• 18.07.2003 21:57

Head: "Wir wollen an dieser Diskussion teilnehmen"

Patrick Head über die vorgeschlagenen Änderungen des Motorenreglements, beide Williams-Piloten und Silverstone

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Derzeit wird davon geredet, den Hubraum der Motoren abzusenken, um die Autos langsamer zu machen. Ist das der beste Weg um dies zu erreichen?"
Patrick Head: "Ich weiß, dass es gestern ein Treffen der Motorenhersteller gab. Ich denke, dass die Technische Arbeitsgruppe der FIA der Ansicht ist, dass das Reduzieren der Fahrzeugleistung nicht wirklich wirksam ist, wenn man dabei der Motorleistung keine Beachtung schenkt. Sie haben sicher vorgeschlagen, die Motorleistung zu verringern. Das Beste wäre es wohl, wenn sich die Motorenhersteller untereinander über die Mechanismen einigen würden."

Titel-Bild zur News: Patrick Head

Patrick Head möchte keine Entscheidung vorgesetzt bekommen

Frage: "Es gibt auch Bestrebungen, den Ablauf des Wochenendes zu verändern. Inwieweit würde das eure Aufgaben verändern, speziell das Design der Autos?"
Head: "Solche Dinge kommen immer wieder auf, und oft wird die Entscheidung für eine Änderung hinter verschlossenen Türen gefällt, man weiß nie genau woher der Vorschlag dann kam. Vermutlich entweder von Max (Mosley) oder Bernie (Ecclestone). Ich habe gehört, dass Bernie gesagt hat, das derzeitige Qualifying wäre nicht sehr aufregend. Ich denke, dass es eher ein kleines Opfer ist, um die Unsicherheit für Sonntag noch anzuheizen, das war zumindest die Überlegung dabei. Ein bisschen mehr Zeit zum Ausruhen wäre sicher eine gute Idee, aber ich hoffe, dass wenn es Vorschläge für eine Änderung geben sollte, dass diese nicht hinter verschlossenen Türen getroffen und als "fait accompli" (als vollendete Tatsache) verkauft wird. Ich hoffe, dass wir die Chance erhalten, an dieser Diskussion teilzunehmen."

Keine Kritik an Silverstone

Frage: "Wie findest du die Anlagen hier in Silverstone? Kann man hier gut arbeiten?"
Head: "Wir erkennen nichts Schlechtes an den Anlagen hier. Auf vielen anderen Kursen haben wir in den Garagen weniger Platz. Ich weiß, dass eine neue Boxenanlage gefordert wird, aber es gibt vielleicht einen oder zwei Kurse, auf denen die Boxen etwas größer sind, aber wir haben keinen Platz- oder Komfortmangel. Es ist gut so."

Frage: "Du wurdest zitiert, dass der plötzliche Erfolg auch zu Problemen mit euren Fahrern führen könnte. Welche Art von Problemen erwartest du denn?"
Head: "Ich weiß nicht, ob ich da richtig zitiert wurde, aber grundsätzlich ist es so, dass Ralf und Juan das gleiche Stück Straße für sich beanspruchen, nämlich das ganz vorne. Es gibt da aber auch noch so ein rotes Auto, welches diesen Platz sehr häufig beansprucht. Sie müssen sehr überlegt mit sich selbst umgehen, aber ich denke nicht, dass es da Probleme geben wird. Wir haben außerhalb des Teams mehr Probleme als innerhalb."

Frage: "Glaubst du, dass du an einem bestimmten Zeitpunkt mit ihnen reden musst, oder sind selbst reif genug dazu?"
Head: "Nun ja, sie hören ja ohnehin nicht auf mich."

Die Autos werden immer schneller

Frage: "In den 80er Jahren hast du Autos gebaut, die mit 900 oder gar 1000 PS umgehen konnten. Wenn man die heutige Situation zu Grunde legt, den mögliche Abtrieb der Autos, die Haftkraft der Reifen und alles weitere: Sollte man die Kraft begrenzen, welche die Hinterreifen vertragen können, oder sollte eher eine Richtung eingeschlagen werden, bei der die reine Leistung und Fahrbarkeit nicht angefasst wird?"
Head: "Tatsache ist doch, dass uns 1998 von der FIA gesagt wurde, dass sie keine Rundenzeiten mehr sehen wollen, welche schneller sind als die Zeiten von 1997. Sie sagten damals, dass es mit den Versicherungen und der Eignung der Autos für die Strecken und umgekehrt zu tun habe. Nun sind die Rundenzeiten auf jeder Strecke, besonders im Qualifying mit wenig Benzin, schneller als 1997, auf einigen Pisten sogar viel schneller. Das soll nicht bedeuten, dass es jetzt unsicher ist. Aber ohne Diskussion über das Warum und Wieso, wurde uns eröffnet, dass wir im nächsten Jahr ein Basissetup verwenden sollen, welches den Abtrieb von Monza und den Windwiderstand von Brasilien besitzen soll. Es wurde uns als vollendete Tatsache aufgetischt, und ich bin mir nicht sicher, ob dies aus Sicherheitsgründen vorgeschlagen wurde, oder um mehr Überholmanöver zu ermöglichen. Es ist aber richtig: Je weniger Zeit ein Auto zum Abbremsen benötigt, desto geringer ist die Chance zum Überholen. Wenn die Autos langsamer wären und wesentlich früher bremsen müssten, dann gäbe es vielleicht auch mehr Möglichkeiten dazu. Ich denke, dass es gut ist, dass die Autos so viel Leistung haben, aber die Leistung ist gezähmt und wird bei kritischen Situationen von der Traktionskontrolle gedrosselt. Die Auswirkungen der vielen Leistung wird man also nicht sehen. Aber es war ein Vorschlag der Technischen Arbeitsgruppe der FIA, dass mit der Forderung nach weniger Gesamtperformance der Autos, auch die Motoren auf den Tisch kommen sollten."

Frage: "Kam dieser Vorschlag von der FIA?"
Head: "Der Vorschlag mit dem Abtrieb und dem Windwiderstand kam von der FIA."

Verstärkung für die Renningenieure

Frage: "Juan hat gestern gesagt, dass er zusammen mit seinen Ingenieuren für den Rest der Saison mit Frank Dernie zusammenarbeiten wird. Kannst du uns erklären, warum Juan diese Hilfe braucht?"
Head: "Wir haben zwei sehr gute, aber, gemessen an den Arbeitsjahren, zwei unerfahrene Renningenieure. Gordon Day ist für Ralfs Auto zuständig, er absolviert gerade sein erstes Jahr als Renningenieur, und Tony Ross arbeitet an Juans Auto, er leistet sein zweites Jahr, war aber vorher bereits im Testteam aktiv und hat an Le-Mans-Projekten bei den Sportwagen gearbeitet. Sie sind nicht unerfahren was den Rennsport angeht, aber in Bezug auf die Formel 1 schon. Schon früher in diesem Jahr teilten wir Tim Preston, aus dem Testteam, mit ein. Er hatte bisher ein sehr anstrengendes Jahr, denn seit Malaysia unterstützt er Gordon Day. Juan hatte wohl den Eindruck, dass Ralf einen Vorteil hat, weil ein erfahrener Mann Gordon über die Schulter blickt, also stellten wir ihm Frank zur Seite, der bisher als allgemeiner Ingenieur in der Box über alles gewacht hat. Vieles ist eine Frage des Vertrauens eines Fahrers. Manche haben aber nicht die jahrelange Erfahrung wie Frank oder ich, und dann kann das hilfreich für einen Ingenieur sein, auch wenn er vielleicht in Detailfragen besser ist, für große Einstellungen und Entscheidungen könnte ihm dennoch die Erfahrung fehlen. Es geht nur darum, dass wir den Fahrern die beste Möglichkeit geben, das Beste aus sich selbst und den Autos herauszuholen."

Frage: "Ralf scheint befreiter zu arbeiten, als noch im letzten Jahr. Wie hat er sich als Fahrer oder als Person verbessert?"
Head: "Zu Beginn des Jahres hatte er eine schwere Zeit, er hatte Probleme mit der Ein-Runden-Qualifikation. Seine ersten Rennen waren auch nicht sehr gut. Nun ist er mit dem Auto viel zufriedener. Aerodynamisch ist es besser, wenn auch nicht perfekt, und auch mechanisch ist es besser geworden, auch wenn es hier nie perfekt sein kann. Für ihn ist es einfach ein besseres Auto, es liegt seinem Fahrstil eher. Aber es ist wie bei jedem Fahrer: Wenn es gut läuft, dann ist er glücklich, wenn nicht, dann ist er weniger glücklich. Das ist völlig normal."