• 08.12.2002 14:24

  • von Fabian Hust

His: Hinweis auf elektronische Magnetventilsteuerung

Jean-Jacques His hat einen weiteren Hinweis auf den möglichen Einsatz einer elektronischen Magnetventilsteuerung gegeben

(Motorsport-Total.com) - Zusammen mit Jarno Trulli und dem neuen Einsatzfahrer Fernando Alonso will Renault in der kommenden Saison das eine oder andere Mal die Top-Teams ärgern und vor allem mehr als nur einmal auf das Podium fahren ? etwas, das dem Team in der vergangenen Saison verwehrt geblieben ist. Schon Ende November ging das Team mit dem neuen Motor und Getriebe in Valencia erstmals auf die Strecke, und auch wenn die Testzeiten nicht allzu berauschend waren, sprach Jarno Trulli von einem "großen Schritt", den man nach vorne machen konnte.

Titel-Bild zur News: Renault-Nase

Was steckt 2003 im Heck des R203 für ein Motor?

Die ersten Tests fanden mit den neuen Teilen noch im alten Auto statt, dem Team ging es auch zunächst nur darum, den neuen Motor und das Getriebe zu testen. Während das Siebenganggetriebe bereits mehrere Renndistanzen auf dem Prüfstand überstanden hat, bereitet der als "revolutionär" bezeichnete Zehnzylinder noch Probleme.

Jean-Jacques His, Generaldirektor Renault F1 Frankreich, gelobt auf der Renault-Homepage Besserung: "Die Qualität hat in der Mitte der Saison nachgelassen, die daraufhin folgenden Diskussionen haben uns geholfen, auf verschiedenen Gebieten Fortschritte zu erzielen. Der RS22 profitierte von den Verbesserungen gegen Ende der Saison. Der RS23 wird da noch viel besser sein."

Warum genau der neue Motor so anfällig ist, darüber schweigt man sich bei Renault aus. Klar ist nur, dass der Zylinderkopföffnungswinkel von ungefähr 111 Grad beibehalten wird: "Wir verändern die internen Bestandteile, aber wir sehen den Winkel nicht als solch fundamentales Problem, dass wir ihn verändern müssten", erklärt Chefingenieur Pat Symonds. "Trotz der zunächst vorhandenen Probleme mit dem RS21 und dem RS22 sollte die Architektur erhalten bleiben, da waren wir uns einig", so His. Und Jarno Trulli fügt hinzu: "Der Motor ist ein neues Projekt, er ist im Vergleich zu allen anderen Motoren in der Formel 1 andersartig."

Formel-1-Insider vermuten, dass Renaults neuer Motor für 2003 ohne eine Nockenwelle auskommt ? dies wäre in der Tat für die Formel 1 revolutionär. Renault hatte mit angeblich eingesetzten Experimentalmotoren dieser Technologie bei den Wintertests 2000/2001 extrem große Probleme, kaum ein Triebwerk überstand eine Renndistanz. Seltsamerweise gehörte das Team dann in den Rennen zu den zuverlässigeren Teams, Motorschäden gab es nur sehr wenige. Die Erklärung der Formel-1-Insider: Renault testete das neue Motorkonzept aus, konnte es dann aber im Rennen wegen seiner Unzuverlässigkeit nicht einsetzen.

His verrät, dass man an einigen Stellen eine "neue Herangehensweise" verfolgt und deutet verklausuliert an, dass der neue Motor tatsächlich über eine elektronische Magnetventilsteuerung verfügen könnte: "Die äußeren Abmessungen des RS23 sind ähnlich jener des RS22. Die Forschungen konzentrierten sich auf die strukturellen Aspekte des Zylinderblocks, der nun über eine komplette Neukonstruktion mit stark verbesserter Steifheit verfügt. Außerdem ist die Ventilsteuerung anders?"

Scheinbar hat Renault nun das System über die letzten zwei Jahre hinweg auf dem Prüfstand perfektionieren können ? langfristig sind durch die neue Technologie die Motoren in der Formel 1 dadurch kompakter realisierbar. Damit wäre es Renault einmal mehr gelungen, ein revolutionäres Motorkonzept in die Formel 1 einzubringen, nachdem man einst die Turbomotoren und die pneumatische Ventilsteuerung in die Königsklasse des Motorsports brachte. Sollte Renault mit dem Motorkonzept Erfolg haben, so ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis andere Hersteller nachziehen werden.

Die Nockenwelle dient in den "normalen" Motoren dazu, die Einlass- und Auslassventile der Zylinder zu steuern. Bei Renault würden die Ventile dann über Elektromagneten gesteuert werden. Motorexperten anderer Hersteller sind jedoch der Meinung, dass man durch die schweren Magnetspulen keinen Gewichtsvorteil habe, bei BMW arbeitet man angeblich nicht an solch einem System, bei Mercedes soll es hinter verschlossenen Türen entsprechende Experimente geben. Allerdings wurde auch Renaults revolutionäres Turbo-Motorenkonzept eins belächelt ? um dann später von der Konkurrenz kopiert zu werden.

Schon Anfang des Jahres ließ Renault durchsickern, dass der in der vergangenen Saison eingesetzte RS22 eine konservative Weiterentwicklung des R21-Motors ist. Dies erklärt auch, warum Renault 2002 erneut einen eklatanten PS-Rückstand hatte. "Der RS23 wird ein radikaler Schritt sein. Wir werden weniger Kompromisse eingehen müssen", so Jean-Jacques His, Generaldirektor von Renault F1 Frankreich. Mit anderen Worten: Der Motor wird noch viel leichter werden und sein Schwerpunkt wird noch weiter abgesenkt sein ? und es wird wohl keine Nockenwelle mehr geben.

Ob der Motor aber von Anfang an mit den Top-Aggregaten von BMW und Ferrari mithalten kann, darf bezweifelt werden. Eine derart neue Herangehensweise an den Motor führt eigentlich zwangsläufig dazu, dass man zunächst einige Monate Entwicklungszeit benötigt, um die neue Technologie auszureizen. "Unsere Priorität ist es, einen robusten Motor zu haben", erklärt His. "Wenn wir diese solide Basis haben, dann wird auch die Arbeit an der Leistung Ergebnisse bringen."