wie profitieren die beiden Stammpiloten vom Ersatzfahrer?"
Ammermüller: "Nach den neuen Testregulierungen kommen die Testfahrer relativ wenig zum Einsatz. Bei Red Bull Racing fahren die Stammfahrer auch bei den Tests und in der Practice-Session am Freitag eines Grand-Prix-Wochenendes, das heißt, ich kann nicht wirklich Informationen über das Auto an die Stammfahrer weitergeben. Umgekehrt erhalte ich viele Informationen von den Stammfahrern."
Frage: "Was ist die Motivation für einen Ersatzfahrer?"
Ammermüller: "Die kleinste Chance, in einem Formel-1-Boliden zu sitzen, ist für einen Testfahrer die größte Motivation."
Ziel ist, Stammfahrer zu werden
Frage: "Die Formel 1 ist ein hartes Geschäft. Spekuliert man als dritter Fahrer auf den Ausfall eines Stammpiloten oder ist man mit der Rolle, die man ausfüllt, zufrieden? Wie sehen Sie Ihr Verhältnis zu David Coulthard und Mark Webber?"
Ammermüller: "Zunächst ist man erst einmal froh, wenn man von einem Rennteam das Angebot als Testfahrer erhält. Allerdings hat jeder Testfahrer das Ziel, eines Tages Stammfahrer zu werden. Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu David und Mark. Oft spreche ich nach den Tests, dem Qualifying oder dem Rennen mit ihnen, und sie geben mir wichtige Informationen zum Auto. Beide sind erfahrene Rennfahrer, von denen ich noch viel lernen kann."
Frage: "Warum sind Sie Rennfahrer geworden, welche Ziele haben Sie?"
Ammermüller: "Ich habe mit Kartfahren begonnen, das war anfangs aber nur ein Hobby von mir. Doch dann wurde ich automatisch in eine höhere Klasse eingestuft, bis ich letztendlich in der GP2 oder als Testfahrer in der Formel 1 gelandet bin. Und natürlich habe ich heute das Ziel, eines Tages selbst Stammfahrer zu sein."
Frage: "Wenn Sie an einem Rennwochenende nicht zum Einsatz kommen, von wo aus schauen Sie sich das Rennen an?"
Ammermüller: "Ich schaue mir das Rennen immer von der Red-Bull-Racing-Garage an, da bin ich mitten im Geschehen und bekomme alles am Besten mit."

