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  • 19.11.2010 19:16

Hembery-Interview: Erster Testtag "erfolgreich"

Trotz eines Reifenschadens bei Sebastian Vettel ist Pirelli-Sportchef Paul Hembery zufrieden mit dem ersten offiziellen Testtag in Abu Dhabi

(Motorsport-Total.com) - Wenn ausgerechnet beim frischgebackenen Weltmeister gleich am ersten Testtag ein Reifenplatzer auftritt, ist das für einen Pneuhersteller wie Pirelli kein gelungener Einstand in die Formel 1. Doch abgesehen vom Problem bei Sebastian Vettel verlief der Auftakt in Abu Dhabi reibungslos, sodass Sportchef Paul Hembery eine positive Zwischenbilanz ziehen kann.

Titel-Bild zur News: Paul Hembery

Paul Hembery ist zufrieden mit dem ersten Pirelli-Testtag in Abu Dhabi

Frage: "Paul, ihr hattet heute gegen Ende des Tages einen Reifenschaden rechts hinten bei Sebastian Vettel. Stimmt das?"
Paul Hembery: "Ja. Ganz am Ende des Tages trat in der Anfahrt zu Kurve elf ein plötzlicher Luftverlust auf. Die Jungs sind gerade auf der Strecke, um zu untersuchen, was diesen Schaden verursacht haben könnte. Generell ist die Strecke nach sechs Tagen Fahrbetrieb ziemlich verdreckt, es liegen viele Teile auf dem Asphalt und uns fallen einige Schnitte an den Hinterreifen auf. Das ist nichts Widerspenstiges, wir müssen nur herausfinden, woher das kommt."

Frage: "Trat der Reifenschaden mit der Medium- oder der Softmischung auf?"
Hembery: "Soft."

Nie bei hohen Temperaturen getestet

Frage: "Abgesehen davon: Wie bewertest du euren ersten offiziellen Testtag?"
Hembery: "Als sehr erfolgreich. Wir haben die letzten Monate nur in Europa getestet, wo es kühl war, daher konnten wir dort nicht bei hohen Temperaturen testen. Außerdem haben wir hier zwölf verschiedene Autos und verschiedene Fahrer, was sehr interessant ist und uns jede Menge Informationen beschert. Die Jungs werden die Nacht durcharbeiten, um alle Informationen zu analysieren."

Frage: "Wo steht ihr deiner Meinung nach mit den Mischungen? Das Feedback einiger Fahrer ist, dass sie recht konservativ sind."
Hembery: "Der Prime vielleicht, aber der ist nicht für diese Strecke gedacht. Mit dem weicheren Reifen sind wir sehr zufrieden. Wenn wir hier morgen ein Rennen fahren würden, dann würden wir wohl eine Supersoft-Mischung anbieten. Das ist Teil der Übung, denn es gibt keinen Ersatz für das Testen."

"In diesem Fall war es sehr nützlich, das Niveau zu erforschen. Es gibt kein Buch, in dem steht: 'Eine weiche Mischung ist so und so.' Wir geben diese Informationen heraus, um die Sache zu vereinfachen, aber unsere weichen Reifen sind gemessen an der Palette eines anderen Reifenherstellers vielleicht hart. Genau darum geht es ja: zu verstehen, wo unsere Rennpalette im Vergleich zu dem steht, was in diesem Sport bisher üblich war."

Frage: "Die Rundenzeiten sind nicht sonderlich wichtig, aber die Teams sagen, dass die Reifen um ungefähr zwei Sekunden langsamer sind als die Bridgestones. Bist du zufrieden damit, einigermaßen dabei zu sein?"
Hembery: "Wir haben uns das nicht wirklich angesehen. Wenn wir uns die Rennzeiten anschauen, sind wir sogar um zwei Sekunden schneller. Wie vergleicht man das auf einer Strecke, auf der so viele verschiedene Autos und Mischungen gefahren wurden?"


Fotos: Pirelli-Tests in Abu Dhabi, Freitag


"In Wahrheit sind die Zeiten relativ und die einzige Möglichkeit, einen echten Vergleich zu bekommen, ist, wenn ein Fahrer im gleichen Auto am gleichen Tag verschiedene Reifen testet. Wir sind zufrieden mit den Zeiten, die scheinen okay zu sein - da gibt es nichts Abnormales. Man muss auch verstehen, dass die Teams hier Autos fahren, die für die Reifen eines anderen Herstellers designt wurden."

Strecke wurde so gut es geht gereinigt

Frage: "War das viele Bridgestone-Gummi auf der Ideallinie ein Problem?"
Hembery: "Wir haben letzte Nacht versucht, die Strecke zu reinigen, weil wir ein bisschen Gummi von der Strecke runterbekommen wollten. Das war nicht besonders erfolgreich, denn wir hatten heute viel Pickup. Das hilft unserer Meinung nach nicht. Hoffentlich wird es morgen ein bisschen einfacher, wenn wir einen Tag hinter uns haben und italienisches statt japanisches Gummi liegt. Das hat große Auswirkungen. Wann immer wir an eine Strecke kommen, wo zuvor andere Reifen gefahren wurden, brauchen wir tendenziell einen Tag, um die Strecke zu reinigen."

Frage: "Wie zufrieden bist du mit dem, was ihr bisher erreicht habt, wenn man bedenkt, dass ihr für dieses Projekt nicht viel Zeit hattet?"
Hembery: "Wir sind sehr glücklich, aber wir sind auch Profis und sind daher nicht zufrieden, bis wir beim ersten Rennen sind. Wenn wir das erste Rennen hinter uns haben und alle glücklich sind, die erste Siegerehrung vorbei ist, dann werden wir uns vielleicht ein Bierchen genehmigen. Aber davor wird das nicht passieren."

"Im Februar gibt es vier große Tests, bei denen die Teams viele neue Ideen an ihren Autos ausprobieren werden. Wir haben vor der neuen Saison viel zu tun. Bisher sind wir zufrieden, aber wir haben einiges an Arbeit vor uns. Wie sich jeder vorstellen kann, ist es logistisch eine aufwendige Operation, bei der es nicht nur um Reifentechnologie geht, sondern auch darum, viele Menschen um die Welt reisen zu lassen und die Logistik und die Fabrik am Laufen zu halten. Wir sind also glücklich, aber nach dem ersten Rennen werden wir glücklicher sein."

Pirelli-Reifen

Die Pirellis hatten am ersten Testtag noch jede Menge Bridgestone-Pickup Zoom

Frage: "Heute Nachmittag haben wir gesehen, dass die Fahrer drei schnelle Runden hinlegten, aber dann stiegen die Rundenzeiten stark an. Hatte das strategische Gründe?"
Hembery: "Nein. Wir untersuchen die Rundenzeiten, denn einige von ihnen sind sehr bizarr. Sie fahren drei Runden, dann werden sie langsamer - und dann geht es wieder."

"Der weiche Reifen wird mit der Zeit konstanter, insofern haben wir heute ein gutes Niveau an Konstanz erlebt, zumindest für diesen Reifen unter diesen Bedingungen. Die Formel 1 bittet uns, keine Reifen zu bauen, die 60 Runden ohne Verschleiß überstehen. Wenn sie das wollen, können wir es machen, aber das war nicht, worum sie uns gebeten haben."