• 02.06.2011 13:23

  • von Peter Szczecinski

Horner: "Ich war nicht gut genug"

Red-Bull-Teamchef Christian Horner führte den Rennstall in wenigen Jahren an die Spitze des Formel 1 - Mit der eigenen Leistungen war er aber nicht immer zufrieden

(Motorsport-Total.com) - Red Bulls Christian Horner gehört nicht zu den schillernden Teamchefs seiner Zeit - wie früher Luca di Montezemolo oder etwas später Flavio Briatore. Er ist ein sehr zurückhaltender und ruhiger Zeitgenosse, der eher seine Taten für sich sprechen lässt, als große Töne zu spucken. Innerhalb von sechs Jahren führte er seinen Rennstall vom Neuling zum Gewinner der Fahrer- und Konstrukteurs-Weltmeisterschaft. Nun könnte der Eindruck entstehen, der sympathische Teamchef hätte alles in seinem Leben erreicht.

Titel-Bild zur News: Christian Horner (Teamchef)

Nicht jeder hätte Christian Horner den großen Erfolg mit Red Bull zugetraut

Aber der stets freundliche Engländer hat am absoluten Höhepunkt immer noch zwei Ziele im Leben, wie er gegenüber 'The Star' zugibt: "Ich wäre gerne handwerklich begabter. Bei solchen Sachen bin ich total überfordert." Es geht sogar so weit, dass seine Lebensgefährtin Beverly in Panik gerät, wenn sie ihn mit dem Werkzeugkasten in der Hand sieht.

"Ich gehöre wirklich zu den Personen, die beim Versuch, einen Nagel in die Wand schlagen um darauf ein Bild aufzuhängen, immer die Wasserleitung treffen. Ich bin in diesem Bereich nicht besonders geschickt." Sein zweiter Wunsch wäre, Fremdsprachen zu lernen. "Anderthalb Sprachen kann ich schon", sagt Horner und bezieht sich dabei neben seiner Muttersprache auf seine bescheidenen Französischkenntnisse.

Horners steiler Aufstieg

Auf die Frage, was er noch beruflich erreichen möchte, entgegnet er ganz simpel: "Wir möchten es diese Saison noch einmal hinkriegen." Das ist sein Ziel für das laufende Jahr. Viel weiter nach vorne blicken will Horner nicht, denn in der Formel 1 zählt nur die nahe Zukunft. "Meiner Meinung nach ist es in diesem Geschäft ziemlich gefährlich, weil wir nur zwei Wochen im Voraus wirklich abschätzen können", erklärt der 37-jährige Engländer.

"Ich tendiere dazu, nicht zu weit in die Zukunft vorauszuschauen." Christian Horner

"Mit 2012 beschäftigen wir uns im nächsten Jahr. Ich tendiere dazu, nicht zu weit in die Zukunft vorauszuschauen." Der in Leamington Spa geborene Brite begann seine aktive Motorsportkarriere in den frühen 1990er-Jahren, als er es nach Siegen in der Formel Renault über die höheren Formelklassen bis in die Formel 3000 schaffte.

Nach einer sehr erfolgreichen Zeit als Teamchef von Arden in der Formel 3000 mit drei Fahrer- und Teammeisterschaften in Folge, folgte Horner dem Ruf von Red Bull-Boss Dietrich Mateschitz, der 2005 den Jaguar-Rennstall kaufte und dem Team einen neuen Farbstrich verpasste. Horner war damals mit 31 Jahren der mit Abstand jüngste Teamleiter in der Königsklasse des Motorsports. Knapp sechs Jahre später holte das Team beide Titel und der Engländer ist am Gipfel seines Erfolgs angelangt.

Wie Horner ein Renn-Wochenende erlebt

Für ihn noch lange kein Grund, sich in den Vordergrund zu stellen. "Wir unterscheiden uns von den anderen Teams. Wir sind kein großer Automobilhersteller und werden nicht von der Unternehmensspitze eingeschränkt, wie es vielleicht bei den Anderen der Fall ist", meint Horner und erklärt, dass die Philosophie vom Mutterkonzern kommt. "Wir sind stolz darauf, so zu sein, und bei uns herrscht eine ganz besondere Stimmung innerhalb des Teams, die es bei den anderen Rennställen wahrscheinlich so nicht gibt."

"Meine Zeit ist während der gesamten Veranstaltung vom Anfang bis zum Ende verplant." Christian Horner

Für den Red-Bull-Teamchef vergehen die Rennwochenenden wie im Flug. Es gibt eine gewisse Routine. Donnerstags beginnt man mit unterschiedlichen Meetings. An Freitagen stehen die Trainingseinheiten an, wo man auch über die Strategie entscheiden muss. Das turbulente Wochenende setzt sich samstags mit dem Qualifying fort und am Sonntag kommt das Rennen. Auch diese zwei Tage werden von zahlreichen Besprechungen geprägt.

"Meine Zeit ist während der gesamten Veranstaltung vom Anfang bis zum Ende verplant", sagt Horner. "Man ist ständig von denselben Leuten und dem Konkurrenzkampf umgeben. Der Austragungsort ändert sich 19 Mal, aber das Team und der Konkurrenzkampf nicht." Der volle Terminkalender lässt es dann verständlicherweise kaum zu, sich die Sehenswürdigkeiten vor Ort anzuschauen, die über die Rennstrecke, Hotel oder Flughafen hinausgehen.

Vom mittelmäßigen Rennfahrer zum Erfolgs-Teamchef

So auch zuletzt in Malaysia. "Ich habe einen kleinen Teil von Kuala Lumpur gesehen. Mir gefallen die Grünflächen und die Leute sind dort sehr freundlich", erzählt der Teamchef. "Sepang gehört definitiv zu den schönsten Rennen des Jahres." Durch die Erfolge des Teams haben sich auch die Farben auf den Zuschauerrängen verändert. "Es ist großartig, die wachsende Zahl von Red-Bull-Fanartikeln auf den Tribünen zu sehen. Dort gibt es nicht mehr nur Ferrari oder McLaren", freut sich Horner über die immer größere Fangemeide seines Rennstalls.

"Es ist großartig, die wachsende Zahl von Red-Bull-Fanartikeln auf den Tribünen zu sehen." Christian Horner

Das Erfolgsgeheimnis sieht er darin, nicht vor großen Herausforderungen zurückzustecken. "Ich glaube daran, dass du wirklich große Ziele erreichen kannst, wenn du an dich selbst und an die Mannschaft um dich herum glaubst." Ein gesunder Sinn für Humor, den Horner zweifelsohne besitzt, schadet ebenfalls nicht. "Man darf sich selbst nie zu ernst nehmen und ich liebe es, Leute zum Lachen zu bringen", verrät er.

Horner stellt sich nicht in den Vordergrund. Die Entwicklung Red Bulls zu einem Topteam führt er immer auf die harte Arbeit seines Teams zurück. Wenn man ihn fragt, wieso er im Alter von nur 25 Jahren vom Cockpit in die Führungsebene eines Formel-3000-Teams wechselte, erklärt er damit, dass er nur ein durchschnittlicher Fahrer war. Man sollte sich aber von der Bescheidenheit des Engländers nicht blenden lassen. Die Erfolgsgeschichte des Red-Bull-Teams wäre ohne die inspirierende Führungsfigur undenkbar gewesen.

Horner für Stewart ein würdiger Nachfolger

Laut Jackie Stewart, der einst die Fabrikhallen in Milton Keynes bauen ließ, wo mittlerweile das Red-Bull-Team beheimatet ist, rief Horner ein Team nach seinen eigenen Vorstellungen ins Leben. "Im Winter habe ich das Gebäude zum ersten Mal seit den Stewart-Grand-Prix-Zeiten (Stewarts Formel-1-Rennstall 1997-1999; Anm. d. Red.) besucht", erzählt der dreimalige Formel-1-Weltmeister.

"Von außen betrachtet hat sich bei meiner ehemaligen Fabrik nicht viel verändert." Jackie Stewart

"Von außen betrachtet hat sich nicht viel verändert: Der Eingangsbereich ist genauso wie damals und es arbeiten immer noch die gleichen Leute wie früher. Aber genauer betrachtet sieht man die Ordnung, Arbeitsmoral und die freundliche Atmosphäre. Alles erinnert an Christian. Wenn du ihn triffst, zeigt er keine Spur von Arroganz oder Überheblichkeit. Er hat Stil, ein gutes Benehmen und kann sich hervorragend artikulieren. Er ist ein Gewinn für den Sport", lobt der Schotte den Teamchef.

Wie Horner zum Motorsport kam

"Meine Leistung als Fahrer war ganz in Ordnung, aber es gab eine Menge von Jungs, deren Leistungen auch in Ordnung waren." Christian Horner

Im Gegensatz zu den meisten aktuellen Formel-1-Piloten liegen Horners Anfänge im Motorsport nicht im Kartsport. "Meine erste Erinnerung an den Rennsport ist Nigel Mansells rasante Fahrt im Regen von Monaco 1984", blickt Horner zurück. "Ich war schon immer ein riesiger Mansell-Fan und schaute ihm sogar während seiner Testfahrten in Silverstone zu. Ich denke, dass ich durch ihn zum Motorsport gekommen bin."

"Meine Leistung war ganz in Ordnung, aber es gab eine Menge von Jungs, deren Leistungen auch in Ordnung waren. Das hat nicht gereicht. Es macht mich mittlerweile zufriedener, wenn ich ein erfolgreiches Rennteam leite. Es war schon ein großartiges Gefühl, in Melbourne anzukommen, und die Autos mit den Startnummern eins und zwei in der Garage stehen zu sehen."

Ist die Zukunft von Red Bull abgesichert?

Manch einer fragt sich, wie lange Dietrich Mateschitz, Red-Bull-Besitzer und Mäzen des Rennstalls, an seinem Spielzeug interessiert bleibt. Im Gegensatz zu den großen Automobilkonzernen hat der Getränkehersteller keinen direkten Bezug zum Motorsport. Man könnte es Horners Mannschaft kaum übel nehmen, wenn sie den Lockrufen der Konkurrenz - vor allem von Ferrari und McLaren - folgen würden.

"Im Winter hatten wir einige Abgänge." Christian Horner

Doch Horner und der stetig wachsende Erfolg führen zu Loyalität in die Mannschaft aus Milton Keynes. "Im Winter hatten wir einige Abgänge", erklärt der Teamchef. "Aber all unsere Schlüsselpositionen sind seit Jahren mit denselben Leuten besetzt und die Personen, die wir an die anderen Teams verloren haben, waren nicht in Führungspositionen. Ich denke, dass dies einiges über unser Arbeitsumfeld und die Atmosphäre innerhalb der Mannschaft aussagt."

Auch der Teamchef selbst sieht seine Zukunft bei Red Bull. "Ich bin sehr froh, hier zu sein." Spätestens nach den jüngsten Erfolgen ist auch Red Bull glücklich, dass Horner noch lange mit an Bord bleibt.