• 06.05.2006 19:26

Heidfeld: "Ich bin im Moment etwas ratlos"

Der BMW Sauber F1 Team Pilot im ausführlichen Interview über sein Tief, das im Rätsel aufgibt, den Speed der Autos und viele andere Themen

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Was ist dein Fazit des Qualifyings?"
Nick Heidfeld: "Ich bin sehr enttäuscht, ich weiß aber gleichzeitig leider noch nicht, woran es liegt. Die Balance des Autos war zwar jetzt nicht optimal, aber nicht so schlecht, als dass ich mir den Rückstand erklären könnte."

Titel-Bild zur News: Nick Heidfeld

Nick Heidfeld hat keine Ahnung, warum es derzeit bei ihm nicht läuft

Frage: "Lief es im ersten Qualifying besser als im zweiten Durchgang?"
Wenn man sich die Positionen anschaut, dann lief es besser, ja. Ich war Vierter oder Fünfter. Ich bin dann aber bei der selben Rundenzeit geblieben. Ich konnte meine Rundenzeit dann nicht verbessern."#w1#

Frage: "Hattest du beide Male einen neuen Satz Reifen verwendet?"
Heidfeld: "Ja."

Frage: "Man kann in den letzten Rennen den Eindruck gewinnen, als würde das Team den Anschluss an die Konkurrenz verlieren..."
Heidfeld: "Wenn man sich Imola anschaut, dann sieht es bestimmt so aus. Heute beim Jacques lief es nicht schlecht. Er ist unter die ersten Zehn bekommen, das haben wir in diesem Jahr nicht jedes Mal geschafft. Bei mir läuft es im Moment nicht, wobei man meiner Meinung nach nicht sagen kann, dass wir im Moment den Anschluss verlieren."

Frage: "Seid ihr hier relativ wenig gefahren?"
Heidfeld: "Nein, eigentlich mehr als sonst. Wir fahren natürlich generell wenig, um Reifen und Motor zu schonen. Ich bin aber eigentlich an diesem Wochenende mehr gefahren als beim letzten Rennen. Was den Motor betrifft, sind wir uns etwas sicherer, was die Laufleistung angeht. Deshalb bin ich jetzt etwas mehr gefahren."

Frage: "Was versprechen die Startplätze für das Rennen?"
Heidfeld: "Der Jacques ist in einer guten Position, um in die Punkte zu fahren. Für mich wird es vom 13. Startplatz schwierig, da ist es nicht einfach, nach vorne zu kommen. Aber es ist möglich, wir haben in diesem Jahr ein paar Rennen gesehen, bei denen wir auch von verhältnismäßig schlechten Positionen nach vorne gekommen sind."

Frage: "Was sagst du denn dazu, dass die Pole-Position-Zeit auf dem Niveau des Vorjahres liegt? War das zu erwarten, dass man schon nach fünf Rennen auf dem Niveau von 2005 liegt?"
Heidfeld: "Es ist nicht nur heute sondern schon das ganze Jahr über erstaunlich gewesen, wie schnell die Rundenzeiten sind. Das hätte ich nicht erwartet. Ich dachte, dass wir durch den Achtzylinder mehr Zeit verlieren. Aber dadurch, dass die Reifen und die Aerodynamik besser sind, haben wir diese Zeit schon wieder gutgemacht. Das hätte ich nicht gedacht."

Frage: "Geht diese Entwicklung jetzt so weiter?"
Heidfeld: "Ja, wir werden uns immer weiter steigern, ganz klar. Die Formel 1 wird immer schneller werden, wenn das Reglement das gleiche bleibt."

Frage: "Sind wir dann also am Ende des Jahres um ein bis zwei Sekunden schneller als im Vorjahr?"
Heidfeld: "Nein, ich glaube nicht, dass wir um ein bis zwei Sekunden schneller sein werden als im Vorjahr. So groß sind die Steigerungen nicht. Das ist aber auch immer von der Strecke abhängig. In Monza werden wir sicherlich langsamer sein, da geht es ja nur geradeaus."

Frage: "Wo glaubst du, wird der Unterschied am größten sein?"
Heidfeld: "Also ich glaube, dass der Unterschied in Monza am größten sein wird."

Frage: "Gibt es von deiner Seite aus Bedenken, was die Geschwindigkeiten in den Kurven angeht, dass man hier eingreifen sollte?"
Heidfeld: "Nein, ich denke, dass wir uns immer noch im vertretbaren Rahmen befinden. Aber ganz offensichtlich wollte man durch die Achtzylinder-Motoren die Geschwindigkeiten senken, was nicht geglückt ist. Also muss man da wohl wieder einschreiten. Ich denke da eher an das Auto und an die Reifen, wenn wir auf den Einheitsreifen wechseln. Dann werden die Rundenzeiten mit Sicherheit langsamer werden."

Frage: "Um wie viel seid ihr denn in den schnellen Kurven jetzt schneller? Fernando Alonso meinte, dass man um rund 15 Stundenkilometer schneller ist."
Heidfeld: "Keine Ahnung, da müsste ich jetzt in den Daten nachschauen. Es könnte sein, dass dies auf Silverstone zutrifft. Das ist mit Sicherheit nicht das normale, dass es so viel ist, aber es ist möglich."

Frage: "Er sagte auch, dass man an der einen oder anderen Stelle deswegen die Kurve überarbeiten müsse."
Heidfeld: "Ja, das Risiko ist schon größer, es kommt darauf an, an welcher Stelle man abfliegt. Am Ende der Geraden hat man weniger Speed drauf, da ist die Sicherheit dementsprechend höher. Wenn wir jetzt am Scheitelpunkt der Kurven um zehn oder um 15 Stundenkilometer schneller sind, dann ist die Gefahr natürlich größer, wenn du abfliegst."

Frage: "Wie geht es jetzt euch mit der Entwicklungsarbeit weiter? Ist es problematisch, dass jetzt, wo du Probleme hast, die Rennen so dicht aufeinander folgen?"
Heidfeld: "Natürlich würde man sich wünschen, dass es perfekt läuft, wenn man so viele Rennen hintereinander hat. Das kann man sich nicht aussuchen, es ist für alle das gleiche. Wir arbeiten so hart, wie wir können, haben jetzt für das Rennen hier auf der Aerodynamik-Seite nicht viele Entwicklungen gehabt, dafür aber im Bereich des Motors. Ich weiß aber, dass es im Windkanal immer besser läuft, wir können ihn besser ausnutzen, da wir mehr Leute bekommen. Wir tun, was wir können."

Frage: "Man sagt ja immer, dass gewisse Strecken bestimmten Autos entgegenkommen. Kann man dies in diesem Jahr immer noch sagen, und wenn ja, auf welchen Strecken rechnest du dir besonders viel aus?"
Heidfeld: "Ich kann da im Moment noch keinen Trend festmachen. Ich sehe nicht, dass wir auf einer Strecke, die besonders langsam oder schnell ist, viele Kurven oder wenig Kurven, viele Randsteine oder wenig Randsteine, diesen Belag oder jenen Belag hat, einen Vorteil oder Nachteil haben sollten. Vielleicht wird sich das im Verlauf der Saison noch etwas herauskristallisieren, aber im Moment sehe ich das nicht."

Frage: "Du hast gesagt, dass ihr hier eine neue Ausbaustufe des Motors habt. Kann man dies als Fahrer auf der Strecke spüren?"
Heidfeld: "Wenn man es direkt hintereinander vergleichen würde, ja, jetzt vom letzten auf dieses Rennen, nein. Dazu sind die Unterschiede zu, denn es macht schon einen großen Unterschied aus, wenn man auf einer anderen Höhe ist und der Luftdruck dadurch unterschiedlich ist, du ein anderes Setup fährst und so weiter. Der Prüfstand sah, dass wir mehr Leistung haben, aber als Fahrer kannst du nicht sagen, dass man über mehr Leistung verfügt."

Frage: "Wie groß ist eigentlich der Anteil im Rennen, in dem ihr mit voller Drehzahl fahrt?"
Heidfeld: "Wir haben da eine gewisse Distanz, in der wir frei drehen dürfen, aber ich kann dir jetzt mit Sicherheit nicht sagen, wie viel Drehzahl das ist und wie viele Runden. Wir fahren aber mit einer Drehzahl, die für uns hoch ist, die meiste Zeit des Rennens über. Wir können nicht das ganze Rennen über mit der Maximaldrehzahl fahren. Es kommt natürlich auch auf die Temperatur drauf an. In Imola mussten wir zum Beispiel mit den Drehzahlen etwas zurückgehen, weil dort die Temperaturen um 5 Grad höher waren als erwartet. Da musste man dann halt etwas mit der Drehzahl zurückgehen, um nicht zu überhitzen. Und es kommt natürlich auch auf die Position an. Wenn du im letzten Abschnitt des Rennens meilenweit keinen vor oder hinter dir hast, dann gehst du auch zurück."

Frage: "Überrascht es dich, wie stark im Moment der Jacques unterwegs ist? Wie gehst du damit um, spornt dich das an?"
Heidfeld: "Es ist ärgerlich, dass es für mich so schlecht läuft. Natürlich ist es noch ein bisschen schlimmer, wenn dann noch der Teamkollege vor einem steht. Ich hätte nicht erwartet, dass er so stark ist."

Frage: "Glaubst du, dass er so stark ist, oder ist einfach bei dir im Moment der Wurm drin?"
Heidfeld: "Ich glaube, dass beides der Fall ist. Wenn er langsam fahren würde, dann würde er nicht unter die ersten Zehn kommen. Er ist hier mit Sicherheit ein gutes Qualifying gefahren. Gleichzeitig läuft es bei mir nicht, warum auch immer. Ich versuche noch, das herauszufinden."

"Das ist für mich eine neue Situation. Ich bin doch jetzt schon einige Jahre dabei, nicht nur in der Formel 1 sondern auch in anderen Serien und ich habe es noch nie erlebt, dass ich so etwas sagen musste. Es passt nicht mit dem Auto und ich bin im Moment etwas ratlos."

Frage: "Du hattest bei dem letzten Test in Silverstone gesundheitliche Probleme, was ist da genau passiert?"
Heidfeld: "Ich hatte einen Krampf in einem Muskel im Rücken. Der Krampf ist ziemlich schnell reingeschossen, ich bin dann an die Box gekommen, etwas anderes war nicht möglich. Ich bin dann in der Schweiz zu einem Physiotherapeuten gegangen."

"Dieser hat dann festgestellt, dass ich ein Problem mit einer Rippe hatte, die in einer Richtung blockiert war. Dies hat dann den Muskelkrampf hervorgerufen. Die Rippe wurde gelöst, die Bewegung ist wieder da, und der Muskelkrampf hat sich dann auch in ein paar Tagen wieder gelöst."

Frage: "Hast du eine dumme Bewegung gemacht?"
Heidfeld: "Nein, ich glaube, dass die Rippe da der ausschlaggebende Faktor gewesen ist. Seit wann und warum diese blockiert war, kann ich nicht sagen. Nach Aussage des Arztes kann dies verschiedene Gründe haben. Dies muss nicht spezifisch etwas mit dem Fahren oder einer speziellen Kurve zu tun haben."

Frage: "Es gibt ja gerade hitzige Diskussionen über die Szene zwischen Villeneuves und Fisichella, wird euch gesagt, dass ihr auf eurer Runde aus der Box den anderen Platz machen müsst?"
Heidfeld: "Ich weiß nicht, was im Reglement steht, aber wir haben oft genug Fahrerbesprechungen, da wird das gesagt. Man soll natürlich keinen Fahrer behindern, gerade, wenn man sich auf einer langsamen Runde befindet und dass es dafür auch Strafen geben kann. Das ist die Information, die wir als Fahrer haben."

Frage: "Hast du mitbekommen, wie der Fisichella ausgerastet ist?"
Heidfeld: "Leider nur, wie er schon in der Box stand. Ich habe es nur danach auf dem Bildschirm in der Wiederholung gesehen. Auf der Strecke habe ich gar nichts gesehen."