• 27.07.2009 17:12

  • von Dieter Rencken

Horner: KERS war der McLaren-Trumpf

Red-Bull-Teamchef Christian Horner über das Rennwochenende in Ungarn: Sorgen wegen der Reifen, keine Chance gegen KERS

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Christian, war es die richtige Entscheidung, Mark Webber im mittleren Stint mit den harten Reifen fahren zu lassen?"
Christian Horner: "Mark hat einige Runden lang mit seinem Renningenieur am Funk darüber gesprochen. Die weichen Reifen waren an der Grenze der Belastbarkeit und weil wir einen etwas längeren Mittelstint planten, haben wir uns dann für die härteren Pneus entscheiden. Warum er im mittleren Abschnitt damit nicht mehr so schnell war, müssen wir erst noch analysieren. Als er im letzten Stint dann wieder die weichen Reifen hatte, ging es viel besser. Er hat dann sogar seine erste schnellste Rennrunde der Formel-1-Karriere markiert. Leider war das zu spät."

Titel-Bild zur News: Christian Horner (Teamchef)

Christian Horner hofft, dass der Red Bull RB5 auf anderen Strecken besser läuft

Frage: "Warst du überrascht, dass Lewis Hamilton dieses Rennen so gut an der Spitze kontrollieren konnte?"
Horner: "Wir hatten eigentlich darauf gehofft, dass der Renault an der Spitze das Feld etwas zusammenhalten würde. Aber auf dieser Strecke bringt KERS unglaublich viel, vor allem beim Sprint zur ersten Kurve. Lewis hat es auch klug angestellt. Die Kombination von deren Chassis samt Motor und KERS war extrem konkurrenzfähig."#w1#

Frage: "Auch mit der weicheren Mischung war Mark zu Beginn nicht besonders schnell. Hattet ihr Probleme?"
Horner: "Ja, auch in Monaco kamen wir mit dieser Mischung schon nicht besonders gut zurecht. Bei Sebastian funktionierte sie sogar dermaßen schlecht, sodass der auf der härteren Mischung gestartet ist. Wir müssen daran noch arbeiten und es verstehen. Aber auch anderen Teams erging es nicht besser. Alle hatten zum Beispiel Brawn an diesem Wochenende stärker erwartet. Aber auch die hatten erhebliche Probleme."

Frage: "Wie bewertest du den Zwischenfall zwischen Sebastian und Kimi Räikkönen zu Beginn?"
Horner: "Kimi war meiner Meinung nach recht aggressiv. Er ist da schon ziemlich heftig reingezogen, aber das passiert im Startgetümmel manchmal. Kimis Manöver auf der Geraden - also auf dem Weg in die Kurve - fand ich allerdings ähnlich wie jene von Mark am Nürburgring..."

Frage: "Hat sich an diesem Wochenende die Hackordnung in der Formel 1 noch einmal deutlich verändert?"
Horner: "Uns war klar, dass diese Strecke uns nicht besonders gut liegen wird. Es ist aber offensichtlich, dass nun auch andere Teams vorne mitmischen können. Renault hat Fortschritte erzielt und auch Williams ist nach vorne gekommen. Für uns war es gut, dass zwischen uns und Brawn recht viele andere Autos lagen. Diese Strecke ist allerdings nicht gerade repräsentativ. Es ist eigentlich wie Monaco, nur eben ohne die Leitplanken. Wenn wir wieder auf andere Strecken kommen, dann hoffen wir, dass wir mit unserem Auto wieder besser sind. Aber auch Brawn wird dann wieder besser sein."

Frage: "Wie wird sich das Kräfteverhältnis in den kommenden Rennen darstellen?"
Horner: "Es wird einen Jojo-Effekt geben, denn es hängt immer von der jeweiligen Strecke ab. Es werden auch wieder Orte kommen, wo unser Wagen perfekt auf die jeweilige Bahn passt. Wir sind nach Ungarn gekommen und hatten ein schwieriges Wochenende erwartet. Es lief dann im Qualifying deutlich besser als erwartet. Leider konnten wir diese Ausgangsposition nicht im Rennen umsetzen. Im Grand Prix waren letztlich zwei KERS-Autos vorne, denn diese Strecke war perfekt für sie."


Fotos: Red Bull, Großer Preis von Ungarn


Frage: "Könnt ihre eure gute Form auch über die Sommerpause aufrecht erhalten? Die Firma bleibt geschlossen..."
Horner: "Ja, aber alle in der Fabrik haben sich diese Pause mehr als verdient. Die Schlagzahl der vergangenen Wochen können sie einfach nicht länger aushalten. Die Leute haben sich die zwei Wochen Ferien wirklich verdient, sie sollen es genießen. Dann kommen alle gestärkt wieder an die Arbeit und wir nehmen Valencia in Angriff."

Frage: "Meinst du, dass Brawn in den verbleibenden Rennen den Anschluss wieder herstellen kann?"
Horner: "Es kann sich jederzeit wieder verschieben. Der Entwicklungswettlauf ist in dieser Saison wirklich gnadenlos. Wer am schnellsten das größte Potenzial aus seinem Auto herauskitzeln kann, der wird am Ende Weltmeister sein. Wir werden unsere Entwicklung bis zum Schluss mit Vollgas angehen."

Frage: "Zurzeit ist David Coulthard wieder als Ersatzpilot nominiert. Wird er es bleiben?"
Horner: "Unser bisheriger Ersatzpilot (Jaime Alguersuari; Anm. d. Red.) ist zum Einsatzpiloten aufgestiegen. Daher ist David wieder in diese Rolle gerückt. Er ist gleichzeitig ein wichtiges Mitglied unseres Nachwuchs-Förderprogrammes. David wird nun erst einmal Reservefahrer bleiben."

"David wird nun erst einmal Reservefahrer bleiben." Christian Horner

Frage: "Wie beurteilst du die Leistung von Jaime Alguersuari?"
Horner: "Ich war sehr beeindruckt. Ein junger Kerl, der in den 1990er-Jahren geboren wurde, hat sich richtig gut geschlagen. Er ist für sein Alter sehr erwachsen und reif. Ich finde es klasse, dass Red Bull und Toro Rosso einem solchen Youngster eine Chance geben. Er hat doch gezeigt, dass er bereit ist für die Formel 1. Er war am gesamten Wochenende konkurrenzfähig und er wird bestimmt von Rennen zu Rennen besser."

Frage: "Wäre es nicht besser gewesen, wenn ein solch junger Fahrer erst einmal ein paar Tests hätte absolvieren können?"
Horner: "Das ist ein Thema, das in Gesprächen zwischen der FIA und der FOTA auf den Tisch kommen muss. Im Grunde verhindert man zurzeit den Einstieg junger Talente. Wir hoffen alle, dass Felipe Massa schnell wieder gesund wird. Ich bin gespannt, wen Ferrari nun ins Auto setzen wird."

Frage: "Wie steht es derzeit um die Unterzeichnung des neuen Concorde Agreements?"
Horner: "Wir sind an diesem Wochenende erheblich weitergekommen. Es fehlt nicht mehr viel bis zur Unterschrift. Dann können wir uns endlich voll auf den Rennsport konzentrieren und darauf, die Show in der Formel 1 für die Zukunft weiter zu verbessern.