• 30.07.2007 14:17

  • von Inga Stracke

Inga on Tour: Zigeunergeigen und Pusztastaub

Die 'Motorsport-Total.com'-Reporterin vor dem Ungarn-Grand-Prix über Budapest, Red-Bull-Partys, Staub und Abtrieb

(Motorsport-Total.com) - Zum insgesamt 22. Mal kommt die Formel 1 bereits an den 'Hungaroring', 20 Kilometer nordöstlich von Budapest gelegen. Der 4,381 km lange Kurs wurde eigens für die Formel 1 gebaut, das erste Rennen fand 1986 statt.

Titel-Bild zur News: Budapest

Budapest: Nahe einer der schönsten Städte Europas gastiert die Formel 1

Die Zweieinhalb-Millionen-Metropole ist eine der schönsten Städte Europas, mit altem K-und-K-Charme, Wiener Kaffeehäusern, Weinstuben und Zigeunermusik. Wer allerdings die typisch ungarische Küche probiert, dem sei gesagt: Aufgepasst. Sehr pikant bis ausgesprochen scharf. Da wird's einem schon mal ganz schnell heiß - auch ohne die meist hochsommerlichen Temperaturen.#w1#

Den Flair der Donaumetropole kann man hier richtig genießen. Empfehlenswert ist vor allem - wenn möglich - eine abendliche Bootsfahrt auf der Donau. Wenn die Sonne untergeht und die Lichter der Stadt ihr einen einzigartigen Schein verleihen, ist Budapest einfach wunderschön! Sehenswert: Die Kettenbrücke (Széchenyi Lánchíd), sie wurde 1849 eröffnet und ist die älteste Budapester Donaubrücke. Sie ist ein spätes Werk des Klassizismus: Über zwei an Triumphbögen erinnernde Strompfeiler laufen die eisernen Ketten, die den Brückenkörper tragen. Dieser spannt sich vom Rooseveltplatz-Tunnel, der wiederum unter dem Burgberg hindurchführt.

Budapest Kettenbrücke

Die älteste Donaubrücke in Budapest: Die Kettenbrücke (Széchenyi Lánchíd) Zoom

Ein Traum ist das historische Gellert-Bad, eine alte Therme mit Innen- und Außenanlagen. Vor drei Jahren haben wir dort am Sonntagabend mit allen hart arbeitenden Formel-1-Mitgliedern eine rauschende Party bis in die Morgenstunden gefeiert. Das Kleinod von Buda ist die Kirche "Unserer Lieben Frau" oder auch Matthiaskirche hinter der Fischerbastei. Im Turm ist das Familienwappen mit dem Raben von König Matthias eingelassen. Die Kirche wurde 1247 erstmals erwähnt, sie wurde zur Türkenzeit für 150 Jahre als Moschee umfunktioniert.

Ein Muss ist auch ein Besuch in meinem Lieblingsbauwerk: der Burg Vajdahunyad! Sie wurde anlässlich des Millenniums gebaut und sollte anhand von bereits existierenden Gebäuden sämtliche zu jener Zeit in Ungarn anzutreffenden Baustile beinhalten, aber dennoch ein einheitliches Ganzes bilden. Die Formel 1 hat an diese Burg ganz besondere Erinnerungen, hier fand 2002 eine rauschende Red-Bull-Party statt, von der noch heute das halbe Fahrerlager schwärmt!

Doch kommen wir zum "Ernst des Lebens": Bei strahlend blauem Himmel und heißen 40 Grad schwitzten in den letzten Jahren zehntausende aus Deutschland und Österreich angereiste "Schumi"-Fans mit finnischen und ungarischen Formel-1-Begeisterten um die Wette. Ihre Top-Spots abseits der Strecke: die Fahrerhotels Kempinski, Marriott und Metropol.

Budapest ist nicht unbedingt die erklärte Lieblingsstrecke der Piloten - sie wird auch gerne immer wieder als "Mickey-Maus-Kurs" bezeichnet!. Sie bietet jedoch für die Strategen ein ideales Spielfeld! Ein kompletter Boxenstopp (samt Ein- und Ausfahrt) ist hier schneller als auf anderen Strecken, dafür ist die Reifenabnutzung wesentlich höher.

Budapest Burg Vajdahunyad

Burg Vajdahunyad sah auch schon die wilden Partygäste von Red Bull Zoom

Größtes Problem der Piloten: Die Strecke ist vom Pusztawind völlig eingestaubt und damit dementsprechend rutschig, da der 'Hungaroring' fast nur für die Formel 1 genutzt wird und die meiste Zeit des Jahres brachliegt. Demzufolge ging in den vergangenen Jahren beim ersten Training kaum einer der Fahrer auf die Strecke, da jeder darauf wartete, dass die anderen die Strecke "säubern".

Der Kurs

Der Hungaroring ist vor allem ein "High-Downforce"-Kurs, damit ist die Flügelstellung sehr hoch und steil, um in den Kurven höhere Geschwindigkeiten erreichen zu können. Die Piloten brauchen vorne guten Grip für schnelle Richtungswechsel und ein Auto ohne Untersteuern. Ein Problem sind die Bodenwellen. Da es eine langsame Strecke ist, ist ein Minimum an Bremskühlung erforderlich, hier gibt es also keine Probleme. Gleich nach dem Start kommt eine enge Rechtskurve, Platzkämpfe gibt es hier kaum. Die einzigen Überholmöglichkeiten sind am Ende der beiden kurzen Geraden. Es ist eine der langsamsten Strecken der gesamten Saison, der Top-Speed ist sogar langsamer als in Monaco.

Der 'Hungaroring' teilt sich mit Monaco zwei Eigenschaften: Er verlangt höchstmöglichen Abtrieb und bietet kaum Überholmöglichkeiten. Zudem ist dieses Rennen eines der heißesten der Saison und daher benötigt man eine bestmögliche Kühlung. Verantwortlich dafür sind einerseits die hohen Außentemperaturen und andererseits das Streckenlayout. Die Geraden sind so kurz, dass man nicht zur Ruhe kommt. Nach einer Kurve kommt gleich die nächste. Hohe Konzentration ist daher doppelt wichtig.

Es ist sehr schwierig, hier zu überholen, und man braucht ein um rund zwei Sekunden pro Runde schnelleres Auto, um einen Piloten auf der Strecke und nicht nur während der Boxenstopps zu überholen. Die Fahrzeuge rutschen stark auf der oft staubigen Streckenoberfläche, die wenig Bodenhaftung besitzt, und die rasch aufeinander folgenden Kurven beanspruchen die Reifen permanent. Deshalb ist hoher Abtrieb so wichtig. Gute Traktion ist zusammen mit einer ebensolchen Fahrzeugbalance und einwandfreiem Einlenkverhalten ebenso entscheidend.

Man muss die beste Kombination zwischen einer "High-Downforce"-Abstimmung finden, um genügend Bodenhaftung in den engen Kurven zu erzielen, auf der anderen Seite aber nicht zu viel Flügel fahren, da die Autos sonst auf der schnellen Start-Ziel-Geraden zu langsam sind. Überholen ist sowieso schon schwer, doch wenn man in Budapest von der Linie abkommt, wird man sofort langsamer, weil man den ganzen Dreck auf den Reifen mitnimmt. Es dauert mehrere Runden, bis die Reifen wieder sauber gefahren sind! All diese Faktoren machen die Qualifikation noch wichtiger als sonst!

Eure Inga Stracke von der Strecke

Inga Stracke