• 22.07.2010 11:47

  • von Roman Wittemeier

Halbzeitbilanz: Sechs Deutsche, sechs Meinungen

Sebastian Vettel, Michael Schumacher, Nico Rosberg, Adrian Sutil, Nico Hülkenberg und Timo Glock: Von hohen Erwartungen, guten Chancen und Hockenheim-Highlights

(Motorsport-Total.com) - Gleich sechs deutsche Formel-1-Piloten präsentieren sich am Wochenende in Hockenheim dem heimischen Publikum. Ein Viertel des gesamten Startfeldes steht also erneut im Fokus der Fans. Diese Quote hat sich im Vergleich zum Vorjahr nicht geändert, damals waren allerdings nur fünf deutsche Piloten im 20-köpfigen Starterfeld. Mit dem Grand Prix von Deutschland startet die Formel 1 in die zweite Saisonhälfte. Ein perfekter Zeitpunkt also, um zuvor eine Zwischenbilanz des Jahres zu ziehen.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Das Motodrom in Hockenheim wird am Wochenende zum riesigen Fanblock

Das deutsche Sextett stellte sich in der aktuellen 'Auto Bild Motorsport' (jetzt abonnieren!) den Fragen nach Erfahrungen, Ergebnissen und Aussichten. "Am wichtigsten ist, dass wir ein siegfähiges Auto haben", wird Sebastian Vettel zitiert. "Natürlich gibt es Sachen, die man besser hätte machen müssen. Aber daran kann man jetzt nichts mehr ändern. Das ist geschehen. Der Blick geht nun nach vorn. Es gibt noch viele Rennen, also auch viele Möglichkeiten in Bezug auf Rennsiege und beide Titel."#w1#

Während der Heppenheimer der aussichtsreichste - und auch wohl der einzige - deutsche Kandidat im Titelkampf 2010 ist, müssen die Landsleute kleinere Brötchen backen. "Bei mir persönlich gibt es zwei Aspekte", erklärt Nico Rosberg. "Nummer eins: der Vergleich mit dem Teamkollegen. Da muss ich recht zufrieden sein, weil ich vor Michael bin. Auf der anderen Seite habe ich mir in Sachen Resultate natürlich mehr erhofft, Siege nämlich."

Sechs Fahrer, sechs Bilanzen

Auch wenn der Rückstand des jüngeren der beiden Mercedes-Piloten in der Fahrerwertung bereits 55 Zähler beträgt, so will der gebürtige Wiesbadener noch lange nicht aufgeben: "Wenn wir einen Entwicklungssprung machen, ist der Titel immer noch drin. In der Kiste ist noch sehr viel Zeit versteckt, wenn der F-Schacht und das Auspuffsystem endlich funktionieren." Den anhaltenden Optimismus bezüglich des möglichen Titelkampfes teilt Teamkollege Michael Schumacher nicht.

"Jetzt brauche ich mich mit der WM nicht mehr auseinanderzusetzen", hakt der Rekordweltmeister sein Traumziel mit Mercedes für dieses Jahr ab. "Deshalb versuche ich so viel zu lernen, wie ich kann, und mich aufs nächste Jahr vorzubereiten. Ich wende genauso viel Arbeit auf wie früher und fahre auf einem Niveau, mit dem ich glücklich sein kann. Anscheinend sind einige nicht glücklich damit, aber das ist deren Entscheidung."

"Mein Auto ist gut und auch ich selbst habe aus meinen Fehlern gelernt." Adrian Sutil

Rundherum glücklich ist Adrian Sutil. Der Force-India-Pilot hatte sich regelmäßige Punkteplatzierungen zum Ziel gesetzt. Es läuft bestens, nicht zuletzt auch deshalb, weil der Gräfelfinger auch an sich selbst gearbeitet hat. "Mein Auto ist gut und auch ich selbst habe aus meinen Fehlern gelernt. Letztes Jahr habe ich noch zu oft zu viel riskiert. Jetzt bin ich entspannter, ruhiger und weiß, was ich kann. Super Saison, so kann es weitergehen", so das Fazit vor Hockenheim.

Heimspiel: Party und Jubel

"Von meinen Ergebnissen bin ich enttäuscht. Da kann ich nichts schönreden", bietet Nico Hülkenberg ein Kontrastprogramm zum strahlenden Sutil. "Auf der anderen Seite muss ich sehen, dass das Auto nicht mehr zulässt." Er selbst habe in seiner Rookiesaison auch Fehler gemacht. Aber gleichzeitig habe auch der Williams FW32 nicht das gehalten, was man sich von ihm versprochen hatte. "In Wirklichkeit haben wir ein oder zwei Schritte zurück gemacht", vergleicht Hülkenberg den aktuellen Wagen mit dem Vorjahresmodell.

Unter ganz neuen Voraussetzungen ist Timo Glock in der aktuellen Saison unterwegs. Der Hesse wechselte vom Topteam Toyota zur neuen Mannschaft von Virgin. "Das Leben am Ende des Feldes ist hart", gibt der 28-Jährige ehrlich zu. "Aber ich blende die 18 schnellen Autos vor uns aus. Ich kämpfe gegen Lotus und HRT. Nur so kann ich mich motivieren. Ich stehe immer noch hinter dem Projekt, aber es muss langsam nach vorne gehen."

"Ich stehe immer noch hinter dem Projekt, aber es muss langsam nach vorne gehen." Timo Glock

Vor allem pünktlich zum Heimspiel wollen die deutschen Piloten glänzen. Für alle sechs Deutschen ist der Auftritt vor heimischer Kulisse ein Highlight. "Es gibt nichts Schöneres als eine Ehrenrunde nach einem Sieg vorbei am Publikum - vor allem dem heimischen", macht Vettel den Fans Hoffnungen. "Das wird für uns mit Sicherheit ein grandioses Heimspiel werden, was die Emotionen und die Atmosphäre angeht", sagt Schumacher stellvertretend für die gesamte Mercedes-Mannschaft.

Die Highlights der Piloten

"Auch deutsche Brötchen zum Frühstück sind einfach lecker", lacht Hülkenberg. Glock vergleicht seine Position mit dem Virgin VR-01 mit der Auftsellung im Fußball. "Wenn du allerdings als Libero der deutschen Nationalmannschaft hinten drin stehst, ist es nicht ganz so spannend wie für Sebastian Vettel, weil die Fans natürlich denjenigen anfeuern werden, der um die WM fährt", so der Wersauer, der in Hockenheim 2008 einen heftigen Unfall hatte.

¿pbvin|512|2943||0|1pb¿Alle sechs deutschen Piloten verbinden jedoch viele positive Erlebnisse mit der Strecke in Baden-Württemberg. Vettel holte 2008 mit Toro Rosso einen hart erkämpften Punkt, Rosberg und Sutil nennen ihre Siege mit der Formel BMW als Highlight, Schumacher seinen Erfolg 1995 mit Benetton. Für Hülkenberg war der Sieg 2007 in der Formel-3-Euroserie gegen Romain Grosjean besonders wertvoll: "Ich konnte ihn die ganze Zeit hinter mir gehalten. Das war sehr befriedigend, weil unsere Beziehung nicht die beste war."

Glock erlebte 2003 einen ganz besonderen Auftritt mit der Formel 3. "Ich bin von Platz 18 im Regen mit Slicks gestartet, bin bis auf eins vorgefahren und habe die ersten fünf in der letzten Runde überholt. Spitzenreiter Alexandros Margaritis, sogar erst in der letzten Kurve", erinnert sich der Odenwälder mit viel Freude an seinen heißen Ritt durch Hockenheim. Mit der GP2 gelang dem 28-Jährigen wenige Jahre später ein ähnlich spektakulärer Auftritt.