• 16.04.2011 14:15

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Heidfeld: "So einfach ist es nicht"

Nick Heidfeld verteidigt seine Vorgehensweise im Qualifying in Schanghai, während Teamchef Eric Boullier mehr Konstanz fordert

(Motorsport-Total.com) - Nach dem verpatzten Saisonauftakt in Melbourne und dem Podestplatz in Sepang setzte es für Nick Heidfeld heute wieder einen Rückschlag: Im Qualifying in Schanghai schied er als 16. schon in Q2 aus. Trotzdem nimmt er morgen Punkte ins Visier: "Das ist das Ziel", erklärt Heidfeld gegenüber 'Motorsport-Total.com'. "Wir starten gut. Das bedeutet nicht, dass wir immer vier oder fünf Plätze gutmachen können, aber es ist gut zu wissen. Und wir haben einen guten Topspeed - vielleicht sogar den besten, wenn auch nicht mit großem Abstand."

Titel-Bild zur News: Nick Heidfeld

Nick Heidfeld verpatzte heute schon das zweite Mal ein Qualifying

Also hätte der Renault eigentlich schon heute ein viel besseres Ergebnis zulassen sollen, wie man an Witali Petrows viertem Platz in Q2 ablesen kann. "Mit Witali hatten wir die Pace, in die Top 5 zu fahren und vor Ferrari zu landen", ist Teamchef Eric Boullier überzeugt. "Dann leider dieses Motorenproblem in Q2, das auch noch die Strategie von Nick durchkreuzt hat. Die Pace ist da und unser Auto kommt mit den Reifen sehr gut zurecht, also müssen wir uns für morgen eine aggressive Strategie ausdenken. Vielleicht dreht sich dann alles um."

Heidfeld verteidigt Vorgehensweise

Heute lief alles schief, was schief laufen konnte: Petrow hatte seine schnelle Runde gerade beendet, als er mitten auf der Strecke ausrollte und damit eine rote Flagge verursachte. Heidfeld, der in Q2 erst zweieinhalb Minuten vor Schluss aus der Box gegangen war, geriet damit plötzlich unter Druck. Daher stellen sich viele die Frage: Wer hat entschieden, so spät rauszugehen? "Wir haben die letzten Rennen analysiert und schon davor entschieden, was wir in welchem Fall machen müssen", sagt Heidfeld.

"Wir werden jetzt untersuchen, was wir in Zukunft besser machen können", sieht der Deutsche ein. Allerdings ärgert er sich über Darstellungen, wonach es nicht schwierig gewesen wäre, eine Situation wie heute zu vermeiden, denn: "Es ist nicht so einfach, wie es von außen aussieht, dass man halt früher rausgehen muss und dann ist alles gut. Der limitierende Faktor für uns ist, dass wir mindestens einen frischen Satz Options in jedem Qualifying brauchen. Das gilt für alle außer Vettel. Ich brauche in Q2 einen Satz, um Q3 zu schaffen. In Q3 brauche ich auch einen, sonst bin ich Zehnter."


Fotos: Nick Heidfeld, Großer Preis von China


Es wie Mercedes zu machen (also in Q2 einen Run mit harten und erst den zweiten mit frischen weichen Reifen zu fahren), ergibt für "Quick Nick" bei fast eineinhalb Sekunden Performance-Unterschied zwischen Soft und Hard von Pirelli keinen Sinn: "Das sieht besser aus, weil man mehr Runden fährt, aber in Wahrheit bringt es nichts." Nico Rosberg gibt ihm recht: "Ich glaube nicht, dass das viel bringt, denn die Primes sind so weit von den Options weg. Der einzige Sinn ist, dass du auf diese Weise mal zumindest irgendeine Zeit hast."

"Normalerweise", wirft Michael Schumacher ein, "stimmt das, aber du weißt nie, wie sich eine Session entwickelt. Du willst nicht zu früh mit den Options rausgehen, weil du sonst nicht mehr genug hast. Also kannst du ebenso gut mit Primes anfangen, denn damit hast du mal eine Zeit auf dem Konto - und wenn es Unfälle gibt oder was auch immer, sparst du dir einen Reifensatz. Aber normalerweise braucht man am Ende dann trotzdem noch einen Satz Options."

Je später, desto besser

Heidfeld fährt fort: "In Malaysia sind wir etwas früher rausgegangen, um den Verkehr zu vermeiden, aber du kannst mit dem Verkehr Glück oder Pech haben. Heute hatten wir die rote Flagge. Dadurch ging uns am Ende die Zeit aus. Es ist also nicht so einfach. Wir bedenken zum Beispiel auch, dass die sehr schnellen Autos in Q2 früh rausgehen, um eine Zeit zu setzen, mit der sie sicher weiter sind. Das bedeutet, dass am Ende nicht mehr alle 17 Autos auf der Strecke sind. Aber wenn es eine rote Flagge gibt, kannst du nichts machen."

Im Gegenteil spricht sogar viel dafür, so spät wie möglich auf die Strecke zu gehen, denn je länger eine Session dauert, desto mehr Grip bietet normalerweise der Asphalt. "Nick wollte in Q2 nur eine Runde fahren", erinnert sich Boullier an die Diskussionen innerhalb des Teams. "In Q1 war er nicht so schnell wie erwartet, also blieben wir bei der ursprünglichen Strategie, ihn bei den besten Streckenbedingungen rauszuschicken, sodass er es schaffen kann. Aber als die rote Flagge rauskam, war es zu spät."

"Beide Autos in den Punkten, das sollte schon möglich sein - und für Witali ein fünfter Platz." Eric Boullier

"Beide Autos in den Punkten, das sollte schon möglich sein - und für Witali ein fünfter Platz", gibt sich der Franzose dennoch optimistisch. Dabei muss Heidfeld morgen mit dem alten Frontflügel fahren: "Der neue ist besser, sonst würden wir ihn ja nicht verwenden. Aber es bringt nichts, dem nachzuweinen. Ich habe es selbst weggeworfen", weiß der Renault-Pilot. Um die neueste Spezifikation hat er sich am Freitag mit zwei selbstverschuldeten Ausrutschern im Freien Training gebracht.

Wichtig ist nach den Wellenbewegungen daher, endlich Konstanz ins Renault-Gefüge zu bringen: "Wir müssen sicherstellen, dass wir in jeder Session konstant sind", fordert Boullier - eine Aussage, die Heidfeld nur unterschreiben kann: "Ja, das stimmt sicher. Meine ganze Karriere ist ein Auf und Ab, aber innerhalb einer Saison bin ich normalerweise sehr konstant. Daher bin ich nicht glücklich, wie es bisher hier gelaufen ist, aber heute ist ja erst Samstag", blickt der 33-Jährige schon auf den morgigen Grand Prix von China.