Horner: "Platz zwei ist kein Desaster"

Red-Bull-Teamchef Christian Horner analysiert im Gespräch das Rennen auf dem Hungaroring - Bei den Fahrern wurde eine unterschiedliche Reifenstrategie angewandt

(Motorsport-Total.com) - Red Bull hat im Juli 2011 kein Rennen gewonnen. Auf dem Hungaroring kämpfte Sebastian Vettel bei gemischten Wetterbedingungen gegen McLaren und wurde schließlich hinter Jenson Button Zweiter. Damit ist der Weltmeister weiterhin klar auf Kurs zur Titelverteidigung. Sein Teamkollege Mark Webber wurde Fünfter. Während der Australier im letzten Renndrittel bei einsetzendem Regen auf Intermediates setzte - was sich als falsche Entscheidung herausstellte - blieb Vettel mit Slicks auf der Strecke. Im Gespräch analysiert Teamchef Christian Horner den turbulenten Grand Prix.

Titel-Bild zur News: Christian Horner (Teamchef)

Red-Bull-Teamchef Christian Horner ist mit dem Ergebnis von Ungarn zufrieden

Frage: "Sebastian war mit seinem Rennen nicht ganz glücklich. Trotzdem ist er Zweiter geworden und weiterhin klar auf WM-Kurs. So schlecht war das nicht."
Christian Horner: "Wenn man alle Dinge berücksichtigt, dann kann viel mehr schief, als richtig laufen. Wenn man bei diesen Bedingungen Zweiter wird und die WM-Führung ausbaut, dann ist das ein positives Resultat. McLaren war zu bestimmten Zeitpunkten schneller, dann waren wir wieder schneller. Es wäre faszinierend gewesen, wenn es nach dem letzten Stopp bis zum Ende trocken geblieben wäre.

Frage: "Das Wetter hat ziemlich verrückt gespielt. Wie habt ihr das an der Boxenmauer verfolgt?"
Horner: "Wir dachten, dass wir strategisch gut aufgestellt waren, weil wir uns für die Prime-Reifen entschieden hatten. Dann regnete es wieder für zwei, drei Runden. In diesen Runden waren Slicks klar die falsche Wahl. Die Hälfte des Feldes wechselte auf Intermediates. Das war richtig, aber es hörte zu regnen auf. Deshalb musste Mark einen weiteren Stopp einlegen. Das hat ihn Platz drei gekostet."


Fotos: Red Bull, Großer Preis von Ungarn, Sonntag


"Es war eine 50:50-Entscheidung. Mark verlangte am Funk nach den Intermediates und wir konnten ihm das nicht abschlagen. In der Boxengasse war es nass und auf der Strecke sind Autos von der Strecke geflogen. Man weiß nie, ob es weiterregnet oder aufhört. Die Hälfte des Feldes entschied sich für die Intermediates, auch Lewis Hamilton. Sebastian hat am Funk die gleichen Fragen gestellt, aber wir entschieden uns dazu, die Strategie aufzuteilen. Deshalb haben wir ihn draußen gelassen. Er ist damit gut klargekommen, denn Fehler konnten schnell passieren."

Frage: "War Sebastian in diesem Moment glücklich damit, dass ihr in draußen gelassen habt?"
Horner: "Er hat sich auf unser Feedback verlassen. Wir haben ihm gesagt, dass er durchhalten soll. Zu diesem Zeitpunkt wäre er wahrscheinlich glücklicher gewesen, wenn wir ihn für Intermediates hereingerufen hätten. Nach zwei Minuten hörte der Regen wieder auf und die Slicks kamen wieder schnell auf Temperatur. Sie waren damit wieder der richtige Reifen. Das war entscheidend, denn wenn es weiter geregnet hätte, dann wäre es für Mark besser gewesen."

Frage: "Also ihr habt nicht gewusst, wie lange es regnen würde? Manche Teams sind davon ausgegangen, dass es stärker wird."
Horner: "In so einer Situation ist das Radar wertlos. Du schaust einfach in den Himmel und beobachtest in welche Richtung der Wind weht. Wir haben den ganzen Tag die Wettervorhersage und das Radarbild beobachtet, aber es war nicht sehr genau. Es war auch nur ein sehr leichter Regen."

Frage: "Als ihr in der Anfangsphase von den Intermediates auf die superweichen Slicks gewechselt habt, war klar, dass euch diese Reifen irgendwann ausgehen würden. Was habt ihr euch über den Prime-Reifen gedacht? Wie lange würde er halten?"
Horner: "Wir entschieden uns dafür, den Prime-Reifen am Ende einzusetzen. Deswegen mussten wir mit den anderen Pneus Richtung Ende kommen. Lewis hatte sich anders entschieden und noch einen weiteren Satz der superweichen Reifen mitgenommen. Er wäre bei trockenen Bedingungen aber nicht bis ins Ziel gekommen. Jenson hat die gleiche Entscheidung wie wir getroffen. Ohne Regen wäre es sicher eine interessante Schlussphase geworden."

Sebastian Vettel, Jenson Button

Am Ende musste sich Sebastian Vettel Jenson Button geschlagen geben Zoom

Frage: "Hätte Sebastian ohne Regen seine Reifen extrem schonen müssen, oder hätte er ein vernünftiges Tempo anschlagen können?"
Horner: "Wir dachten uns schon, dass er ein gutes Tempo fahren könnte. Zu diesem Zeitpunkt war Rosberg mit der Prime-Mischung unterwegs und hat gut ausgesehen."

Frage: "Wie auf dem Nürburgring ging es an der Spitze eng zu."
Horner. "Ja, die drei Teams liegen eng beisammen. Sebastian geht jetzt mit sechs Siegen, vier zweiten Plätzen und einem vierten Rang in die Sommerpause. Das waren fantastische Resultate. Es ist aber noch ein langer Weg. Wir haben alle Pole-Positions geholt. In der Pause laden wir jetzt unsere Batterien auf und kommen in guter Form zurück."

¿pbvin|512|3582|pirelli|0|1pb¿Frage: "Zu Saisonbeginn habt ihr praktisch alles dominiert. Die letzten drei Rennen habt ihr nicht gewonnen. Macht dir das Sorgen?"
Horner: "Wir wollen natürlich jedes Rennen gewinnen. Das ist unser Anspruch. Heute war eben McLaren zu bestimmten Phasen sehr schnell, wir aber auch. Wir befinden uns in einem Entwicklungsrennen. An den letzten beiden Wochenenden haben wir viel gelernt. Das können wir für die kommenden Rennen nutzen."

Frage: "Wie bewertest du die Leistung von Sebastian?"
Horner: "Er ist heute sehr reif gefahren. Natürlich will er gewinnen. Er weiß natürlich auch, dass er an Tagen, an denen er nicht gewinnen kann, der zweite Platz kein Desaster ist. Die Änderungen, die wir am Freitag an Sebastians Auto vornahmen, haben ihm sicher geholfen. Man kann natürlich schwer beurteilen, wie viel das im Rennen gebracht hat, weil das Wetter einen starken Einfluss hatte. Im Trockenen hätte er sicher eine gute Chance gehabt. McLaren hatte sogar bei feuchten Bedingungen am Ende eines Stints größeren Reifenverschleiß als wir. Deswegen hätten wir im Trockenen gute Möglichkeiten gehabt. Wir werden es aber nie wissen."

Frage: "Wie wäre das Rennen ausgegangen, wenn ihr nicht die Nachtschicht am Freitag eingeschoben hättet?"
Horner: "Keine Ahnung. Wir hatten die Abstimmung geändert und die Zeit weise genutzt. Seb hat das mit der Pole und einem zweiten Platz bei schwierigen Bedingungen zurückgezahlt."

Frage: "Gab es im Rennen Probleme? Sebastian meldete gegen Ende, dass er nicht voll angreifen kann."
Horner "In den letzten Runden ging es darum, den linken Vorderreifen zu schonen, denn es war ein langer Abschnitt auf den Prime-Reifen. Vielleicht hatte er eine Vibration."

Webber für 2012 weiterhin erste Wahl

Frage: "Helmut Marko hat gesagt, dass ihr Daniel Ricciardo ins Auto setzen werdet, falls Mark am Ende der Saison aufhört. Stimmt das?"
Horner: "Ich glaube nicht, dass er das gesagt hat. Er meinte wahrscheinlich eventuell. Helmut hat sich da wahrscheinlich zu sehr auf Daniel konzentriert. Bei Übersetzungen kann auch viel verloren gehen. Wir sprechen mit Mark über das nächste Jahr. Ich erwarte auch, dass er im kommenden Jahr bei uns ist. Er ist sehr beliebt im Team. Mark kann sicher noch drei, vier starke Jahre haben. Es liegt an ihm. Er ist konkurrenzfähig und weiterhin hungrig."

Frage: "Setzt ihr eure Gespräche in der Sommerpause fort?"
Horner: "Wir haben uns darauf verständigt, dass wir uns später im Jahr zusammensetzen. Morgen fängt der August an. Mark und ich pflegen ein gutes Verhältnis. Wir ihr alle wisst, sind Gespräche mit ihm sehr geradlinig und offen. Beide Seiten wollen weitermachen. In den nächsten Wochen werden wir uns zusammensetzen und über das kommende Jahr sprechen."

Frage: "Ist Daniel bei euch auf dem Radar? Für 2013 zum Beispiel?"
Horner: "Daniel entwickelt sich noch. Er hat jetzt die Möglichkeit in der Formel 1 bekommen und er wirkt sehr talentiert. Er hat gerade erst begonnen. Seine Leistungen sind schwer zu bewerten, denn er fährt eigentlich nur gegen seinen Teamkollegen. Für ihn ist das eine tolle Möglichkeit aus der er hoffentlich das Optimum herausholt."