Helmut Marko: Bei Ferrari hat "irgendwas nicht gestimmt"

Helmut Marko glaubt, dass Ferrari in Melbourne weniger Motorleistung zur Verfügung hatte, hält aber nichts von Theorien über einen Kuhhandel mit der FIA

(Motorsport-Total.com) - Ferrari hat im ersten Freien Training in Bahrain (Formel 1 2019 live im Ticker) mit einer Doppel-Bestzeit angedeutet, dass Melbourne womöglich nur ein Ausrutscher war. Eine Erkenntnis, die Helmut Marko schon am Montag erahnte, als wir ihn in seinem Grazer Büro zum Interview baten: "Ein Indiz ist, dass Leclerc mit den weißen Reifen [in Melbourne] schneller unterwegs war als Vettel mit den gelben. Das heißt also, da hat irgendetwas nicht gestimmt", sagte er da.

Titel-Bild zur News: Helmut Marko

Helmut Marko glaubt, dass Ferrari in Melbourne stark PS-limitiert war Zoom

Die Theorie, dass Ferrari mit seinem Frontflügel-Konzept nur auf den Bodenwellen des Albert Park Schwierigkeiten hatte, auf ebeneren Strecken aber wie in Barcelona dominieren wird, hält Red Bulls Motorsportkonsulent jedoch für "überbewertet. Der Frontflügel bestimmt schon mehr oder weniger das Konzept des Autos. Aber es sind noch viele andere Sachen da vorn, die genauso eine Rolle spielen."

Im Rennspeed sei "nur Bottas ein Ausreißer" gewesen: "Ferrari und wir waren auf dem gleichen Level. Auch Gasly ist schnellere Rundenzeiten gefahren, als er einmal frei fahren konnte, als der Ferrari. Wobei schon ganz klar ist, dass Ferrari underperformt hat. Und auch Haas."

"Wir wissen das nicht genau, aber ich glaube, dass sie einfach zurückgeschraubt haben mit der Leistung, weil sie Kühlungsprobleme hatten. Der Haas war ja in der Relation auch plötzlich langsamer", äußert Marko seine ganz eigene Theorie zur Ferrari-Darbietung in Melbourne. Im Paddock ist die Rede davon, dass Ferrari deshalb bis zu 30 PS gefehlt haben könnten.

Vettel lacht über Marko-Aussage, dementiert sie aber nicht

Sebastian Vettel wurde am Donnerstag in Bahrain auf die Marko-Theorie mit den Kühlungsproblemen angesprochen. Er tat diese mit einer flapsigen Bemerkung ab: "Wir haben im Flieger nach Hause ziemlich gelacht. Helmut hat geschlafen. Ich frage mich, wie er da seine Analyse gemacht hat!" Dass Marko falsch liegt, behauptet der Ferrari-Fahrer aber nicht.

Ferrari-Gegner kamen prompt auf die Idee, ein etwaiges Leistungsdefizit 2019 könnte die Folge eines geheimen Kuhhandels mit der FIA gewesen sein. 2018 wurde Ferrari unterstellt, im Bereich des Energiemanagements und auch beim Verbrennen von Öl getrickst zu haben. Kurz darauf reagierte die FIA mit technischen Richtlinien, um Schlupflöcher im Reglement zu stopfen.

Ein Regelverstoß konnte Ferrari nie konkret nachgewiesen werden. Verschwörungstheoretiker im Internet vermuten nun, dass die FIA die Scuderia 2018 hat gewähren lassen, um einen Skandal zu vermeiden. Unter der Auflage, dass der 2019er-Motor wieder hundertprozentig legal sein muss. Das ist aber nicht mehr als eine nicht belegte Internet-Spekulation aus wenig seriösen Quellen.

Ferrari fehlt der Boost aus der Saison 2018

Marko, von uns mit solchen Verschwörungstheorien konfrontiert, unterstellt nicht, dass Ferrari betrogen hat: "Die FIA hat sehr gut reagiert und diverse Schlupflöcher gestopft oder minimiert. Dadurch gibt es diese Ausreißer, wie sie Ferrari hatte, als sie auf den Geraden in den letzten 25 oder 30 Prozent noch einmal einen richtigen Schub hatten, nicht mehr. Gut so", sagt er.

Vielmehr ist der Österreicher der Ansicht, dass Ferrari in Melbourne einfach danebengegriffen hat: "Vettel ist nur drei halbwegs schnelle Runden gefahren, dann ist er schon zurückgefallen. Von der Temperatur und vom ganzen Reifenabbau her war Ferrari auf dem gelben Reifen keine Gefahr. Wir sind problemlos dahingefahren mit dem Reifen und haben Reserven drin gehabt", analysiert er.

Und weiter: "Ich sehe es als einen Dreikampf. Das wird streckenspezifisch seine Auswirkungen haben. Und dann ist die Frage: Wie gut ist die Weiterentwicklung? Die wird massiv sein, denn es sind sich alle drei im Klaren: Wenn du so einen Dreikampf hast, musst du ans Limit der Kapazitäten und Ressourcen gehen."