• 28.07.2005 18:42

Heidfeld: "Einfach hart arbeiten"

Der BMW WilliamsF1 Team Fahrer über die momentanen Probleme mit dem Auto, die Vaterfreuden und die Aussichten auf 2006

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Welche Erwartungshaltung herrscht bei euch vor dem Ungarn-Grand-Prix?"
Heidfeld: "Realismus, würde ich sagen. Wir dürfen nach wie vor nicht zu viel hier erwarten. Ich hatte mir in Hockenheim Punkte erhofft, es hat nicht funktioniert. Wir haben uns, was den Abstand in den Rundenzeiten betrifft, deutlich gesteigert, aber das war offensichtlich noch nicht genug. Vielleicht wird es ja hier besser. Die Strecke dürfte uns auch ein wenig entgegen kommen. Auf der einen Seite ist das schön, auf der anderen könnte das zeigen, dass wir noch mehr aufholen müssen. Mit neuen Aerodynamikteilen haben wir nach wie vor das gleiche Ziel: in die Punkte kommen."

Titel-Bild zur News: Nick Heidfeld

Nick Heidfeld ohne Zukunftsangst, aber noch auf Cockpitsuche

Frage: "Was kann man in so kurzer Zeit überhaupt verändern?"
Heidfeld: "In England wird rund um die Uhr im Windkanal gearbeitet. Da gibt es viele Ideen, aber natürlich funktionieren nicht alle. Dann muss man noch etwas Zeit haben, um die Teile zu produzieren und anzuliefern. Deshalb gehe ich davon aus, dass die Ingenieure noch einige Teile mitgebracht haben oder einige erst morgen ankommen."#w1#

Frage: "Wie hat sich das Auto in Magny-Cours, als das neue Aerodynamikpaket zum ersten Mal im Einsatz war, angefühlt?"
Heidfeld: "Wir haben das Paket zuvor in Jerez schon getestet und da hat es sich normal angefühlt. Wir hatten bei diesen Tests einige Probleme und konnten nicht so viele Runden fahren, wie wir eigentlich gewollt hatten. Von daher hatten wir keine ganz exakten Daten. Auch beim Fahren in Magny-Cours hat es sich eigentlich vernünftig angefühlt. Das ist wohl mit ein Grund, der die Sache noch schwieriger macht. Wenn sich ein Auto gut fährt und man ist langsam, dann ist es schwieriger zu sagen, woran man arbeiten muss. Nichtsdestotrotz waren wir langsamer, als wir erwartet hatten. Wir haben viel gearbeitet und analysiert und die Aerodynamik besser verstanden. Die Verbesserungen kommen langsam zum Tragen. Wir haben das Setup etwas verändert, das hat auch geholfen. Daher denke ich, dass es wieder nach oben geht."

Heidfeld war schon "in deutlich schlechteren Situationen"

Frage: "Was könnt ihr in der dreiwöchigen Pause bis Istanbul erreichen?"
Heidfeld: "Ich denke, dass die Pause schon eher den Teams entgegen kommt, die etwas im Hintertreffen sind. Die, die vornweg fahren, würden natürlich jetzt so viele Rennen wie es nur geht haben. Schade ist, dass wir nicht testen können. Wir werden aber mit Sicherheit einige Änderungen beim nächsten Rennen in der Türkei haben."

Frage: "In den vergangenen Rennen musstest du dich teilweise sogar mit den Jordan-Boliden herumschlagen. Leidet da die Motivation?"
Heidfeld: "Natürlich ich das eine schwierige Situation. Ich bin schon oft genug in meiner Karriere in deutlich schlechteren Situationen gewesen. Vielleicht fällt es mir deshalb nicht so schwer. Zum anderen habe ich in dieser Saison schon einige gute Ergebnisse erzielt. Das Wichtigste ist einfach, hart weiter zu arbeiten."

Frage: "Wie groß ist die Enttäuschung, sich zu Saisonbeginn über den Platz in einem Top-Team zu freuen, und dann stellt sich nach und nach heraus, dass man von einem Top-Team noch etwas entfernt ist?"
Heidfeld: "In meinen Augen ist es noch immer ein Top-Team. Wir haben einige Podestplatzierungen in diesem Jahr gehabt. Das Team war in der Vergangenheit sehr erfolgreich und ich bin sicher, dass es auch in den nächsten Jahren wieder an die Spitze kommt. Im Moment ist es aber offensichtlich, dass wir nicht da sind, wo wir gerne wären. Wir waren in den vergangenen Rennen nicht in der Lage, in die Punkte zu kommen. Aber an der Situation kann man eben nichts ändern. Man kann nur etwas ändern, wenn man daran arbeitet, und darauf konzentrieren wir uns."

Auch2006 wird der Mönchengladbacher in der Formel 1 fahren

Frage: "Besteht die Gefahr, dass du auch am Ende dieser Saison wieder ohne ein Cockpit für 2006 dastehst?"
Heidfeld: "Nein. Was meine Zukunft angeht, so bin ich da sehr optimistisch. Ich weiß noch nicht, wo es im nächsten Jahr hingeht. Dass es aber in der Formel 1 für mich einen Platz gibt und sehr wahrscheinlich auch einen guten, da bin ich sehr zuversichtlich.

Frage: "Hättest du da Wünsche?"
Heidfeld: "Das ist im Moment noch zu früh. Ich konzentriere mich jetzt auf meine Saison mit dem BMW WilliamsF1 Team. Mein Fernziel bleibt nach wie vor dasselbe: die Weltmeisterschaft gewinnen."

Frage: "Ist die Situation angenehm, zu wissen, dass es weitergeht, man aber noch nicht genau weiß, wo?"
Heidfeld: "Es ist viel angenehmer, aber es ist auch eine spannende Situation, wenn man noch nicht genau weiß, wie es im nächsten Jahr weitergeht."

Frage: "Spielst du im Kopf bereits die Schachzüge durch?"
Heidfeld: "Natürlich mache ich mir Gedanken, auch mit dem Management. Das ist nicht so einfach, es gibt sehr, sehr viele Dinge, die da eine Rolle spielen."

Frage: "Um was geht es denn in diesem Jahr noch?"
Heidfeld: "Ich hoffe, dass wir uns in den nächsten Rennen soweit steigern können, dass wir zum Ende der Saison hin um Podestplätze kämpfen können."

Bis zu 40°C am Wochenende erwartet

Frage: "Hier in Budapest ist es immer besonders heiß, auch heute wurden 36 Grad gemessen. Warst du überrascht davon?"
Heidfeld: "Nein. In den letzten Jahren war es hier immer extrem und unsere Wettervorhersage spricht von 40 Grad am Wochenende. Das macht die Sache nicht einfacher, aber damit rechnet man."

Frage: "Wie bereitet man sich darauf vor?"
Heidfeld: "Für hier habe ich kein spezielles Hitzetraining gemacht, wie zum Beispiel für Malaysia. Aber auch in der Schweiz war es die letzten Tage nicht so kühl und ich komme mit Hitze eigentlich auch gut zurecht. Für die Fahrer ist aber sehr anstrengend."

Frage: "Und wie bereitet man sich allgemein darauf vor?"
Heidfeld: "Generell ist es wichtig, sich auf das Trinken zu konzentrieren. Ich muss mich da vielleicht noch mehr darauf konzentrieren als andere Leute. Ich vergesse oft zu trinken. Ansonsten bringt es wenig, jetzt eine Woche vor dem Rennen anzufangen wie ein Wilder zu trainieren. Die Fitness muss schon da sein. Sinnvoll kann es sein, ein Hitzetraining zu machen oder unter den heißen Bedingungen zu trainieren."

Frage: "Ist es ein schöner Ausgleich, die Tochter zu Hause zu haben, wenn es auf der Strecke nicht recht läuft?"
Heidfeld: "Ja, sicher. Die schlechten Resultate lassen sich deutlich besser verdauen. Wenn ich die Kleine in den Armen halte, dann ist es mehr oder weniger vergessen."

Heidfeld freut sich auf die Sommerpause

Frage: "Lässt Juni euch noch durchschlafen?"
Heidfeld: "Wir müssen schon ab und zu nachts mal aufstehen, aber das ist ganz normal."

Frage: "Gerade wegen deiner Tochter freust du dich sicher auf die Sommerpause."
Heidfeld: "Ja, ich freue mich auf die Pause. Die letzten Wochen waren mit so vielen Rennen schon recht anstrengend. Wichtiger ist es aber für die Ingenieure und Mechaniker, damit die auch ein bisschen Zeit haben. Aber natürlich freue ich mich, zu Hause bei meiner Familie zu sein."

Frage: "Hast du dir es so, wie es nun ist, auch vorgestellt, ein Kind zu haben?"
Heidfeld: "Das kann man schwer sagen. Ich habe mich vorher natürlich mit Leuten unterhalten und habe verstanden, was sie mir gesagt haben. Aber wenn man dann ein eigenes Kind hat, dann kann man es wirklich erst verstehen und begreifen."

Frage: "Es gibt Fahrer, die haben viel Glück und andere haben viel Pech. Kimi Räikkönen hat momentan Pech. Du hast früher manchmal zwei Uhren getragen oder einen Marienkäfer an das Auto geklebt. Hast du noch solche Glücksbringer?"
Heidfeld: "Nein. Ich trage jetzt zwar auch zwei Uhren, aber das hat nichts damit zu tun, dass sie mir Glück bringen. Ich mache das nur, wenn ich Lust dazu hab. Aber es richtig, der Kimi hat wirklich extrem viel Pech gehabt in diesem Jahr. Ich würde fast sagen, dass, wenn er in diesem Jahr die WM nicht gewinnt, man kaum sagen kann, dass Fernando Alonso sie gewonnen hätte, sondern Kimi hat sie verloren."