Glock: "Will öfter auf dem Podium stehen"
Timo Glock verrät im Interview, warum 2009 Toyotas große Stunde schlagen könnte und weshalb unbedingt der nächste Schritt folgen muss
(Motorsport-Total.com) - Nach dem Ausstieg des Erzrivalen Honda hat Toyota für 2009 vollmundig den ersten Grand-Prix-Sieg als erklärtes Saisonziel ausgegeben. Das widerspricht allem, was die Japaner bisher in der Formel 1 erreicht haben, passt aber zur Linie des Konzerns, der Erfolge sehen will, weil er sonst keine Lust mehr verspürt, das Team weiterhin zu finanzieren.

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Timo Glock geht mit großen Erwartungen in seine zweite volle Rennsaison
Timo Glock geht dennoch guter Dinge in die neue Saison. Nach dem Erreichen seiner persönlichen Ziele im vergangenen Jahr möchte er 2009 vor allem etwas öfter auf das Podium fahren, seinen guten Ruf weiter ausbauen und Teamkollege Jarno Trulli stärker fordern oder gar konstant besiegen. Am Rande der Testfahrten in Portimão präsentierte er sich jedenfalls in bester Laune. 'Motorsport-Total.com' war dabei.#w1#
Gewöhnungsbedürftige Autos
Frage: "Timo, die Autos sehen 2009 massiv anders aus als im Vorjahr. Wie findest du die Optik mit einem Wort?"
Timo Glock: "Gewöhnungsbedürftig. Wenn man die Autos der letzten drei, vier Jahre sieht, die natürlich in der Aerodynamik sehr ausgefeilt und sehr schön waren, und sie mit den jetzigen Autos vergleicht, dann hat man das Gefühl, da ist irgendetwas vergessen worden! Es sieht schon anders aus, aber bei unserem Auto ist es noch ganz gut ausgegangen. Wir sehen von der Optik her ganz gut aus, aber jetzt muss es natürlich auch noch schnell sein. Es ist gewöhnungsbedürftig, aber wenn man ständig 20 solche Autos auf der Strecke rumfahren sieht, wird man sich sehr schnell daran gewöhnen."
Frage: "Es gibt dieses Jahr viele Neuerungen. Was erwartest du dir von der Saison 2009?"
Glock: "Schwer zu sagen. Keiner weiß, wo er im Moment steht. Für die Fans, für die Fahrer und für die Teams ist es natürlich sehr spannend, wer über den Winter gut gearbeitet hat. Für uns zählt nur eins, nämlich noch einmal einen Schritt nach vorne zu machen. Mit den vielen Regeländerungen wird das schwierig, aber genau das kann unsere Stärke ausmachen, wenn wir vielleicht für das erste Rennen sehr gut aussortiert sind. Auf dem Podium in Budapest hat es mir letztes Jahr ganz gut gefallen, von daher möchte ich das eine oder andere Mal öfter auf das Podium fahren. Der Traum wäre der erste Sieg für Toyota, aber dafür muss man einmal abwarten, wie die ersten Tests laufen."
Frage: "Die Regeländerungen sind die größten seit vielen Jahren. Hast du das Gefühl, dass das Ranking dadurch komplett durcheinandergewürfelt werden könnte?"
Glock: "Doch, das ist schon das Gefühl. Für uns ist es natürlich gut, dass fast alle bei null anfangen. Wenn man hört, dass Ferrari sagt, sie würden dieses Jahr gerne zu den Topteams zählen, dann zeigt das, wie verunsichert alle sind. Ich glaube, das kann ein Vorteil für uns sein. Wir haben in Köln die Möglichkeiten, einen guten Job zu machen, und nach der guten Performance im letzten halben Jahr sind alle sehr motiviert. Deswegen hoffen wir alle, dass wir einen großen Schritt nach vorne machen können und vielleicht sogar als eines der drei Topteams in die ersten drei Rennen gehen können."
Frage: "Manche Experten sagen, dass Toyota jetzt nach vorne kommen muss, sonst könnte es das gewesen sein. Spürst du deswegen einen Druck, spielt das eine Rolle für dich - oder lässt sich das komplett kalt?"
Glock: "Im Moment steht wegen der Lage in der Automobilbranche jedes Formel-1-Team unter Druck. Man muss dieses Jahr einen Schritt nach vorne machen - und das ist natürlich auch bei uns der Fall. Ich glaube aber, wenn wir konzentriert unseren Job machen, können wir dem aus dem Weg gehen. Den Schritt müssen wir machen - den Druck hat jeder in der Firma, auch wir Fahrer und die Ingenieure. Es sind aber alle bei uns motiviert, weil sie diesen Schritt machen wollen, sodass sie keine Angst davor haben. Die Ideen sind da. Das ist ein gutes Zeichen."
Aufbruchstimmung in Köln
Frage: "Ist das eine neue Aufbruchstimmung, die vorher noch nie da war?"
Glock: "Ob die vorher schon mal da war, weiß ich nicht, denn ich bin ja erst seit einem Jahr bei Toyota. Aber ich denke schon, dass wir auch in der Teammotivation einen Schritt nach vorne gemacht haben."
Frage: "Es gibt dieses Jahr KERS neu, die Aerodynamik wurde bereinigt, die Slicks sind wieder da. Wie gefällt dir das generell? Ist das in Summe vielleicht schon fast zu viel?"
Glock: "Für die Fans ist es glaube ich immer zu viel, wenn so ein großes Regeländerungspaket kommt, aber ich würde sagen, die Slickreifen sind schon mal ein positives Zeichen - auf ein Formel-1-Auto gehören meiner Meinung nach einfach Slickreifen drauf. Dass die Aerodynamik beschnitten wurde, ist auch positiv, weil es wieder mehr auf die Mechanik ankommt. Wir alle hoffen, dass das Überholen dadurch deutlich einfacher wird. Das KERS-System ist für die Automobilbranche technisch gesehen eine Riesenherausforderung. Die Frage ist natürlich, ob man das alles in einem so kurzen Zeitraum auf die Beine stellen kann."
Frage: "Wie würdest du KERS den Fans am einfachsten erklären?"
Glock: "Das ist schwierig, weil es verschiedene Systeme gibt. Williams benutzt zum Beispiel ein anderes System als wir. Das ist schwierig rüberzubringen. Aber auch im Rennen wird es nicht einfach, zu verstehen, wer noch wie viel Saft in der Batterie hat. Ich glaube, da müssen sich auch die TV-Sender etwas einfallen lassen, wie man das für die Fans am besten darstellen kann, denn das wird mit Sicherheit ein schwieriges Thema."
Frage: "Was bedeuten diese Regeln deiner Meinung nach für die Show der Formel 1?"
Glock: "Vom Gefühl her glaube ich schon, dass es ein Schritt in die richtige Richtung ist, wenn man die Zahlen sieht, die auf dem Papier stehen. Man muss das aber erst einmal ausprobieren und abwarten, wie sich das erste Rennen entwickelt. Es ist ein Neuanfang und ein Schritt in die richtige Richtung, glaube ich."
Frage: "Und was ist dein persönliches Ziel für diese Saison?"
Glock: "Öfter auf dem Podium zu stehen als letztes Jahr und einfach wieder einen guten Job machen. Ich will mich steigern. Damit wäre ich recht happy."

