• 08.12.2002 16:18

  • von Fabian Hust

Jordan: "Warum tue ich mir das eigentlich alles an?"

Eddie Jordan über die Probleme seines Teams und warum seine Mannschaft gerade in schwierigen Zeiten über sich hinauswächst

(Motorsport-Total.com) - Es war die Sternstunde in der Geschichte des Jordan-Teams, als man 1998 mit Damon Hill das erste Rennen gewann und in der Saison darauf mit Heinz-Harald Frentzen gleich zwei Siege einfuhr, lange Zeit sogar Titelchancen hatte und am Ende einen für das Jordan-Mugen-Honda-Team sensationellen dritten Platz in der Konstrukteurswertung belegte.

Titel-Bild zur News: Eddie Jordan

Eddie Jordan sieht durchaus harte Zeiten auf sich zukommen

Nach jener Saison hatte Teamchef Eddie Jordan Blut geleckt, er vergrößerte seine Mannschaft, holte neue Designer und Ingenieure an Bord und träumte vom WM-Titel. Doch das Team fiel zurück und Anfang dieses Jahres musste man 15 Prozent der Belegschaft entlassen, um sich wieder auf ein gesundes Maß "gesund zu schrumpfen".

"Rückblickend hat sich das als cleverer Schachzug erwiesen", so Eddie Jordan gegenüber dem 'Daily Telegraph'. "Wir haben im April und Mai drakonische und alles andere als schöne Entscheidungen gefällt, aus diesem Grund haben wir das Geld, um im kommenden Jahr nach vorne zu kommen. Ansonsten wäre uns jetzt das Geld ausgegangen. Es war die cleverste Entscheidung, die wir treffen konnten, denn wir sahen etwas kommen. Wir haben Kritik einstecken müssen, weil die Leute es als widerlich empfunden haben, aber jetzt kritisiert uns keiner mehr."

Als das Jordan-Team Mitarbeiter entlassen musste, da wusste man noch nicht, dass sich die 'Deutsche Post' als Sponsor zurückziehen wird, aber man hatte es vielleicht schon vermutet. Schon damals gab es entsprechende Gerüchte und der irische Teamchef ist schon lange genug im Geschäft, um zu wissen, dass man angesichts ausbleibender sportlicher Erfolge einen Sponsor nur schlecht halten kann.

Jordan ist schon seit 1991 in der Formel 1 aktiv und angesichts des in den letzten Jahren erfolgten Rückschlags ist es verständlich, dass der 54-Jährige auch mal darüber nachgedacht hat, sich aus der Formel 1 zurückzuziehen, doch immer wieder hält ihn der Wunsch davon ab, doch noch den WM-Titel einzufahren: "Ich habe mich schon einmal gefragt, warum ich mir das eigentlich alles antue. Aber was sollte ich stattdessen machen? Golf spielen? Schrecklich, habe ich doch schon gemacht. Klar ist es ein Kampf. Es gibt Zeiten, da ist man eben niedergeschlagen. Aber wer nicht niedergeschlagen ist, der kann auch die besseren Zeiten nicht genießen."

Laut dem Iren arbeitet sein Team "100 Mal besser, wenn es mit dem Rücken zur Wand steht. Wenn das Geld knapp ist, dann sind die Ergebnisse des Teams auf der Strecke oftmals viel besser. Wenn du mit deinem eigenen Geld haushalten musst, dann geht man besser damit um. Ich habe die Testfahrten beschnitten, das Testteam verkleinert und andere Maßnahmen zur Kosteneinsparung verabschiedet. Was ich aber nicht gemacht habe, ist die Entwicklung des Autos zu beschneiden. Das ist ein heiliges Gebiet und genießt Priorität."

Worte der Kritik richtet Eddie Jordan an die Medien, die im Moment in seinen Augen eine Negativstimmung verbreiten: "Für ein Unternehmen ist es da schwierig zu sagen, dass man 18, 20, 30 oder 50 Millionen Dollar in ein Motorsportprogramm investiert." Zudem sei es schwierig, im Dezember neue Sponsoren zu finden: "Aber nach Weihnachten und Neujahr, wenn die Leute wieder aufwachen, dann denken sie, dass man vielleicht in Australien, Monaco und so weiter dabei sein sollte."

Aus diesem Grund kommt auf Eddie Jordan auch in den letzten Wochen vor dem Saisonstart noch viel Arbeit zu: "Wir sind flexibel, aber das gibt uns keine Garantien, dass wir überleben werden, denn niemand weiß, was hinter der nächsten Kurve kommt." Im Moment jedenfalls sind die Sponsorengespräche wichtiger als die Fahrer: "Das ist unser letztes Problem. Man muss sich doch nur einmal anschauen, wer uns alles die Türe einrennt ? von Alex Yoong über Pedro de la Rosa, Enrique Bernoldi, Eddie Irvine oder Felipe Massa?"

Hoffnungen macht sich Eddie Jordan in die in das Team zurückgekehrten Mitarbeiter Gary Anderson und Henri Durand sowie den neuen Cosworth-Motor: "Ich hoffe, dass wir dort zurückkehren, wo wir einmal waren ? auf die Siegerstraße. Der Motor wird uns mit seinem Gewicht und seine Leistung einen deutlichen Zeitenvorteil bringen, den wir mit einer verbesserten Aerodynamik untermauern werden. Wir können mit Sicherheit nicht sagen, dass wir Teams wie McLaren und Williams schlagen werden, aber eines ist sicher, wir werden an ihrem Auspuff schnuppern."