Haug: "Michael hat eine lange Bedenkzeit gehabt"

Laut Christian Danner hat Mercedes Michael Schumacher "eiskalt abserviert", aber diesen Vorwurf lässt Sportchef Norbert Haug nicht auf sich sitzen

(Motorsport-Total.com) - Nach und nach sickern immer mehr Details über die Trennung zwischen Mercedes und Michael Schumacher zum Jahresende durch, und viele Experten, die sich in den Medien zum Thema zitieren lassen, äußern die Meinung, dass Mercedes mit dem siebenmaligen Formel-1-Weltmeister respektlos umgegangen ist. "Weder der Mercedes-Rennstall noch Michael Schumacher sehen dabei gut aus", schreibt zum Beispiel Ex-Grand-Prix-Pilot Jochen Mass auf 'Auto-Presse.de' und bezeichnet die Art und Weise, wie Schumacher fallen gelassen wurde, als "unter der Gürtellinie".

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher und Norbert Haug

In Belgien zeichnete sich schon ab, dass Lewis Hamilton kommen würde... Zoom

Als gesichert gilt inzwischen, dass es Schumacher lange Zeit selbst in der Hand hatte, bei den Silberpfeilen zu verlängern. Doch laut 'Sport-Bild'-Informationen unterschätzten er und sein Management, wie weit Lewis Hamilton und Mercedes spätestens ab Spa-Francorchamps schon waren: "Die Vertragsverlängerung erachtete der Kerpener als reine Formsache. Motto: Mercedes wartet nur auf mein Ja-Wort, und das Ding ist durch", schreiben die Kollegen. "Das Gegenteil war der Fall: Schumacher bekam nicht mit, dass Mercedes längst andere Pläne hatte."

Laut 'auto motor und sport' (traditionell eng mit Stuttgart vernetzt, weil ein gewisser Norbert Haug dort 1988 zum stellvertretenden Chefredakteur ernannt wurde) war der 43-Jährige zuletzt sogar nur noch die Nummer drei auf der Wunschliste - wäre Hamilton nicht gekommen, hätte es Sergio Perez werden sollen. Haug reagiert auf eine entsprechende Frage der Nachrichtenagentur 'dapd' ausweichend: "Michael war bekannt, dass unser Team sich Alternativen erarbeiten musste. Darüber war er informiert, und das akzeptierte Michael", sagt der Mercedes-Sportchef.

Die Silberpfeile wehren sich auch gegen den Vorwurf zum Beispiel von TV-Experte Christian Danner, man habe Schumacher im Vertragspoker am Ende "eiskalt abserviert": "Michael hat eine lange Bedenkzeit gehabt und war sich nicht endgültig sicher, ob es weitergehen soll oder nicht", so Haug. Der 'Sport Bild', vermutlich mit Informationen aus Stuttgart gefüttert, liegen da andere Informationen vor: "Obwohl er sich längst fürs Weiterfahren entschieden hatte, ließ er die Bosse zappeln."

Demnach hätte es am Hockenheim-Wochenende im Juni zu einem Treffen zwischen Schumacher und Daimler-Konzernchef Dieter Zetsche kommen sollen. Zetsche erwartete sich von seinem vermutlich teuersten Angestellten eine Zusage für 2013, aber die kam nicht. Also intensivierte man die Gespräche mit Hamilton, der sich schon kurz vor Weihnachten 2011 erstmals gemeldet hatte, und brachte diese in Singapur per Handschlag zum Abschluss. Bereits seit Spa-Francorchamps hatte alles für den Transfer gesprochen.

Schumacher liebäugelt nun ernsthaft mit dem Gedanken, seine Karriere bei Sauber fortzusetzen, was Peter Sauber aus kommerzieller Sicht sehr entgegenkommen würde. Ein Insider deutet gegenüber 'Motorsport-Total.com' sogar an, dass Mercedes ein solches Konstrukt unterstützen könnte (zum Beispiel mit kostengünstigen Motorenlieferungen an Sauber), um Schumacher nach den zwei letzten Jahren seiner Fahrerkarriere ab 2015 wieder als Werbebotschafter einspannen zu können. Aber aus Stuttgart kommt dazu auf Anfrage ein klares Dementi.