Inga on Tour im Land der unbegrenzten Möglichkeiten
'F1Total.com'-Reporterin Inga Stracke über Land und Leute in den USA sowie die große Geschichte des berühmten 'Indianapolis Motor Speedway'
(Motorsport-Total.com) - Hallo, liebe Formel-1-Fans! Stars and Stripes, Hamburger, Drive-through-Apotheken und Banken, Amerika, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten! Hier gibt es sogar Drive-through-Bankautomaten mit Blindenschrift! Fahrerlager und Boxengasse sind getreu nach US-Verhältnissen riesig groß gebaut - einmal die Boxen auf und ab dauert hier gut doppelt so lang wie in Montréal!

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Der 'Indianapolis Motor Speedway' ist eine der berühmtesten Rennstrecken der Welt
Die große Frage ist: Wie wird die Formel 1 in Indianapolis empfangen? Nach dem Sechs-Auto-Rennen im vergangenen Jahr haben amerikanische Fans versucht, in typisch amerikanischer Manier eine Sammelklage durchzubekommen, weil sie sich um ihre Zeit und ihr Geld betrogen fühlten. Die Klage wurde zunächst abgewiesen. Ich gehe ja fest davon aus, dass es für alle hier ein tolles Grand-Prix-Wochenende wird, und wer die Formel 1 nicht mag, wird wohl eh nicht herkommen. Michelin und auch Bridgestone haben jede Menge Aktivitäten für die Fans geplant: Michelin hat - wie vergangenes Jahr versprochen - alleine 20.000 Tickets verschenkt, rund 100.000 wurden bereits verkauft und rund um den 'Indianapolis Motor Speedway' haben die Amerikaner schon ihre Zelte und Megawohnwagen aufgebaut.#w1#
In Indianapolis kann man gut Essen gehen
Downtown-Indianapolis hat eines zu bieten, tolle Restaurants und große Shopping-Malls. Viele Kollegen zieht es vor dem Grand Prix immer in den Süden von Indianapolis, nach Edinburgh. Nein, nicht nach Schottland, sondern in ein riesiges Outlet-Center. Dort kommt man sich am Mittwoch vor dem Grand-Prix-Wochenende vor wie im Fahrerlager, so viele bekannte Gesichter sieht man in den verschiedenen Shops. Der letzte Stopp ist dann für viele im Gepäckladen, um einen Zusatzkoffer für die neu gekauften Klamotten zu erstehen...
Die großen Kinos in Indianapolis sind auch immer wieder ein Renner, vor allem um neue Premieren zu sehen - Filme, die erst in Wochen oder gar Monaten in Europa anlaufen. Ich freue mich ja schon auf "Fluch der Karibik 2"!

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Die Formel 1 ist wieder zu Gast im Land von Hamburger und Pommes frites Zoom
Cool und einzigartig muss der neue Unterwasser-Delfin-Dom des 'Indianapolis Aquariums' sein, wo man die intelligenten "Flippers" unter Wasser beobachten kann, und - man höre und staune - im 'Indianapolis Museum of Art' sind über 50.000 Werke internationaler Weltklasse-Künstler ausgestellt. Richtig klasse war letztes Jahr hier das 'Open-Air-Jazzfestival Downtown'. Dieses Jahr gibt es etwas Ähnliches: 'Cool City Swing' am Kanal, der Eintritt ist frei. Am Freitagnachmittag treffen sich mitten in der Stadt am Monument Circle die Ferrari-Verrückten, der Eintritt ist ebenfalls kostenlos.
Auch wenn man es kaum glauben möchte: Indianapolis ist die zwölftgrößte Stadt der USA (New York ist die größte, danach kommen Chicago und Los Angeles, Honolulu ist Nummer sieben).
Und: Wer hätte gedacht, dass die weltbekannte 'Late Show' von David Letterman hier in Indianapolis zu Hause ist? Noch etwas für das Buch der Rekorde: die 'Slippery Noodle' (372 South Meridian Street), eine Bar, die bei vielen Formel-1-Mechanikern sehr beliebt ist, ist die älteste Bar des Staates Indiana. Seit 1850 spielen in der ehemaligen U-Bahnstation vorwiegend Bluesbands, Löcher in der Wand hinter dem Tresen zeugen noch heute von Schießübungen, unter anderem von John Dillinger.
Alkoholiker haben es in den USA schwer...
Kein Grund jedoch für die Betreiber, die Öffnungszeiten lockerer zu sehen als andere: Im Staat Indiana gibt es Sonntagabend nach Mitternacht nirgendwo mehr etwas Alkoholisches zu trinken. Ich habe es selbst erlebt, dass sie uns in einem Restaurant um punkt Mitternacht die halbvolle Bierflasche vom Tisch geräumt haben! Wie in ganz Amerika muss man mindestens 21 sein, um hier Alkohol zu kaufen, jeder muss seinen Ausweis vorzeigen, egal ob im Supermarkt, im Liquor Shop oder Bars, und in ganzen Staat Indiana gibt es sonntags kein einziges Geschäft, das Alkohol verkaufen darf - nur lizenzierte Bars und Restaurants...

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Liebevoll lackierte Fingernägel einer Bedienung im Lokal 'Union Jack' Zoom
Nicht fehlen darf natürlich auch hier das 'Hard Rock Cafe', und im 'Rathskeller' gibt es original deutsche Bratwurst im Biergarten.
Eine eigenartige Kuriosität habe ich vergangenes Jahr bei einer freundlichen Medieneinladung von Honda USA im 'Ruth's Chris Steak House' entdeckt: Abgesehen davon, dass es dort sensationelle Steaks gibt (das größte, das ich in meinem Leben gegessen habe), sind dort in einer Vitrine Teddybären aus Nerz ausgestellt - ab 100 Dollar aufwärts!
Noch ein letzter Tipp: Auch wenn es von außen fast schäbig aussieht - das 'Union Jack' an der Ecke Crawfordsville Road und High School Road, fünf Minuten westlich vom 'Indianapolis Motor Speedway', ist ein wahres Motorsportmuseum. Uralte Rennhelm-Originale, unterschrieben von Indy-500-Piloten eines Jahrhunderts, Bilder, Rennhandschuhe und mehr überall - im ganzen Restaurant hängen Fernseher und man kann Indy-Rennen mehrerer Jahrzehnte bewundern. Dazu wirklich gutes Essen (nicht nur Burger und Pommes) und Bedienungen mit unglaublich lackierten Fingernägeln!
Formel-1-Grand-Prix seit 1959 in den USA
Der diesjährige Grand Prix wird das 61. Formel-1-Rennen in den USA sein; der erste offizielle USA Grand Prix fand 1959 in Sebring statt. Der Sieger war Bruce McLaren, der vier Jahre später sein McLaren-Formel-1-Team gründete. In den Jahren zwischen 1950 und 1960 zählten die 500 Meilen von Indianapolis zur Formel-1-Weltmeisterschaft, obwohl aus Sicherheitsgründen Formel-1-Autos nicht daran teilnehmen durften. Der Speedway wurde 1909 gebaut und läuft damit Monza (1922) den Rang ab, älteste Grand-Prix-Strecke zu sein.

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Mario Andretti ist der bisher letzte Amerikaner, der Weltmeister wurde Zoom
Abgesehen von den elf Indy-500-Rennen, die theoretisch zur WM zählten, fanden 50 USA-Grands-Prix statt. 1982 wurde gar dreimal in Amerika gefahren: in Long Beach, Detroit und Las Vegas. Mit Indy, Sebring, Riverside, Watkins Glen, Long Beach, Las Vegas, Detroit, Dallas und Phoenix (hier fand 1991 der letzte USA-Grand-Prix statt, bevor Indianapolis 2000 in den Kalender kam) sind die USA das Land mit den meisten verschiedenen Grand-Prix-Austragungsorten. 46 amerikanische Formel-1-Piloten gab es bisher, zwei davon wurden Weltmeister, Phil Hill und Mario Andretti. Drei weitere konnten sich in die Siegerlisten einschreiben: Richie Ginther, Dan Gurney und Peter Revson. Formel-1-Rookie Scott Speed hat für die Zukunft natürlich auch einen Sieg als Ziel.
Mit seinem Sieg 1977 ist Mario Andretti übrigens der einzige Amerikaner, der einen Heim-Grand-Prix gewonnen hat. 1978 holte Andretti in Holland auch den vorläufig letzten Grand-Prix-Sieg für Amerika. Einen sensationellen Rekord kann der Ire John Watson verbuchen: Er gewann 1983 in Long Beach vom 22. Startplatz aus - die schlechteste Startposition, die je ein Grand Prix Sieger hatte!
Der erste Event, der auf dem 'Indianapolis Motor Speedway' stattfand, war übrigens ein Heißluftballonrennen: 1909 starteten die Teilnehmer aus dem Infield des Ovals, das sich zu dem Zeitpunkt noch im Bau befand. Das erste Indy 500 wurde am 30. Mai 1911 ausgetragen.
In Phoenix war noch keiner der heutigen Fahrer dabei
Keiner der aktiven Formel-1-Piloten hat auch am USA-Grand-Prix 1991 teilgenommen, 2001 waren es noch zwei - Jean Alesi und Mika Häkkinen. Dafür sind gleich zwei ehemalige Indy-500-Sieger im aktuellen Formel-1-Feld: Juan-Pablo Montoya (2000) und Jacques Villeneuve (1995) haben beide das riesige Glas Milch, das es statt Champagner zum Triumph gibt, genossen.

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Der "Brickyard" ist ein Überbleibsel aus fast 100 Jahren Speedway-Geschichte Zoom
Der 'Indianapolis Motor Speedway' ist mit fast 500.000 Sitzplätzen die größte Sportstätte der Welt. Die beiden Ovalrennen, die Indy 500 und das Brickyard 400, halten den Rekord als die größte und zweitgrößte Eintagessportveranstaltung der Welt. Für den Formel-1-Grand-Prix werden nicht alle Tribünenplätze des Ovals benutzt. Das Rennen geht über 73 Runden, die 2000 eingeweihte Strecke ist 4,192 Kilometer lang, das ergibt eine Renndistanz von 306,016 Kilometern. Der Grand-Prix-Kurs besteht zum Teil aus dem berühmten Oval.
Indianapolis verlangt - wie Montréal - mittleren Abtrieb und bringt die zweithöchsten Spitzengeschwindigkeiten der Saison hervor. Der Kurs verfügt über den längsten Vollgasabschnitt der gesamten Saison: Er beginnt nach der zwölften Kurve und geht durch die erste Kurve des Ovals bis hinunter zur ersten Kurve der Formel-1-Strecke. Ausnahmsweise allerdings fährt die Formel 1 im Uhrzeigersinn, während die Ovalrennen entgegengesetzt gefahren werden. Einerseits ist auf dem Oval geringer Abtrieb ideal, andererseits verlangt das Infield viel Bodenhaftung. In Indianapolis ist der Motor die mit Abstand am stärksten beanspruchte Komponente des Fahrzeugs.
Die Formel-1-Boliden starten auf der Zielgeraden zwischen den Originalkurven eins und zwei, dann jedoch biegen sie im 90-Grad-Winkel nach rechts ins Infield ab.

