Hitzinger: "Wintertestfahrten sind sehr gut verlaufen"

Cosworths Entwicklungschef Alexander Hitzinger im 'F1Total.com'-Interview über den neuen V8-Motor, Siege als Saisonziel und vieles mehr

(Motorsport-Total.com) - Irgendwie hat es die traditionsreiche Motorenschmiede Cosworth geschafft, mit einem Bruchteil des Budgets der großen Automobilhersteller nicht nur einen konkurrenzfähigen V8-Motor zu bauen, sondern einen, um den die Briten von Mercedes und Co. zumindest momentan noch beneidet werden. Maßgeblichen Anteil daran hatte ein Deutscher: Entwicklungschef Alexander Hitzinger.

Titel-Bild zur News: Alexander Hitzinger

Alexander Hitzinger, ein Deutscher aus Passau, ist Entwicklungschef bei Cosworth

In seinem letzten Interview mit 'F1Total.com' im November in Frankfurt träumte der 34-Jährige dank der Partnerschaft mit Williams insgeheim von einem Grand-Prix-Sieg - und an dieser Zielsetzung hat sich seither nichts geändert. Gut eine Woche vor Beginn der neuen Saison nahm sich Hitzinger Zeit, um die 'F1Total.com'-Leser auf den neuesten Stand zu bringen, schließlich fährt mit Nico Rosberg dieses Jahr auch ein Deutscher für Williams.#w1#

Hitzinger sehr zufrieden mit der Saisonvorbereitung

Frage: "Alexander, wie zufrieden bist du mit dem Verlauf der Wintertestfahrten?"
Alexander Hitzinger: "In Anbetracht der Tatsache, das der CA-V8-Motor das erste Mal am 12. Oktober auf dem Prüfstand gelaufen ist, muss ich sagen: Die Wintertestfahrten sind sehr gut verlaufen. Wir waren in der Lage, den Motoren von Beginn an hohe Laufleistungen auf der Strecke abzuverlangen. Wir haben auch bereits drei Leistungssteigerungen bringen können, was uns bezüglich Motorleistung in eine sehr gute Position gebracht hat."

"Jedoch wäre es gut, noch etwas mehr Zeit für die Entwicklung des CA zu haben, bevor wir ins erste Rennen gehen, da wir im Vergleich zu allen anderen Herstellern wesentlich weniger Zeit hatten, um den Motor zwischen erstem Prüfstandslauf und erstem Rennen zu entwickeln. Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit der Entwicklung des CA. Wir haben in der kurzen Zeit und mit den gegebenen Mitteln wahrscheinlich mehr erreicht, als sich viele vorstellen konnten."

"Wir haben in der kurzen Zeit und mit den gegebenen Mitteln wahrscheinlich mehr erreicht, als sich viele vorstellen konnten." Alexander Hitzinger

Frage: "Gab es überhaupt gravierende Schwierigkeiten bei euch? Was waren die Bereiche, über die ihr euch am meisten den Kopf zerbrechen musstet?"
Hitzinger: "Natürlich gab es auch bei uns Schwierigkeiten. Keine Probleme mit einem neuen Motor zu erwarten, wäre komplett unrealistisch. Die Tatsache, dass unser Motor sehr hoch dreht, bedeutet sehr hohe Belastungen auf alle bewegten Teile im Kurbel- und Ventiltrieb, was natürlich Probleme in diesen Bereichen mit sich bringt. Die Vibrationen haben auch das eine oder andere Problem bezüglich der Befestigung von Anbauteilen aufgeworfen."

"Insgesamt gesehen muss ich aber sagen, der Motor hat von Anfang an sehr gut funktioniert. Wir hatten keine grundlegenden Schwierigkeiten, nur die zu erwartenden Kinderkrankheiten und einige Qualitätsprobleme, was auch normal ist, wenn sich so viel an einem Motor ändert."

Siege bleiben Cosworths erklärtes Ziel für 2006

Frage: "Bei unserem letzten Interview im November hast du den einen oder anderen Sieg als Ziel genannt. Habt ihr diese Zielsetzung inzwischen nach oben oder unten revidiert?"
Hitzinger: "Das Ziel ist weiterhin, Rennen zu gewinnen. Dafür muss natürlich das Gesamtpaket stimmen. In Bahrain werden wir das erste Mal sehen, wo wir stehen."

Frage: "Einige Hersteller - zum Beispiel Mercedes - würden ihren Motor im Moment wahrscheinlich liebend gerne gegen einen Cosworth-V8 eintauschen. Ist das für euch eine besondere Genugtuung?"
Hitzinger: "Das Einzige, was zählt, ist der Erfolg auf der Rennstrecke. Wir haben noch viel zu tun, um unsere Ziele zu erreichen, und somit wäre es nicht klug, sich von den Problemen anderer ablenken zu lassen."

"Das Einzige, was zählt, ist der Erfolg auf der Rennstrecke." Alexander Hitzinger

Frage: "Laut FIA-Präsident Max Mosley kommt Cosworth mit knapp 20 Millionen Euro Jahresbudget aus, während die großen Hersteller seiner Aussage nach bis zu 180 Millionen Euro investieren. Hältst du diese Zahlen für realistisch?"
Frage: "Ich habe keine genauen Informationen bezüglich Budgets von anderen Motorenherstellern."

Frage: "Die 20.000-Touren-Marke wurde von euch bereits im Dezember in Barcelona geknackt. In welchem Bereich bewegt ihr euch jetzt, was Drehzahl und Leistung angeht?"
Hitzinger: "Ich gebe natürlich keine Leistungsdaten an. Die maximale Drehzahl hat sich nicht geändert, aber wir haben den Wirkungsgrad des Motors seither wesentlich verbessert, was sich in einer höheren Leistungsausbeute bei gleicher Drehzahl niederschlägt."

Frage: "Wo siehst du Cosworth im Moment leistungsmäßig im Vergleich zur Konkurrenz?"
Hitzinger: "Das Qualifying in Bahrain wird uns darüber etwas mehr Aufschluss geben."

Frage: "Mark Webber sagt wörtlich: 'Es wäre unrealistisch, von Cosworth zu verlangen, dass sie zwölf Monate lang mit Mercedes, Ferrari und Renault mithalten sollen.' Was hältst du dem entgegen?"
Hitzinger: "Ich denke, Mark hätte vor zwölf Monaten auch für unrealistisch gehalten, was wir bereits jetzt erreicht haben. Die Geschichte hat oft gezeigt, dass man sehr viel mit wesentlich weniger erreichen kann, wenn man eine effektive Strategie anwendet."

Zusammenarbeit mit Williams funktioniert hervorragend

"Bei der Konzeptentwicklung des CA hatte ich besonders im Auge, die nachfolgende Leistungsentwicklung so effizient und ökonomisch wie möglich zu machen. Auch die Organisation innerhalb Cosworths ist jetzt auf maximale Effizienz ausgelegt. Vielleicht sind wir ja in der Lage, Mark wieder zu überraschen!"

Cosworth-Truck

Cosworth will 2006 mit kleinem Budget die großen Werke ordentlich aufmischen Zoom

Frage: "Wie zufrieden bist du mit der Zusammenarbeit mit Williams?"
Hitzinger: "Die Zusammenarbeit funktioniert hervorragend. Wir hatten von Anfang an keine Probleme. Im Prinzip arbeiten wir in derselben Weise mit Williams, wie wir mit Jaguar gearbeitet haben, als wir noch zur selben Firma gehört haben. Jeder ist hoch motiviert mit nur einem Ziel: das Beste auf der Rennstrecke zu erreichen."

"Entscheidungen werden gemeinsam getroffen und auf Fakten basiert, und keiner zögert, einen Kompromiss im eigenen Bereich einzugehen, um das Gesamtpaket zu verbessern. Auch auf persönlicher Basis funktioniert die Zusammenarbeit hervorragend. Es haben sich bereits auf Freundschaft basierende Netzwerke zwischen den beiden Firmen gebildet, was sich sehr positiv auf Kommunikation und Teamwork auswirkt."

Frage: "Williams plant den Einsatz eines Getriebes ohne Zugkraftunterbrechung. Es gab damit doch einige Schwierigkeiten. Gibt es da einen Zusammenhang mit dem Motor und inwieweit seid ihr in die Entwicklung dieses Getriebes involviert?"
Hitzinger: "Wir sind nicht direkt in die Entwicklung des Getriebes involviert, arbeiten aber in den Bereichen zusammen, in denen sich Motor und Getriebe gegenseitig beeinflussen."

Wurz-Aussage: Cosworth besser als Mercedes?

Frage: "Nach welchem technischen Prinzip funktioniert ein Getriebe ohne Zugkraftunterbrechung eigentlich?"
Hitzinger: "Diese Frage sollte an Sam (Michael; Anm. d. Red.) oder Jörg (Zander; Anm. d. Red.) gerichtet werden."

Frage: "Williams äußerte sich sehr lobend über die Arbeit von Alexander Wurz. Könnt ihr auch motorenseitig von seinem Feedback profitieren, und was hat er euch vom Mercedes-V8-Motor erzählt?"
Hitzinger: "Alexander gibt sehr präzise technische Rückmeldungen, was sehr hilfreich ist, um den Motor zu kalibrieren und weiterzuentwickeln. Er hat sich sehr positiv über unseren Motor im Vergleich zum Mercedes-V8 geäußert, wobei er dabei betont, dass es bereits einige Zeit her ist, dass er den Mercedes-Motor gefahren ist."

"Alexander hat sich sehr positiv über unseren Motor im Vergleich zum Mercedes-V8 geäußert." Alexander Hitzinger

Frage: "Mit Bahrain und Malaysia warten gleich einmal zwei extreme Hitzerennen auf die neuen V8-Prototypen. Speziell in Malaysia könnte uns daher ein Motorensterben blühen, nicht wahr?"
Hitzinger: "Das hängt davon ab, wie gut die Kühlungsauslegung der jeweiligen Teams ist. Von der reinen internen Motorbelastung in Bezug auf Volllastanteil und Zylinderdrücken ist die Kombination Bahrain/Malaysia keine der anspruchsvollsten. Nichtsdestotrotz ist es das erste Mal, dass die neuen V8-Motoren die volle Distanz unter Rennbedingungen absolvieren müssen. Mit dem neuen V8-Konzept hat man einfach noch nicht dieselbe Erfahrung wie mit dem V10, somit könnten noch bestehende Schwachstellen in den Motoren zu einer erhöhten Ausfallsrate in den ersten Rennen führen."

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