• 18.08.2005 10:46

Ganz Istanbul fiebert der Formel 1 entgegen

Die Türken freuen sich auf die Grand-Prix-Premiere in Istanbul - Hype nur getrübt durch die Terrorangst, der intensiv vorgebeugt wird

(Motorsport-Total.com/sid) - Kultur hin, Fußball her: Ganz Istanbul fiebert in diesen Tagen nur der Formel 1 entgegen. Der erste Auftritt von Michael Schumacher und Co. im Istanbul Park am Sonntag ist die neueste Attraktion in der Jahrhunderte alten Metropole im Schmelztiegel der Kulturen.

Titel-Bild zur News: Istanbul im Formel-1-Fieber

Überall in Istanbul wird für den Grand Prix am kommenden Wochenende geworben

Die Vollgasshow von Bernie Ecclestone soll die Türkei weltweit noch etwas bekannter machen und mittelfristig mehr Touristen in das boomende Land am Bosporus zu locken. "Dieses Rennen wird einen großen Beitrag für dieses Land und seine Wirtschaft leisten. Den Wert der Publicity kann man gar nicht in Zahlen fassen", sagt der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan.#w1#

Schumacher: "Die Menschen lieben den Motorsport"

Der siebenmalige Weltmeister Michael Schumacher und seine Kollegen sollen zu Zugpferden für die Türkei werden - und der Ferrari-Star freut sich bereits auf die Eroberung neuer Welten: "Ich war schon einmal vor einigen Jahren während eines Sponsorentermins in Istanbul, und ich kann mich noch an die Begeisterung erinnern", sagt der Kerpener. "Ich hatte den Eindruck, die Menschen lieben den Motorsport, und denke daher, die Leute freuen sich genauso auf uns wie wir uns auf sie."

Dass die Piloten ihren Spaß an der neuen Rennstrecke haben werden, dafür hat in bewährter Manier der deutsche Architekt Hermann Tilke gesorgt. Für insgesamt 120 Millionen Euro inklusive Parkplätzen und Zufahrtsstraßen hat der Aachener, der bereits die Strecken in Malaysia, Bahrain und China sowie den neuen Hockenheimring entworfen hat, rund 50 Kilometer südöstlich des Stadtzentrums eine 5,340 Kilometer lange Berg- und Talbahn entstehen lassen, die den Fahrern einiges abverlangen wird - nicht nur, weil sie für die Fahrer ungewohnt wie sonst nur noch Imola und Interlagos gegen den Uhrzeigersinn gefahren wird. Steigungen, nicht einsehbare Kurven, Bremspunkte auf abschüssiger Straße - Tilke hat tief in seine Trickkiste gegriffen.

Türken erwarten sich durch die Formel 1 mehr Touristen

Finanziert hat den Streckenbau, bei dem rund drei Millionen Kubikmeter Erde und Felsen bewegt und sogar ein Fluss unter der Strecke durchgeführt wurde, die türkische Handelskammer, die auf einen weiteren Schub für die Besucherzahlen setzt. 2004 begrüßte die Türkei 17,5 Millionen Touristen, in diesem Jahr sollen es schon mehr als 20 Millionen werden.

Zwischen 80 und 100 Millionen Euro Umsatz soll allein das Rennwochenende bringen. Und vielleicht nehmen sich ja auch noch ein paar Formel-1-Piloten ein Beispiel am Schotten David Coulthard: Der war bei einer PR-Veranstaltung mit seinem Red-Bull-Cosworth-Boliden auf der abgesperrten Bosporusbrücke von der Videoanlage gefilmt worden - mit Türkei-Werbung am Auto, aber ohne Mautvignette. Die 22 Euro Strafe zahlte er als Ehrenmann ohne Murren.

Damit die werbewirksame Premiere nicht zu sehr gestört wird, versuchen die Behörden vor allem, das befürchtete Verkehrschaos zu verhindern. Weil die Zuschauer aus dem europäischen Teil der einzigen auf zwei Kontinenten liegenden Stadt der Welt über nur zwei Bosporusbrücken zur Rennstrecke im asiatischen Teil fahren müssen, hat man sich einen besonderen Zubringerservice einfallen lassen. Die Fans sollen mit Schiffen über das Meer zum Kurs gebracht werden.

Thema Sicherheit steht derzeit im Vordergrund

Sehr ernst nehmen die Türken das Thema Sicherheit, nicht zuletzt wegen der letzten Bombenanschläge im Juli und August in türkischen Urlauberhochburgen. Mehrere tausend Polizisten und 1.000 Soldaten sollen den Formel-1-Tross schützen. Zwei Drittel aller Krankenwagen der Stadt werden am Wochenende in der Nähe der Rennstrecke zusammengezogen, zusätzliche Feuerwehrwagen kommen aus anderen Städten. Notärzte und Rettungssanitäter haben Urlaubssperre.

Bleibt nur die Frage, ob die rund 130.000 Zuschauerplätze an der Strecke am Sonntag auch richtig gefüllt sein werden. Der Vorverkauf lief schleppend, vor allem wegen der für türkische Verhältnisse hohen Preise zwischen 150 und 350 Euro.

Damit zumindest der Lärm keinen der Zuschauer vor weiteren Besuchen, zum Beispiel bei der Tourenwagen-WM (18. September), der DTM (2. Oktober) oder der Motorrad-WM (30. Oktober), abhält, lässt Istanbuls Bürgermeister Kadir Tophas vorbeugen: Auf seinen Wunsch werden 70.000 Ohrstöpsel verteilt...