Horner: "Sebastian hat sich bei mir entschuldigt"

Christian Horner erklärt, wie er die Meinungsverschiedenheit mit Sebastian Vettel nach Indien beilegte und verrät, woher dieser im Rennen seine Übersicht nimmt

(Motorsport-Total.com) - Red-Bull-Teamchef Christian Horner hat Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel sein eigenmächtig eingegangenes Risiko im Indien-Rennen verziehen. "Er hat sich nach seiner kleinen Show bei mir entschuldigt", sagte Horner zu 'Welt Online': "Er kann da nicht aus seiner Haut heraus. Das verstehe ich. Er ist ein Vollblutrennfahrer, auf dem Fußballfeld wäre er ein Mittelstürmer. Ein Wayne Rooney, der immer Tore schießen will."

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel, Christian Horner (Teamchef)

Bereit zu neuen Höhenflügen: Christian Horner und Sebastian Vettel

Nachdem Vettel in Indien trotz klarer Führung in der letzten Runde ein Risiko eingegangen war und die schnellste Rennrunde gefahren hatte, hatten die Bosse den zweimaligen Weltmeister noch gerügt. "Er weiß, dass wir das nicht mögen", hatte Horner damals gesagt: "Wir haben unser Bestes getan, um ihn einzubremsen, aber wir konnten nichts machen. Wir hätten ihm eine Kuh in den Weg stellen sollen."

Vettels Ehrgeiz kennt keine Grenzen

Nun erklärte Horner, Vettel sei vernünftig und sicher nicht bis an die Grenze gegangen. Er habe "vielleicht etwas für seine Statistik tun" wollen. Vettels Aussage, dass ihm Rekorde nichts bedeuten würden, zog der Brite nämlich in Zweifel: "Da wäre ich mir nicht so sicher." Als Streber würde er seinen Schützling aber nicht bezeichnen.

"Streber sind verkrampft, er hat eine nüchterne Intelligenz und ist stets nett dabei", meinte Horner: "Er hat einen Killerinstinkt, dabei sieht er aus wie ein Unschuldslamm. Er ist ein Perfektionist und enorm ehrgeizig. Wenn er vom Fahrerlager zum Parkplatz geht und jemand vor ihm ist, muss er an ihm vorbei. Das Überholen liegt ihm im Blut."

"Wenn Sebastian vom Fahrerlager zum Parkplatz geht und jemand vor ihm ist, muss er an ihm vorbei." Christian Horner

Diesen Perfektionismus erkannte Horner schon, als Vettel erst 17 Jahre alt war und gerade einen Test bei Red Bull absolviert hatte: "Da flog er von Deutschland in unsere Fabrik nach Milton Keynes, um bei uns ein Praktikum zu machen. Er wollte sich alles anschauen. Mir hat imponiert, dass er diese Initiative ergriffen hat."

Kommandostand wundert sich über Vettels Übersicht

Dass er sich schon so früh so viel Wissen angeeignet hatte, ist heute seine große Stärke, weiß Horner, zumal er die Gabe besitzt, "viele Informationen in kurzer Zeit aufzunehmen." Der Red-Bull-Teamchef gibt ein Beispiel: "In Valencia haben wir Mark die harten Reifen aufgezogen und Seb nichts davon erzählt, weil wir nicht wollten, dass er noch mehr ans Limit geht. Plötzlich fragte er über Funk, welche Zeit Mark auf den harten Reifen fährt. Wir haben uns am Kommandostand gefragt, wer das ausgeplaudert hat. Niemand. Sebastian hatte sich auf dem großen Bildschirm an der Strecke selbst informiert."

Auch in China erfuhr der Red-Bull-Kommandostand, dass Vettels Hirn selbst in extremen Stresssituation noch freie Kapazitäten hat, die ihm dann zugute kommen. Als es in China durch den Regen sehr rutschig war, "wollte er von uns wissen, an welcher Stelle die meisten Autos abgeflogen sind", erzählt Horner. "Er wollte vorbereitet sein. Wenn es nass ist, konzentrieren sich die Fahrer nur darauf, heil um die Kurven zu kommen. Sebastian aber stellte uns ständig neue Fragen. Er hat neben dem Fahren noch den Überblick. Er hört nie auf nachzudenken. Das ist eine seiner großen Stärken."

"Er hört nie auf nachzudenken. Das ist eine seiner großen Stärken." Christian Horner

Einen baldigen Verlust des Champions fürchtet der Teamchef nicht. "Wir geben Sebastian ein gutes Umfeld, ein Team, in dem unglaublich viel Energie steckt", erklärte er: "Wenn wir ihm kein schnelles Auto mehr bauen, hat er alles Recht auf dieser Erde zu gehen. Aber so weit werden wir es nicht kommen lassen."