Gelingt Balbir Singh 2010 die Sensation?

Mit Michael Schumacher revolutionierte Fitnessguru Balbir Singh die Formel 1: Mit Force India 2010 zurück auf das oberste Siegertreppchen?

(Motorsport-Total.com) - Ein halbes Jahr lang trainierte er wie ein Berserker. Legte sich extra ein neues Nackentrainingsgerät zu, um den Belastungen des Grand-Prix-Sports gewachsen zu sein. Comeback-Superstar Michael Schumacher hat es wieder einmal bewiesen: Es bedarf viel Schweiß und enormer Härte gegen sich selbst, um für die Formel 1 bereit zu sein. Auch abseits der Rennpiste.

Titel-Bild zur News: Balbir Singh

Im Kreise indischer Schönheiten: Balbir Singh betreut 2010 die Force-India-Fahrer

Vor allem die Fliehkräfte sind es, die den Piloten das Leben schwer machen - heute mehr als im Zeitalter der Rillenreifen. Nach den ersten Testfahrten mit Slicks berichtete ein Pilot: "Ich hoffte, dass der Motor bald den Geist aufgibt, denn die Kurvengeschwindigkeiten sind durch die Slicks deutlich höher. Mein Nacken war am Limit."#w1#

Alles begann mit Niki Lauda

Aus diesem Grund setzen die Piloten auf Physiotherapeuten und Fitmacher - Vorreiter in diesem Bereich war in den 1970er-Jahren Niki Lauda, der damals vom legendären österreichischen Fitnessguru Willi Dungl betreut wurde. Sein damaliger Ferrari-Teamchef Daniele Audetto ist noch heute überzeugt: "Niki hat damals die Formel 1 revolutioniert. Davor gab es doch nur Herrenfahrer."

Die nächste Revolution leitete Schumacher ein: Für seine abgekämpften Rivalen muss es wie eine Provokation gewirkt haben, als der Kerpener nach den Rennen ohne einen einzigen Schweißtropfen auf der Stirn aus seinem Boliden stieg. Der dafür mitverantwortliche Mann grinste dann meist zufrieden im Hintergrund: Balbir Singh, der einstige indische Fitnessguru des Deutschen. Er vertritt einen ganzheitlichen Ansatz, legt viel Wert auf die mentale Seite.

Ex-"Schumi"-Fitnessguru betreut Sutil und Liuzzi

Singh hatte sich 2005 aus der Formel 1 zurückgezogen, um nach eigenen Angaben dem Reisestress zu entgehen. Doch nur drei Jahre lang hielt es der stets gut gelaunte Inder ohne die "Königsklasse" des Motorsports aus - im indischen "Nationalteam" Force India feierte er 2008 ein Comeback. Neben Adrian Sutil betreut er dort vor allem Vitantonio Liuzzi, der in der Formel-1-Szene zwar als äußerst talentiert gilt, aber auch den Ruf hat, dem Partylebens nicht allzu abgeneigt zu sein.

Vitantonio Liuzzi

Vitantonio Liuzzi und Force India wollen 2010 zu den Topteams aufschließen Zoom

Doch Singh bricht gegenüber 'Formula1.com' eine Lanze für den Italiener: "Ich habe mit ihm zuletzt sehr viel Zeit verbracht, entweder kam er zum Training nach Deutschland oder ich besuchte ihn in Italien. Er hat wirklich hart trainiert." Durch das Testverbot mussten die Piloten drei Monate lang aufs Formel-1-Fahren verzichten - eine ungewöhnlich lange Zwangspause.

"In der rennfreien Zeit haben wir uns aufs Ausdauertraining wie zum Beispiel Radfahren konzentriert", verrät Singh. "Während der Saison muss man da nicht mehr so viel machen, weil das Fahren ohnehin fit hält. Zudem machten wir Entspannungsübungen wie Tai Chi und Yoga."

Singh: "Geist, Körper und Seele müssen harmonieren"

Singhs ganzheitlicher Zugang macht Sinn. Schließlich gelingt es nur wenigen Rennfahrern, im Qualifying ihr volles Potenzial zu entfalten. Dann, wenn es darauf ankommt, die Leistung auf den Punkt zu bringen. Ist die Formel 1 also doch Kopfsache? "Ausschlaggebend ist Folgendes: Du brauchst ein gutes Gesamtpaket aus Geist, Körper und Seele."

"Entspannungstechniken helfen den Piloten dabei, zur Ruhe zu kommen - dadurch haben sie einen geschärften Geist, wenn sie zur Strecke kommen, da sie entspannter sind. Das ist vor allem in der Formel 1 wichtig, denn nirgendwo ist der Druck so groß", findet Singh.

Eines ist klar: Singh steht vor einer großen Herausforderung. Der neue Force-India-Betriebsdirektor Otmar Szafnauer peilt dieses Jahr Platz fünf hinter den vier Top-Teams an, Sutil muss im vierten Formel-1-Jahr seine Fehleranfälligkeit in den Griff kriegen, Liuzzi spürt bereits den heißen Atem von Testfahrer Paul di Resta, der am Freitag zum Einsatz kommen wird.

Singh kann also einiges bewirken, da Force India schon im Vorjahr sein enormes Potenzial bewiesen hat. Und wer weiß: Vielleicht gelingt es dem sympathischen Inder nach Schumacher sogar noch einmal, einen seiner Piloten aufs oberste Treppchen eines Formel-1-Rennens zu bringen.