• 13.06.2010 11:57

  • von Dieter Rencken

Glock: "Wir brauchen noch mehr"

Der Virgin-Pilot im Exklusiv-Interview über den langen Entwicklungsweg, den sein Arbeitgeber noch vor sich hat, und die Schwachpunkte des aktuellen Autos

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Traditionell war diese Strecke immer gut zu dir..."
Timo Glock: "Die Strecke ist nach wie vor gut zu mir, aber das Auto ist im Moment nicht mehr gut zu mir. Wir hatten schon am Freitag etwas mit den Streckenbedingungen zu kämpfen, so wie wohl alle anderen auch. Es sieht danach aus, als würden wir etwas mehr kämpfen, da wir einfach nicht über das Niveau an Abtrieb verfügen wie die anderen Jungs."

Titel-Bild zur News: Timo Glock

Timo Glock weiß: Der Weg bis zum ersten WM-Punkt ist noch weit

"Zudem ist die Aerodynamik-Konfiguration, die wir für Kanada haben, meiner Meinung nach nicht die richtige. Wir haben einfach zu wenig Abtrieb. Wir hatten in langsamen Kurven zu sehr zu kämpfen, weswegen wir wieder auf die normale Aerodynamik-Konfiguration von der Türkei zurück gerüstet haben. Dies bestraft uns auf den Geraden sehr."#w1#

"Aber schlussendlich ist das Auto deutlich fahrbarer und damit bin ich glücklich. Zudem ist das für die Reifen im Rennen wohl etwas besser. Am Freitag waren wir von Lotus ziemlich weit entfernt, am Samstag sind wir wieder zu den drei, vier, fünf Zehntelsekunden zurückgekehrt."

"Ich war mit meinem Qualifying zufrieden. Ich hatte eine ziemlich gute Runde. Ich habe das Beste aus dem Auto geholt, mehr war nicht möglich. Darüber bin ich glücklich."

Frage: "Wenn du die Leistung von null bis zehn bewerten würdest, zehn wäre Red-Bull-Niveau und null eine totale Katastrophe, wo würdest du euch dann sehen?"
Glock: "Ich würde sagen, als wir angefangen haben, lagen wir zwischen drei und vier. Nun liegen wir bei fünf. Es ist schwierig zu sagen, denn die Leistung des Autos an sich hat sich nicht wirklich verändert, was die Fahrbarkeit betrifft. Aber wenn man den Abstand zwischen Red Bull und uns am Anfang der Saison und jetzt betrachtet, so ist es enger geworden."

Timo Glock

Virgin muss am Auto noch viel Entwicklungsarbeit leisten Zoom

"Wir haben also einen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Aber wir brauchen noch mehr. Ich hoffe, dass wir in Silverstone einen großen Schritt nach vorn machen. Dort kommt ein weiteres großes Aerodynamik-Update. Wir werden sehen, wo wir dort stehen."

Frage: "Also habt ihr relativ zu anderen Gegnern gesehen Zeit gutgemacht?"
Glock: "Wenn wir das Auto nicht verbessert hätten, wären wir sieben oder acht Sekunden von den besten Zeiten entfernt. Aber wir befinden uns nach wie vor auf demselben Niveau. Denn auch die anderen haben sich alle verbessert."

Frage: "Wenn du deine Situation bei Virgin, einem der kleinsten Teams, und jener bei Toyota vergleichst, so war Toyota eine sehr große Organisation. Sie hätten sich so oder so verschlanken müssen. Glaubst du, dass kleinere Teams in der Formel 1 die Zukunft sind?"
Glock: "Ich denke, dass dieses Jahr für die großen Teams noch ein Pluspunkt ist. Aber sie alle müssen sich verschlanken. Wenn unsere Mitarbeiter über mehr Formel-1-Erfahrung verfügen, werden wir in Zukunft besser werden."

"Ich weiß, wie es für Toyota war. Das war wie ein großes Schiff, das schwierig zu lenken ist. Ein kleineres ist einfach leichter um die Kurve zu lenken. Wir haben die richtigen Leute an Bord, sie benötigen nur noch Erfahrung in der Formel 1. Dann stehen wir in Zukunft gut da."

Frage: "Ein Team aufzubauen benötigt viel Zeit. Erneut auf einer Skala von null bis zehn, wo siehst du euch im Moment diesbezüglich und wo standet ihr zu Beginn des Jahres?"
Glock: "Zu Beginn des Jahres lagen wir in der Nähe von eins und zwei. Und nun sind wir vielleicht auf drei oder vier nach vorne gekommen. Aber wir haben noch einen weiten, weiten Weg vor uns."

Timo Glock

Der Blick auf den Zeitenmonitor hat dieses Jahr auch schon mehr weh getan Zoom

Frage: "Wo muss deiner Meinung nach das Team am meisten zulegen?"
Glock: "In Bezug auf die Entwicklung? Wir müssen das Auto weiterentwickeln. Es ist bei weitem zu schwer. Mechanisch und aerodynamisch sind wir noch nicht dort, wo wir sein sollten. Die ersten drei oder vier Monate kosteten uns jede Menge Entwicklungszeit, aufgrund der Probleme, die wir hatten."

"Die Updates, die kommen, sind in Ordnung, aber wir benötigen nach wie vor mehr. Auch mechanisch, denn das Auto ist über Unebenheiten wirklich ziemlich schlecht. Wir haben nicht die ganzen mechanischen Spezifikationen am Auto, welche die anderen Teams haben, oder über die ich bei Toyota verfügt habe. Das sind wir noch weit entfernt. Das würde uns einen guten Schritt in die richtige Richtung bescheren."

Frage: "Toyota hatte als einziges Team alles unter einem Dach, nicht einmal Ferrari hat dies. Hier ist alles unter drei Dächern, Cosworth, das Team, Nick Wirth Design und so weiter. Ist das Team zu breit verteilt, sollte man dies konsolidieren?"
Glock: "Das macht einen Unterschied aus, wenn man wirklich um die Top 5 kämpft. Ich denke, dass wir im Moment andere Probleme aus der Welt schaffen müssen. Aber natürlich wird das Leben einfacher, wenn alles unter einem Dach ist. Aber das steht bei uns im Moment etwas weiter unten auf der Liste."

Frage: "Bei Toyota hattest du einen In-Haus-Motor, nun einen Kundenmotor. Ist dies ein Nachteil?"
Glock: "Nein, ich muss sagen, dass ich über den Cosworth-Motor ziemlich überrascht war. In Bezug auf die Leistung ist er ziemlich gut, darüber bin ich ganz glücklich. Für mich macht das im Moment nicht wirklich einen Unterschied aus. Auf der Motorenseite wird sowieso nicht mehr wirklich weiter entwickelt."


Fotos: Virgin, Großer Preis von Kanada


Frage: "Es scheint aber Probleme mit der Abnutzung des Motors zu geben, wenn dieser älter wird. Scheinbar ist die Abnutzung größer als bei anderen Triebwerken. Hast du das bemerkt, kannst du das spüren? Soweit ich weiß, dürfte Cosworth auf diesem Gebiet den Motor weiterentwickeln. Bist du frustriert, dass Cosworth nicht anfragt, ob man diesbezüglich die Entwicklungsarbeit vorantreiben darf?"
Glock: "Schlussendlich ist das überall das gleiche. Cosworth muss diesbezüglich besser werden. Der Motor ist stark, aber diesbezüglich müssen wir uns verbessern. Wir müssen einen Weg finden, um dies zu schaffen."

Frage: "Wie weit ist der erste Punkt für das Team entfernt? Dabei spreche ich nicht von Punkten, die durch glückliche Umstände zu Stande kommen, sondern über solche, die man sich aus eigener Kraft holt."
Glock: "In einem echten Rennen sind wir weit davon entfernt. Wenn wir für Silverstone ein magisches Update bekommen, was wir benötigen, ja, ansonsten schaffen wir es realistisch gesehen dieses Jahr nicht mehr."

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