Haug: "Wir machen einen guten Job"

Norbert Haug analysiert die Leistungen der Silberpfeile, erläutert, wo ihre Stärken liegen und erklärt, worauf es in dieser Saison bei der Abstimmung ankommt

(Motorsport-Total.com) - So wechselhaft wie das Sommerwetter in Deutschland sind in dieser Saison auch die Leistungen der "deutschen Nationalmannschaft" in der Formel 1. Die Form der Silberpfeile unterliegt je nach Strecke und Witterungsbedingungen starken Schwankungen. Nach einem allenfalls durchwachsenden Saisonbeginn dominiert Nico Rosberg das Rennen im China und fuhr zu seinem ersten Sieg. Anschließend wechselten sich gute (Monaco) und schlechte (Barcelona) Rennen in munterer Folge ab.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Mercedes vor Ferrari und Red Bull: Derzeit nur eine Momentaufnahme

Mitunter zeigten sich auch im Laufe eines Rennwochenendes größere Schwankungen. So hätten vor dem Rennen in Valencia wohl nur die wenigsten mit einem Podestplatz von Michael Schumacher gerechnet. "In Valencia waren wir am Ende ziemlich stark. Michael hatte die besseren Reifen, aber das zählt für mich nicht. Jeder muss selbst wählen, welchen Pneu er nimmt und es zeigt sich, welcher der richtige ist. Auch wenn wir das so im Detail nicht geplant hatten, waren wir am Ende - in den letzten zehn oder 15 Runden ziemlich schnell - und konnten viele Autos überholen", blickt Norbert Haug auf das Rennen zurück.

Beim darauffolgenden Rennen fielen die Mercedes nach, zumindest bei Schumacher, gutem Qualifying im Rennen zurück. "In Silverstone trennten uns 0,250 Sekunden von der Pole-Position im Nassen. Dann hatten wir mit Nico auf dem ersten Satz Option-Reifen, in der zweiten Hälfte des Mittelstints, großen Zeitverlust zu beklagen", erklärt Haug, der dem Rennen in Großbritannien dennoch Gutes abgewinnen kann: "Zum Ende des Rennens, in den letzten 18 Runden, gab es wieder viel Positives. Am Ende, als die Balance stimmte, waren wir schneller."

Dringend gesucht: Die richtige Balance

"Die Herausforderung ist es - und da unterscheiden wir uns nicht von den anderen Teams - die Balance während des Rennens zu finden", so der Motorsport-Chef. "Es gab nicht viel Zeit, im Trockenen zu üben." Genau diese fehlte Mercedes bei der Abstimmung des Autos. "Wahrscheinlich brauchen wir mehr Zeit, um zu lernen und das Auto anzupassen", sagt Haug. "Aber wenn uns das gelingt und wir auf den Punkt vorbereitet sind - so wie in Monaco, in China, in Kanada, wo wir ein wirklich gutes Renntempo vorgelegt und mit Nico nur im ersten Abschnitt Zeit verloren haben - gab es Positives zu vermelden."

"Nach 300 Kilometern 30 Sekunden hinter dem Sieger zu liegen - da gibt es keinen Grund Hurra zu schreien. Aber auf der anderen Seite ist es auch nicht das Ende der Welt. Es ist möglich, eine halbe Sekunde pro Runde aufzuholen, wenn das Setup stimmt. Dann sieht die Sache anders aus", glaubt Haug. Entscheidend sei es, eine Abstimmung zu finden, die bei unterschiedlichen Benzinmengen schnelle Zeiten ermöglicht. "Man muss sonntags auf den Punkt vorbereitet sein. Der Schlüssel ist es, ein Auto zu haben, das bei 150 Kilo und bei null Kilo gut ausbalanciert ist."

Nach dem schwachen Saisonstart sieht Haug sein Team nun jedoch auf dem richtigen Weg: "Wir hatten in den ersten zwei Rennen nicht das Auto wie in den sieben danach. Wenn ich mir die Punktausbeute Nicos im Vergleich zum Rest des Feldes ansehe, sieht das ganz vernünftig aus." Hätte die Saison erst in China begonnen, wäre Rosberg aktuell auf Rang vier der WM-Tabelle. Sein Rückstand auf Fernando Alonso würde nur 19 Punkte betragen. Trotz der positiven Entwicklung entspricht die Leistung der Silberpfeile noch nicht ganz den Erwartungen Haugs, der daher fordert: "Wir müssen uns stabilisieren und Schritt für Schritt vorankommen."

Mercedes auf verschiedenen Strecken schnell

Positiv stimmt den Mercedes-Mann die Tatsache, dass seine Autos auf verschiedenen Rennstrecken konkurrenzfähig waren: "Montreal und Monaco - wenn ich die Charakteristik dieser Kurse vergleiche, ähneln sie sich sehr. Es geht um hartes Bremsen und es gibt kaum schnelle Kurven. Aber es gibt eben auch unterschiedlichen Asphalt. Wenn man auf beiden bei der Musik ist - und sogar auf der sehr unterschiedlichen Strecke in China - machen wir einen guten Job", meint Haug. Unsere Stärken liegen da, wo es enge Kurven gibt und Traktion gefragt ist - das hat man in Monaco gesehen."


Fotos: Mercedes, Großer Preis von Deutschland, Freitag


Allerdings leidet Mercedes laut Haug unter wechselhaften Wetterbedingungen. "Wenn das Team Zeit und ähnliche Bedingungen in den Freien Trainings hat, können wir mehr lernen." Mit Blick auf den Regen in Hockenheim keine ermutigende Aussicht für alle Silberpfeil-Fans. "Wenn die Bedingungen wechselhaft sind, braucht es ein Auto, das einen größeren Toleranzbereich hat. Momentan ist es ein kleines Fenster, aber es wird größer und größer. Das war für einige Autos in Silverstone der Fall - der Lotus funktioniert besser, wenn es warm ist, andere Autos funktionieren besser, wenn es nicht so warm ist", analysiert Haug.

"Alles in allem ist es aber extrem eng, wenn es um eine schnelle Runde geht", sagt der Motorsportchef. "Die Streuung ist im Rennen aber manchmal größer. Fast jeder nutzt die Reifen in ähnlicher Weise. Man sieht Spitzenpiloten, die Option-Reifen in Q1 benutzen - das ist ungewöhnlich. Und dann liefern sie im Rennen eine gute Leistung ab." Schwankungen erkennt der Mercedes-Mann jedoch nicht nur bei seinem Team. "Als wir nach Silverstone kamen, sagten alle, McLaren seien die Topfavoriten - inklusive mir. Dann hat Michael Lewis am Ende überholt."

"54 Punkte Abstand zu Ferrari auf Platz zwei sind nicht ideal, keine Frage", fasst Haug gegenüber 'Welt online' die WM-Situation zusammen. "Aber unser Plan, uns jedes Jahr zu verbessern, bleibt bestehen." Haug rechnet vor, dass den Silberpfeilen durch die Ausfälle Schumachers einige Punkte verloren gegangen seien. "Wir hatten speziell bei dem Auto von Michael Schumacher einige technische Probleme. Wenn wir die Punkte geholt hätten, die er dadurch verloren hat, könnten wir aktuell auf Platz zwei oder drei in der Konstrukteurswertung liegen."