• 18.10.2008 16:12

  • von Fabian Hust & Dieter Rencken

Hamilton: "Schaue diesmal weiter nach vorne"

Der McLaren-Mercedes-Pilot über sein aufregendes Qualifying, das Training der Boxengassen-Einfahrt und warum er vergangenes Jahr in China nervös war

(Motorsport-Total.com) - Noch zwei Rennen sind es, dann ist spätestens klar, ob Lewis Hamilton es dieses Jahr in seinem zweiten Jahr und Anlauf schafft, Formel-1-Weltmeister zu werden. Die Voraussetzungen dafür sind dieses Jahr rein rechnerisch nicht so gut wie im vergangenen, doch da ging das Projekt "Titel" in die Hose - nicht zuletzt wegen eines Fahrfehlers beim Boxenstopp in China.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Hamilton geht mit Bedacht in das vielleicht vorentscheidende Rennen

Die Ausgangslage für den McLaren-Mercedes-Piloten ist in Shanghai dieses Jahr wieder sehr gut, schließlich startet er von der Pole Position. Ist dies psychologisch für ihn ein Vorteil? "Ich kann das natürlich nur positiv betrachten. Entscheidend ist das Rennen und es ist wichtig für das Team, dass wir in den letzten beiden Rennen in der ersten Startreihe stehen. Das zeigt, welch großartige Arbeit sie leisten. Wir müssen abwarten, wie sehr dies psychologisch andere Leute trifft, aber von unserer Seite aus ist dies positiv."#w1#

"Ich werde es locker angehen und versuchen, so viele Punkte wie möglich zu holen." Lewis Hamilton

Im vergangenen Jahr dachte Hamilton in China an den WM-Titel, wollte den Sack unbedingt schon ein Rennen vor dem Saisonende zumachen. Dieses Vorhaben ging tüchtig in die Hose, weswegen er dieses Jahr bewusst nicht im Rennen an die Meisterschaft denken wird: "Wir haben zwei Rennen, die wir noch mit einem guten Ergebnis beenden müssen. Ich werde nicht morgen in den Tag gehen und sagen, dass ich es nun schaffen muss. Ich werde es locker angehen und versuchen, so viele Punkte wie möglich zu holen."

Seine Qualifikation war für den Briten schon aufregend genug, schließlich ging der erste Versuch im dritten Qualifying-Durchgang schief: "Ich hatte einen Moment Übersteuern und kam in der achten Kurve in den Schmutz. Die neunte und die zehnte Kurve waren dann schwach. Ich setzte die Runde fort, aber meine Reifen waren nicht in großartiger Form. Dort verlor ich ein paar Zehntelsekunden. Ich wusste aber, dass die Runde in Ordnung sein würde, wenn ich diese Kurve richtig hinbekomme."

"Da ist der Druck auf seinem Höhepunkt." Lewis Hamilton

Kein Wunder also, dass er seinen letzten Versuch als "Hardcore" bezeichnete: "Ich meinte das in dem Zusammenhang, dass ich in der Runde zuvor keine großartige Arbeit geleistet habe. Wenn die Runde zuvor gut war, macht es dir das Leben leichter. Dann kannst du die folgende Runde einfach um ein paar Zehntelsekunden schneller fahren. Aber wenn du um 0,8 Sekunden hinterher hinkst, dann musst du nicht nur diese Zeit finden sondern noch etwas schneller fahren, da du ja etwas leichter bist. Da ist der Druck auf seinem Höhepunkt. Da bewegst du dich die gesamte Runde über auf einer feinen Linie am Limit."

"Kimi ist Weltmeister, er ist kein dummer Kerl." Lewis Hamilton

Am Start des Rennens steht Kimi Räikkönen direkt hinter ihm - es könnte also theoretisch wieder so knapp werden wie in Fuji, als ihn der Finne am Start zunächst überholte: "Mit Sicherheit wird er am Start sehr konkurrenzfähig sein. Es wird schwierig werden, ihn am Start zu schlagen, wir befinden uns jedoch in einer besseren Position. Wenn er vor mir ist, dann ist das nicht schlimm, solange Felipe hinter mir liegt. Kimi ist Weltmeister, er ist kein dummer Kerl. Er will gewinnen, ich bin zuversichtlich, dass er vernünftig sein wird."

Natürlich werde er die Vorkommnisse im vergangenen Rennen "in Betracht ziehen", als er ein hartes Bremsmanöver vollführte, um wieder in Führung zu gehen und dafür von der Rennleitung bestraft wurde: "Ich muss mir das ins Gedächtnis rufen und sicherstellen, dass ich diesen Fehler nicht noch einmal mache. Auf der anderen Seite muss ich in der ersten Kurve so viel Druck machen, wie ich das bei allen anderen Rennen auch gemacht habe. Hoffentlich wird dies dann etwas klarer sein als in Fuji."


Fotos: Lewis Hamilton, Großer Preis von China, Samstag


Überhaupt geht der "Silberpfeil"-Pilot davon aus, dass er diesmal am Start besser vom Fleck kommt: "Im Vergleich zum vergangenen Wochenende ist dies ein großer Unterschied, denn wir hatten Probleme. Wir hatten das ganze Wochenende über eine rutschende Kupplung, auch im Rennen. Ich bin mir sicher, dass wir morgen diesbezüglich eine viel bessere Leistung zeigen werden als in Fuji."

Im vergangenen Jahr verlor Hamilton unter anderem den Titel bei seinem Boxenstopp, als er geradeaus in das Kiesbett rutschte und dort stecken blieb. Im dritten Freien Training am Samstagmorgen hatte Hamilton an dieser Stelle wieder Probleme: "Ich habe da einfach versucht, das Limit zu finden, um einen Referenzpunkt zu haben. Dabei habe ich die Räder blockiert und bin geradeaus gerutscht. Es ist wichtig, dass ich weiß, wo das Limit liegt, damit ich im Rennen keine Probleme habe."

"Ich war nervös, denn ich konnte die Weltmeisterschaft gewinnen." Lewis Hamilton

Der Unterschied zwischen dem vergangenen und diesem Jahr ist gewaltig, wie Hamilton erklärt: "Vergangenes Jahr kam ich hier auf einem Hoch her, das Auto war sehr gut und ich genoss es, auf der Strecke zu fahren. Aber ich war nervös, denn ich konnte die Weltmeisterschaft gewinnen. Das war verrückt."

"Ich fuhr in den nassen Bedingungen sehr gut, war im Vergleich zu den anderen Leuten sehr, sehr schnell. Als ich meinen Boxenstopp durchführte, da hatte ich noch Benzin an Bord, war viel schneller als jene Jungs, die leichter waren. Aber dann kam der kleine Fehler, der mich wirklich hart getroffen hat."

"Morgen können wir die Weltmeisterschaft jedenfalls nicht verlieren." Lewis Hamilton

"Dieses Jahr liege ich nicht so weit in Führung, aber dennoch liegen wir vorne und sind konkurrenzfähig. Morgen werde ich das Rennen nicht angehen mit dem Gedanken, dass ich die Weltmeisterschaft gewinnen kann. Morgen können wir die Weltmeisterschaft jedenfalls nicht verlieren. Aber wir können einen weiteren Schritt in Richtung Weltmeisterschaft machen. Wir haben noch zwei Rennen. Vergangenes Jahr schaute ich mir dieses eine Rennen an. Dieses Jahr schaue ich weiter nach vorne."

Und aus diesem Grund hat Hamilton noch keinen Gedanken daran verschwendet, wie man sich als Weltmeister fühlt: "Darüber denke ich nicht nach. Egal wie aufregend dies sein wird, es ist nicht geschafft, bevor es nicht geschafft ist. Ich kann nur davon träumen, wie es ist, Weltmeister zu sein. Ich arbeite aus diesem Grund jeden Tag hart für dieses Ziel und hoffe, dass ich eines Tages Weltmeister sein werde. Ich kann mir nur vorstellen, dass ich wohl extrem stolz sein werde."