HRT und das Ende mit Schrecken

Nach einigen Achtungserfolgen endete die HRT-Geschichte Ende 2012 unrühmlich: Am Ende wollte man die Piloten aus Angst vor Materialbrüchen nicht mehr fahren lassen

(Motorsport-Total.com) - Drei Jahre lang kämpfte das HRT-Team in der Formel 1 gegen Windmühlen - am Ende musste man sich geschlagen geben und das Ende des Hinterbänkler-Rennstalls akzeptieren. Die Geschichte des Teams war geprägt von Fehleinschätzungen der Entscheidungsträger, aber auch von unermüdlichem Einsatz. Ursprünglich wollte der spanische GP2-Teamchef Adrian Campos 2010 mit einem Dallara-Chassis in die Formel 1 einsteigen, doch finanzielle Engpässe zwangen ihn dazu, das Team noch vor dem ersten Rennen an den in der Immobilienbranche tätigen Geschäftsmann Jose Ramon Carabante zu verkaufen.

Titel-Bild zur News: HRT

Am Ende völlig aus der Spur: das HRT-Team mit den Piloten de la Rosa und Karthikeyan Zoom

Laut Campos passierte zu diesem Zeitpunkt der erste Fehler. "Weil sie das Geld hatten, glaubten sie, dass sie das Motorsport-Business verstehen", spricht der Spanier gegenüber 'Autosport' über Carabante & Co. "Ein großer Fehler. Man versteht erst nach einigen Jahren, wie es funktioniert." Dennoch entschied sich Campos, seine Anteile zu verkaufen, "denn sie wollten das Gesicht des Teams sein. Da war es gescheiter, einen Schritt zurück zu machen und die Leute mit dem Geld machen zu lassen."

Die Kolles-Jahre

Doch rasch erkannte man, dass das Know-how fehlt, um ein Formel-1-Team zu führen. Und so suchte man bei Formel-1-Boss Bernie Ecclestone Rat, wie man es doch noch bis zum ersten Saisonrennen 2010 in Bahrain schaffen konnte. Der Brite empfahl mit Colin Kolles einen geübten Feuerwehrmann, der das Team von seinem Stützpunkt in Greding aus im letzten Moment renntauglich machte und wie durch ein Wunder beim Saisonauftakt zwei Autos an den Start brachte.

Mit Kolles erlebte das Team seine Höhepunkte. Zwei Mal in Serie gelang es, trotz Schmalspurbudgets nicht Letzter in der Konstrukteurs-WM zu werden - 2010 und 2011 war Marussia hinter HRT. Doch Carabante wurde mehr und mehr Formel-1-müde und suchte nach einem Käufer für das Team. Mit der spanischen Investmentgruppe Thesan Capital wurde er schließlich Ende 2011 fündig.

Blash, Karthikeyan

Karthikeyan klagte Blash immer wieder sein Leid über seinen gefährlichen Boliden Zoom

Die neuen Besitzer planten, den Rennstall zu einem spanischen Nationalteam umzubauen und den Sitz auf die iberische Halbinsel zu verlegen - ein Plan, der bei Kolles auf wenig Gegenliebe stieß. Schließlich überwarf sich Thesan Capital mit dem ehemaligen Zahnarzt und installierte mit dem ehemaligen Formel-1-Piloten Luis Perez-Sala einen Nachfolger für Kolles.

Thesan verkannte die Situation

Doch die ambitionierten Pläne der neuen Besitzer verpufften rasch, wie Pilot Narain Karthikeyan gegenüber 'Autosport' erzählt: "Am Anfang wollte Thesan viel Geld investieren und alles unter ein Dach bringen. Im Laufe des Jahres gingen sie aber in allen Bereichen immer größere Kompromisse ein, verwendeten alte Teile beim Auto." Laut dem Inder hatten die Spanier die Situation völlig falsch eingeschätzt: "Sie kamen mit geschlossenen Augen in die Formel 1 und wurden gebissen, denn ihnen war nicht bewusst, dass der finanzielle Input zumindest halbwegs ordentlich sein muss."

"Es gab einen Punkt, als mein Nummer-eins-Mechaniker sagte, dass er das Auto nicht auf die Strecke schicken würde" Narain Karthikeyan

Die finanziellen Engpässe wirkten sich nach und nach immer stärker aus, bestätigt Kartikeyan: "Wir hatten einige gute Teammitglieder, viele gute Mechaniker, die Rennsportseite war also gut. Sogar nach der Kündigung waren sie motiviert. Man kann aber nur mit dem arbeiten, was da ist - und ab Juli war es wirklich schlecht."

Der Inder hatte in Abu Dhabi einen besorgniserregenden Unfall, als seine Lenksäule brach und Nico Rosberg dem langsam fahrenden Karthikeyan nicht mehr ausweichen konnte und ihm ins Heck donnerte. "Ich hatte einige heftige Unfälle", bestätigt der ehemalige HRT-Fahrer. "Speziell in Abu Dhabi, aber ich bin davongekommen. Ich hatte Glück." Einmal erschien es sogar Karthikeyans Mechaniker zu gefährlich, mit den veralteten Teilen auf die Strecke zu gehen. "Gegen Jahresende gingen wir Risiken ein", bestätigt der Inder. "Es gab einen Punkt, als mein Nummer-eins-Mechaniker sagte, dass er das Auto nicht auf die Strecke schicken würde."