powered by Motorsport.com
  • 10.11.2014 01:52

  • von Dieter Rencken & Dominik Sharaf

Horners 40-Millionen-Euro-Auto: Wer zahlt die Zeche?

So viel würde laut dem Red-Bull-Teamchef ein dritter Wagen kosten - Wenn sie die Formel-1-Verträge zwingen, müssten die Österreicher in die Portokasse greifen

(Motorsport-Total.com) - Seit dem Wochenende des Brasilien-Grand-Prix ist das Undenkbare wieder ein Stück denkbarer geworden. Offenbar ist der Plan, 2015 zumindest Red Bull und Ferrari mit einem dritten Auto an den Start zu jagen, dank Bernie Ecclestone und dem Formel-1-Mehrheitseigner CVC konkreter als jemals zuvor. Bei den Angesprochenen stößt die Sache auf wenig Gegenliebe, auch weil es mit massiven Mehrkosten verbunden ist: "Es geht um 35 bis 40 Millionen Euro", stellt Christian Horner klar.

Titel-Bild zur News: Daniel Ricciardo, Sebastian Vettel

Bekommt der Red-Bull-Stall bald ein kostspieliges Jungtier oktroyiert? Zoom

Die Frage ist, wer die Zeche zahlt. Im Raum steht der Plan, das Geld, das Caterham und Marussia aus den Einnahmentöpfen zustehen würde, dafür einzusetzen. Allerdings würde das die Summe, die der Red-Bull-Teamchef aufruft, nicht decken, obwohl die Gelder im Falle eines endgültigen Ausscheidens der Hinterbänkler verfügbar wären. Die Österreicher wollen die Sparschatulle nicht öffnen, damit die Formel 1 ihre TV- und Promoterverträge erfüllt: "Müssten wir ein drittes Auto bringen, dann könnten wir das nicht innerhalb des existierenden Budgets tun", sagt Horner.

Die Nachfrage, ob die Finanzierung dann aus Eigenmitteln zu stemmen ist, beantwortet der Brite mit einem Wort: "Wahrscheinlich." Doch noch könnte sich Red Bull auch rechtlich wehren. Die Verträge sehen eine Pflicht nur dann vor, wenn die Starterzahl unter 16 fällt, wobei sich das Ganze über juristische Spitzfindigkeiten auch als 20 interpretieren ließe. Mit aktuell 18 Boliden ist alles im Lot, doch Sauber, Force India und Lotus wackeln - und sind jetzt in der Position, die Großen unter Druck zu setzten. Sperren sie zu, wird die Angelegenheit für Red Bull und Ferrari richtig teuer.

Horner sieht Formel-1-Philosophie in Gefahr

Horner betont deshalb: "Die Zahl ist nicht weit genug gefallen und der Promoter hat uns bisher nicht darum gebeten. Wir planen das nicht und wir forcieren das nicht. Wenn wir gefragt werden, dann sehen wir uns das genau an." Dem Gusto des 40-Jährigen entspricht die Idee ohnehin nicht: "Ich bin selbst kein großer Freund davon. Es bewegt sich weg von dem, wie die Formel 1 sein sollte." Auch Marco Mattiacci würde auf einen dritten Ferrari wohl lieber verzichten, auch wenn das ganz nebenbei sein mutmaßliches Problem mit drei vertragsgebundenen Piloten lösen würde.

Der Italiener glaubt an Auswege aus dem Dilemma: "Wir sollten eine gemeinsame Prioritätenliste haben, die es umfasst, Sport, Einnahmen und Unterhaltung zu verbessern. Es ist nicht schwierig, aber komplex", sucht der Scuderia-Teamchef nach einer Lösung und vertraut darauf, dass Ecclestone die Daumenschrauben anzieht, damit alle mitziehen, schließlich sitzt McLaren formal ebenfalls CCB-Boot und müsste einen dritten Boliden bringen: "Es sind ja nicht nur die Teams am Tisch. Wenn Bernie das besprechen will, machen wir sicher Fortschritte", erklärt Mattiacci.


Fotos: Großer Preis von Brasilien


Alonso nennt kleine Teams "wichtig"

Damit deutet Mattiacci an: Die Antriebshersteller könnten im Poker eine Rolle spielen. Gibt es kostenlose Power für das dritte Auto? Wenn ja, dann beträfe das ohnehin nur Red Bull, schließlich ist Ferrari Selbstversorger. Für zu unerfahren hält er sich und Neo-Präsident Sergio Marchionne jedenfalls nicht: "Es ist eine Branche, die eine ganz andere ist. Man kann nicht identisches Arbeitstempo und identische Methoden anlegen. Wir müssen das Positive sehen", so Mattiacci, der von vielen weiteren, verbundenen Problemen spricht - die Finanzkrise der kleinen Teams etwa.

Fernando Alonso wäre es ohnehin am liebsten, würden die Mannschaften am Ende des Feldes wieder zurückkehren und damit die Voraussetzungen schaffen, dass Talentförderung stattfinden kann: "Die kleinen Teams sind wichtig", betont der Spanier, der seine Karriere bei Minardi begann. "Viele andere Fahrer hatten ebenfalls die Chance, ihre Laufbahn bei einem der kleinen Teams zu starten. Wir brauchen jeden in diesem Sport. Je mehr Teams wir haben, desto besser. Hoffentlich finden wir eine Lösung."

"Die kleinen Teams sind wichtig." Fernando Alonso