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  • 21.10.2016 10:47

  • von Dieter Rencken & Dominik Sharaf

Haas' Zwischenbilanz: Schnell glücklich statt glücklich schnell

Die Teambosse erklären, warum auf den starken Saisonstart ein kleines Tief folgte, das Aeroupdate von Suzuka aber ein Ritterschlag für die Mannschaft war

(Motorsport-Total.com) - Platz acht in der Konstrukteurs-WM dank Romain Grosjean, der sämtliche 28 Punkte gesammelt hat, sowie nachlassende Leistungen nach starkem Start: Das ist eine Kurzfassung der vorläufigen Saisonbilanz für den Formel-1-Neueinsteiger Haas, der ersten US-amerikanischen Mannschaft seit dem Ausstieg von Penske 1976. Der Teamboss zeigt sich trotz der negativen Tendenz zufrieden: "Wir hatten anfangs das Glück, dass wir und die Autos so gut vorbereitet waren", sagt Gene Haas.

Titel-Bild zur News: Romain Grosjean

Haas hat sich längst zu einem Mittelfeld-Team hochgearbeitet Zoom

Anschließend hätte es Probleme gegeben, sich alle zwei oder sogar jede Woche so gut aufzustellen wie die routiniertere Konkurrenz. Denn ohne eineinhalb Jahre Vorlaufzeit blieb nicht mehr der Raum für Details. "Die anderen Teams haben die Teile besser verstanden", räumt Haas mangelnde Erfahrung ein, die sich aber längst bei seiner Truppe eingestellt hätte. "Jetzt sehen wir, dass wir zuverlässiger sind. Wir sind zehn- oder elfmal ausgefallen und immer waren Punkte möglich."

Aus diesen Gelegenheiten, so bedauert der US-Unternehmer, hätte man Kapital schlagen müssen. Doch es geht voran bei Haas: Beispiel Suzuka, als Aeroupdates bewirkten, dass erstmals beide Autos in Q3 fuhren. "Das war wichtig", reckt Gene Haas den Daumen nach oben und sieht dadurch auch die Arbeit am zur Simulation eingesetzten Supercomputer CFD in North Carolina bestätigt: "Unsere 20 Leute dort arbeiten ständig", ist er stolz, "und unser Aeropaket sah fantastisch aus."

Teamchef Günther Steiner lobt, "schon im ersten Jahr durch Tempo und nicht durch Glück" den Einzug in die Top 10 der Startaufstellung geschafft zu haben, schnauft aber aufgrund sieben elfter Plätze in den Rennen durch und denkt dabei auch an Japan: "Wir waren schneller als Williams, ganz klar. Aber wir sind nicht vorbeigekommen." Er hadert damit, dass die Defekthexe Haas zuletzt selten einen Gefallen tat: "Wenn wir vorne dabei sind, dann fällt von den Topjungs niemand aus."

Eigentlich galt der topmoderne Windkanal in Kannapolis als Ass im Haas-Ärmel, doch die Anlage dient mit drei voll ausgelasteten Schichten am Tag derzeit dem Zweck, Geld zu verdienen. "Er ist profitabler als jemals zuvor", unterstreicht Haas vor dem Hintergrund, dass sich die Formel 1 mehr dem CFD-Geschäft verschreiben könnte als den Windkanälen. Das sei kein Problem für Haas.


Fotostrecke: Das Haas-Team der 1980er-Jahre

Vor dem Heimspiel in Austin am Wochenende zeigt sich die Truppe zuversichtlich: "Ich habe bewusst versucht, die Erwartungen etwas herunterzuspielen. Besser die Leute erwarten zu wenig und bekommen dann mehr", sagt Gene Haas und glaubt nicht an euphorische Landsleute, die mit siegfähigen Lokalmatadoren rechnen: "An diese Strecke kommen wirkliche Motorsport-Fans, die die Formel 1 lieben. Sonst gäbe es diese Piste gar nicht." Einen anderen Vorteil hat der Teamchef erkannt: "Schön, dass ich kein Jetlag habe", scherzt Steiner. "Wir machen alles wie sonst, aber wir geben uns ein bisschen mehr Mühe, da es unser Heimspiel ist. Wir machen uns doch selbst den meisten Druck."