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Heidfeld: "Es ist blöd gelaufen"
Renault-Fahrer Nick Heidfeld spricht im Interview über den unglücklichen Ablauf seiner Qualifikation und über seine Hoffnungen für das Auftaktrennen
(Motorsport-Total.com) - So hatte sich Nick Heidfeld die Qualifikation von Australien sicherlich nicht vorgestellt: Der Renault-Pilot musste schon nach 20 Minuten aussteigen, da es ihm nicht gelungen war, sich für die zweite Teilsession zu qualifizieren. Im Interview schildert der Deutsche seine Erlebnisse im Albert Park und erklärt, weshalb er bereits vorzeitig in den Feierabend gehen konnte. Heidfeld fügt aber auch hinzu, dass er sich angesichts der neuen Regeln für das Rennen durchaus noch etwas ausrechnet.

© xpb.cc
Nick Heidfeld schied in Melbourne schon in Q1 aus und startet von Position 18
Frage: "Nick, du bist nicht 1,5 Sekunden langsamer als dein Teamkollege Witali Petrow. Was war da los in der Qualifikation von Australien?"
Nick Heidfeld: "Das Ergebnis ist nicht das, was ich erwartet hatte. Ich hatte mir natürlich etwas ganz anderes erhofft. Schlimmer hätte es kaum kommen können. Das Hauptproblem war, dass ich einfach Pech hatte mit dem Verkehr."
"Michael war einmal im Weg, aber dabei war ich auf den harten Reifen unterwegs. Das war also nicht das Problem. Das Problem war vielmehr: Ich fuhr aus der Box heraus und wollte mir eine schöne Lücke suchen. Nur weiß man halt nicht, wann die anderen hinausfahren. Prompt hatte ich in der Boxengasse einen Lotus und einen Virgin vor mir."
"Ich wollte diese Jungs eigentlich auf der Aufwärmrunde überholen, doch das ging nicht. Diese Fahrer machten ebenfalls Druck, um keine Position zu verlieren. Ich ließ aus diesem Grund eine Lücke, hatte dann aber das Problem, dass mein KERS nicht funktionierte. Ich verstellte die ganze Zeit über einige Dinge, damit es endlich klappte."
Heidfeld erwischt keine freie Runde
Frage: "Was genau stimmte nicht mit deinem KER-System?"
Heidfeld: "Es gab keine Power ab. In der nächsten Runde bin ich recht früh auf meine Vorderleute aufgelaufen und entschied mich, noch einmal zurückzustecken. Ich ließ einige Autos vorbei, musste aber irgendwann wieder Gas geben."
"Hinter mir kam dann Alonso und da konnte ich mich nicht noch weiter zurückfallen lassen, weil ich schon zwei Kurven vor dem Ende der Runde war. Fernando ließ mich schließlich ziehen, denn er hatte seinen Versuch schon abgeschlossen. Ich musste noch zusätzlich zwei Autos überholen - auf meiner schnellsten Runde. Am Virgin ging ich mit Ach und Krach auf der Gegengeraden vorbei, wodurch ich wahrscheinlich auch seinen Versuch kaputt machte."
"Dabei verlor ich Zeit, musste anschließend aber noch einen HRT überholen. Das ist ja eigentlich kein großes Problem. Die waren allerdings so langsam unterwegs, dass ich mich da etwas verschätzte. Ich dachte: 'Am Kurvenausgang fahre ich schön an ihm vorbei.' Er war aber so langsam, dass ich auf die Bremse musste. Das war's dann. Es ist blöd gelaufen."
Frage: "Was wäre denn drin gewesen für dich, selbst mit defektem KERS?"
Heidfeld: "Das weiß ich nicht. Ich kann nur sagen: Witali fuhr ein gutes Qualifying. Ich freue mich, dass er es auf die Reihe gekriegt hat."¿pbvin|512|3555|pirelli|0|1pb¿
KERS stellt einen kleinen Vorteil dar
Frage: "Was bringt KERS eigentlich pro Runde?"
Heidfeld: "Ich kenne die Zahlen, doch das Team will sicher nicht, dass ich diese preisgebe. Deshalb vielleicht nur so viel: Es sind einige Zehntel, aber keine halbe Sekunde."
Frage: "Sebastian Vettel hatte KERS nicht im Einsatz, als er seine schnellste Rundenzeit fuhr..."
Heidfeld: "Wenn man KERS nicht im Auto hat, gewinnt man ein bisschen an Zeit durch die bessere Gewichtsverteilung und dergleichen."
"KERS an Bord zu haben, was an sich ein Nachteil ist, und es nicht zu verwenden, verschlimmert die Situation ja noch zusätzlich. Ich gehe daher davon aus, dass das nicht absichtlich geschah. Er hatte sicher ein Problem. Wenn er es absichtlich nicht nutzte, verstehe ich es nicht. Ich sehe keinen Grund, warum man es nicht aktivieren sollte."
Frage: "Man konnte das Gefühl gewinnen, dass du an diesem Wochenende im Vergleich zu Witali keine besonders gute Figur abgabst. Woran könnte das liegen?"
Heidfeld: "Mit dem Wochenende bin ich bis jetzt auch nicht zufrieden - und auch nicht mit der Balance des Fahrzeugs."
"Ich war nicht da, wo ich mich nach den Tests im Vergleich zu Witali gesehen hatte. Es ist aber, wie es ist. Es fällt schwierig, so kurz nach der Qualifikation, doch ich muss jetzt nach vorne schauen. Ich muss zusehen, dass das Rennen am Sonntag besser für uns läuft und dass wir in Malaysia besser aufgestellt sind."
Die 107-Prozent-Regel hat ihre Berechtigung...
Frage: "Sind derart langsame Fahrzeuge wie der HRT ein Sicherheitsrisiko?"
Heidfeld: "Ich denke, im Rennen wären sie eines. Wenn man selbst auf neuen Reifen unterwegs ist und der HRT-Fahrer zusätzlich noch auf alten Pneus, wäre der Unterschied bei der Geschwindigkeit zu groß. Im Qualifying würde ich sie nicht als Risiko bezeichnen, doch die Qualifikation wird dadurch für alle sehr, sehr schwierig."
"Mit 24 Autos ist es auf der Strecke eh schon sehr eng. Hast du einen HRT vor dir, musst du vor deiner Runde schon einmal acht Sekunden Abstand lassen. Das macht die Strecke dann sehr, sehr klein. Man hat ja auch andere Autos hinter sich. Das alles macht es in Q1 sehr knifflig. Im Hinblick auf das Rennen haben wir aber genau deswegen die 107-Prozent-Regel."
Frage: "Müsste sich die Fahrergewerkschaft (GPDA) dieser Sache annehmen? Wie siehst du das?"
Heidfeld: "Es ist bestimmt ein Thema, das wir ansprechen werden. Nur: Die wollen auch fahren. Ich wünsche ihnen, dass das Auto schneller wird. Es ist kein Sicherheitsrisiko, aber in Q1 ist es halt unheimlich schwierig, eine freie Runde hinzukriegen. Das könnte noch komplizierter werden, wenn wir auf Strecken kommen, auf denen die Reifen nicht so lange halten."
"Hier in Australien waren wir überrascht, dass die Pneus zwei, drei Runden überstehen. Wäre es so gewesen, wie in Barcelona, dann hätten wir nur eine Runde gehabt. Ich habe in der ganzen Qualifikation noch nicht einmal eine Runde hingekriegt. Wenn die Reifen also nur einen Versuch hergeben, wird es richtig schwierig."
Heidfeld: Mit einer gewagten Strategie in die Punkte?
Frage: "Sprechen wir über das Rennen: Du kannst mit frischen Reifen losfahren, während die Top 10 ihre gebrauchten Pneus aus der Qualifikation aufziehen müssen. Wie viele Runden kannst du länger draußen bleiben als diese Konkurrenten?"
Heidfeld: "Der Unterschied zwischen den Mischungen hart und weich war am Freitag nicht sehr groß."
"Dazu kommen noch die Runden, die ich in der Qualifikation nicht fahren konnte. Das macht schon einen Unterschied. Die Top 10 sind von Platz 18 aber ohnehin ein Stückchen weit weg. Zumindest kann ich so den verstellbaren Heckflügel ausprobieren - und auf einmal gefällt mir die Idee."
"Ich finde es noch immer nicht gut, aber am Sonntag sollte es mir helfen. Ich hoffe einfach darauf, dass ich vom Umstand profitieren kann, dass nun einige Neuerungen ihr Debüt geben. Welche Strategie wir anwenden werden, müssen wir erst noch überlegen. Wir hatten ja schließlich nicht erwartet, auf einer solchen Position einzulaufen."
Frage: "Meinst du, du kannst schon am Rennanfang etwas zeigen? Vor dir stehen ja einige eigentlich recht deutlich langsameren Autos..."
Heidfeld: "Rubens (Barrichello; Anm. d. Red.) drehte sich. Er ist eigentlich auch nicht so langsam und gehört auch nicht da hinten hin. Wir sollten schon schneller sein, wissen aber alle: Überholen ist nicht so einfach."
Frage: "Kann man vielleicht mit einer ausgefallenen Strategie noch was machen?"
Heidfeld: "Das ist das Spannende. Für alle ist die Reifensituation eine Unbekannte. Das gilt auch für den verstellbaren Heckflügel. Ich hoffe natürlich, daraus Kapital schlagen zu können. Noch wissen wir nicht, welche Taktik wir wählen werden. Normalerweise macht es aber Sinn, etwas anderes zu tun als die Spitzenreiter. Andererseits haben wir keine Ahnung, was im Augenblick 'normal' ist."

