• 22.03.2012 19:13

Härtetest für Renault: Mehr Vollgas als bei Monza-Rennen

Die langen Geraden und das Wetter machen Sepang zum Motoren-Härtetest - Renault hofft, die KERS-Probleme bei Caterham und Red Bull gelöst zu haben

(Motorsport-Total.com) - Nur eine Woche nach dem Saisonauftakt der Formel 1 beim Großen Preis von Australien steht auf dem Sepang International Circuit vor den Toren der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur bereits das zweite Rennen auf dem Programm.

Titel-Bild zur News: Christian Horner (Teamchef)

Remi Taffin erklärt Helmut Marko und Christian Horner die Tücken von Sepang

Die 5,543 Kilometer lange permanente Rennstrecke beinhaltet 15 Kurven und zählt aus Motorensicht mit einem Vollgasanteil von 60 Prozent pro Runde zu den besonders anspruchsvollen Kursen im Formel-1-Kalender. Aufgrund des in Malaysia herrschenden tropischen Klimas mit hohen Temperaturen und großer Luftfeuchtigkeit legen die Renault-Ingenieure den Fokus vor allem auf die optimale Kühlung der V8-Triebwerke.

Ähnlich wie in Abu Dhabi und Bahrain heizt sich die Luft auf über 40 Grad auf - damit kommt der Motorkühlung entscheidende Bedeutung zu. Die hohe Luftfeuchtigkeit sorgt darüber hinaus dafür, dass für den Verbrennungsprozess weniger Luft zur Verfügung steht. Dadurch läuft dieser langsamer ab als auf anderen Strecken. Beides führt zu Leistungseinbußen. Renault kann die Auswirkungen des Tropenklimas auf den speziellen Prüfständen am Standort Viry-Chatillon simulieren und die RS27-Motoren somit optimal auf die Bedingungen auf dem Sepang International Circuit vorbereiten.

Über Renndistanz mehr Vollgas als in Monza

Mit 75 Prozent hat Monza den höchsten Vollgasanteil aller Grand Prix-Strecken der Saison. Allerdings stellen die beiden jeweils rund 850 Meter langen Geraden in Sepang besonders hohe Ansprüche an die Motoren. Obwohl die Piloten in Malaysia pro Runde jeweils zu rund 60 Prozent Vollgas geben, dauert das Rennen verhältnismäßig lang. Zeitlich gesehen ist der Vollgasanteil in Sepang somit fast noch größer als in Monza - sofern es die Wetterbedingungen zulassen.

Die beiden langen Geraden führen in verschiedene Richtungen. Das reduziert die Auswirkungen von möglichen Änderungen der Windrichtung. Bei der Getriebeabstimmung des siebten Gangs geht es darum, einen optimalen Kompromiss zwischen Rennen und Qualifying zu finden. Wird der siebte Gang so abgestuft, dass er optimal für das Qualifying passt, ist das Getriebe beim Start des Rennens zu lang übersetzt, weil die Fahrzeuge dann mit vollen Tanks unterwegs sind.

Wetter als enorme Herausforderung


Fotos: Großer Preis von Malaysia


Regnerische Witterungsbedingungen stellen die Fahrbarkeit des Motors stets auf eine harte Probe. Die Renault-Spezialisten widmen deswegen speziell dem Drehmomentsensor des V8 besondere Beachtung, damit der RS27 dem Fahrer stets die gewünschte Durchzugskraft zur Verfügung stellen kann. Zudem hat der Pilot die Möglichkeit, das Ansprechverhalten des Gaspedals indirekter zu gestalten - auch dies hilft ihm, auf nasser Fahrbahn die Antriebskraft möglichst gefühlvoll auf die Straße zu bringen.

Hinzu kommt: Die RS27-Achtzylinder, die beim zweiten Lauf zur diesjährigen Formel-1-Saison zum Einsatz kommen, haben jeweils schon den Großen Preis von Australien abgespult und befinden sich damit bereits in der zweiten Hälfte ihrer vorgesehenen Laufzeit.

Fahrbarkeit und Topspeed im Vordergrund

Caterham-Pilot Heikki Kovalainen, der seit dieser Saison wieder mit einem Renault-Aggregat unterwegs ist, weiß, dass der Grand Prix von Malaysia nicht nur für die Piloten ein Kraftakt ist: Nur die beiden langen Geraden geben Mensch und Maschine die Gelegenheit, kurz durchzuatmen. Für die Motoren geht es aber pausenlos zur Sache. Wir benutzen in diesem Jahr erstmals das Energie-Rückgewinnungssystem KERS, das macht die technische Aufgabe nicht einfacher."

"Was wir uns von unserem Renault RS27-V8 wünschen, ist klar: gutes Ansprechverhalten im mittleren Drehzahlbereich, gleichzeitig hohe Spitzenleistung für die beiden Geraden. Zusätzlich benötigen wir ein erstklassig arbeitendes KERS, damit wir im direkten Zweikampf jede sich bietende Gelegenheit nutzen können."

Zwei Geraden machen Viertel der Runde aus

Remi Taffin, Leiter des Renault-Einsatzteams, freut sich auf das zweite Rennen, zumal seine Motoren zwar in Melbourne am Sieg scheiterten, aber mit Sebastian Vettel immerhin einen Piloten auf dem Podest hatten: "Rennen auf so unterschiedlichen Kursen direkt hintereinander sind logistisch und technisch eine echte Herausforderung. Aber wir werden von den Kollegen in unserem Werk in Viry-Chatillon perfekt unterstützt. Dank der guten Arbeit auf den Prüfständen haben wir die RS27-V8-Triebwerke gut auf die Eigenheiten des Sepang International Circuit vorbereitet."

Dunkle Wolken über dem Sepang International Circuit

Das Wetter zählt zu den großen Unsicherheitsfaktoren Zoom

Er bestätigt, dass die Belastungen enorm sind: "Die beiden langen Geraden mit der Haarnadel vor Start und Ziel machen allein rund ein Viertel der gesamten Runde aus. Beide Vollgasstücke sind ungefähr 850 Meter lang. Die Motoren werden dort jede Runde für etwa 12,5 Sekunden auf der Maximaldrehzahl von 18.000 Touren laufen. Zum Vergleich: Die gesamte Runde dauert etwa 1.35 Minuten. Das heißt, wir müssen unseren Partnern Aggregate mit starker Spitzenleistung liefern."

KERS-Probleme gelöst?

Den Geraden kommt auch in den entscheidenden Zweikämpfen eine enorme Bedeutung zu, weiß Taffin: "Es gilt zu beachten, dass die Geraden die bevorzugten Streckenabschnitte für einen Angriff sind. Ein perfekt funktionierendes, effizientes KERS kann helfen, Positionen zu gewinnen oder zu verteidigen. In Australien gab es bei Red Bull und Caterham leider Probleme mit dem KERS. Wir haben diese Dinge jedoch ganz genau untersucht und glauben, die Schwierigkeiten gelöst zu haben."

In Sepang ist auch die Fahrbarkeit des Triebwerks - eine Domäne Renaults - von großer Bedeutung: "Die Kurvenkombinationen vor und hinter den Hauptgeraden sind mit einem Durchschnittstempo von 210 km/h schnell und flüssig. Hier kommt es auf gute Fahrbarkeit und Ansprechverhalten der Motoren an. Beides gehört traditionell zu den Stärken unseres RS27."