• 14.10.2010 17:28

  • von Gerald Dirnbeck & Markus Miksch & Dieter Rencken

Gallagher gibt Aufschluss über Motorenregeln für 2013

Noch ist das Motorenreglement ab 2013 nicht beschlossen, doch es handelt sich nur noch um Details - Cosworth-Manager Mark Gallagher über den aktuellen Stand

(Motorsport-Total.com) - Ab der Saison 2013 wird in der Formel 1 ein neues Motorenreglement gelten. Noch sind die Regeln nicht beschlossene Sache, aber die Eckdaten stehen: 1,6 Liter Hubraum, vier Zylinder in Reihe, Turbolader mit drei bar Ladedruck, Drehzahlbegrenzer bei 10.500 Touren, ungefähr 650 PS Leistung und ein integriertes Hybridsystem (KERS). Als einzige unabhängige Motorenschmiede ist Cosworth in der Königsklasse vertreten. Manager Mark Gallagher hat sich zur Motorenzukunft geäußert.

Titel-Bild zur News: V6-Turbo von Ford-Cosworth

In der Turbo-Ära hatte die Cosworth einen V6-Turbo-Motor entwickelt

"Wir hatten in den letzten Jahren konstruktive Gespräche zwischen den Konstrukteuren und der FIA. Die vorgeschlagenen Regeln treffen auf allgemeine Akzeptanz. Nämlich ab 2013 mit einem Vier-Zylinder-Turbomotor zu starten, den Benzinverbrauch drastisch zu senken und Energierückgewinnungssysteme wie KERS einzusetzen", so Gallagher.

"All das ist der Öffentlichkeit schon seit längerem bekannt. Wir befinden uns derzeit in den letzten Verhandlungsrunden, wo die Details des Regelwerks ausgearbeitet werden. Oft sind es die Details, die Probleme aufwerfen. Von einem konservativen Standpunkt aus, sind wir dazu bereit, uns auf das neue Motorenregelwerk einzulassen."

Ein entscheidender Faktor ist die Kosteneffizienz. Die Formel 1 will bekanntlich in allen Bereichen sparen. "Für uns ist es aber wichtig, dass es leistbar bleibt, und dass bei den Regeln noch genau ausgearbeitet wird, welche Technologien eingesetzt werden und wie weit entwickelt werden darf, damit wir nicht zur Einheitsserie werden. Nehmen wir zum Beispiel ein Detail, wie den Turbolader heraus: Werden wir einen Krieg bei der Entwicklung der Turbolader erleben, oder werden alle denselben verwenden?", wirft Gallagher in den Raum.

"Und das betrifft alle Teile des Motors. Die generelle Vereinbarung steht, aber es ist noch nicht genau genug ausgearbeitet. Es betrifft auch ein sehr sensibles Thema, über das sich die Formel 1 definiert. Wir müssen aber auch darauf schauen, dass die Formel 1 für den Zuschauer attraktiv wird, dass sie für Hersteller interessant bleibt und dass wir Sponsoren dazubekommen."

"Wir erwarten jetzt aber nicht, dass uns die Hersteller die Türen einrennen, um in der Formel 1 zu sein. Aber mehrere Teams haben sich beklagt, dass es Barrieren für neue Sponsoren gibt, die mit dem Image des Sports zusammenhängen. Nämlich, dass wir benzinschluckende Motoren mit vielen Zylindern benutzen."

Dann nennt Gallagher ein Beispiel: "Es kommt auf die Sichtweise an. Man kann natürlich damit argumentieren, dass die Tour de France mehr Emissionen ausstößt als ein Formel-1-Rennen. Aber so wird die Formel 1 nicht aufgenommen. Um unseren Sport ausüben zu können, müssen fossile Brennstoffe benutzt werden."

Mark Gallagher ist seit Sommer 2009 bei der Motorenschmiede Cosworth Zoom

"Diese Message ist sehr heikel in unserer Zeit, speziell für Sponsoren, die in den Sport einsteigen wollen. Es ist auch wichtig für die Automobilhersteller, denn die Kunden wollen die gleiche Leistung, aber kleinere Motoren, die benzinsparender sind. Die Hybridtechnologie ist bereits weit fortgeschritten, also muss das auch in der Formel 1 stattfinden."

"Jetzt waren wir beispielsweise in Japan, wo der Toyota Prius seit Monaten das meistverkaufte Auto ist. Die Bedürfnisse der Menschen ändern sich ständig und die Formel 1 muss sich daran anpassen. Die FIA weiß ganz genau, in welche Richtung es gehen soll. Wir können mit diesen Veränderungen leben, solange es sich in einem finanziellen Rahmen bewegt."

Audi in die Gespräche involviert

Der VW-Konzern soll angeblich mit einem Einstieg in die Königsklasse liebäugeln. "Wir wissen schon lange über ihr Interesse, das kam nur erst jetzt an die Öffentlichkeit", bestätigt Gallagher die Gerüchte. "Audi ist in die Gespräche involviert. Jeder in der Arbeitsgruppe nimmt auch auf deren Anliegen und die der anderen Rücksicht. Dass wir vielleicht auch weiterhin mit V8-Motoren unterwegs sind, soll andere nicht ausgrenzen. Aber es gibt auch die Möglichkeit, dass wir das bestehende Regelwerk für weitere zwei Jahre beibehalten."

"Die Lust der Hersteller hält sich in Grenzen, Millionen in Motoren zu investieren. Wir sind uns in viel mehr Punkten einig als uneinig. Wenn wir bis Dezember eine Einigung erzielen, wären wir glücklich und würden gleich beginnen, einen Motor zu bauen. Wir wollen nur sicher sein, dass es nicht um jeden Preis ist."

Gegen Jahresende sollte das Reglement abgesegnet sein, denn damit haben alle zwei Jahre Vorbereitungszeit. "In den nächsten zwei Monaten sollte das Reglement stehen. Die Regeln für das Fahrwerk sind schon seit Monaten formuliert und durchlaufen mehrere Versuchsstadien. Das Gute an dem Prozess ist, dass die FIA jedem erlaubt, etwas beizutragen. Es gab große Anstrengungen, um von allen einen Beitrag zu haben."

Rubens Barrichello

Mit Williams qualifiziert sich Cosworth regelmäßig in den Top 10 Zoom

Noch finden zahlreiche Gespräche statt. "Dass wir wieder elektronische Fahrhilfen einsetzen, ist noch nicht vom Tisch. Darüber wird noch diskutiert", so Gallagher. "Wichtig ist aber, dass die Regeln langfristig halten. Die Entwicklungskosten sollen sich über zwei Jahre amortisieren. Und das Motorenregelwerk soll nicht erst im Jahr bevor es in Kraft tritt fixiert werden."

"Es gibt Überlegungen, Energierückgewinnungssysteme zu vereinheitlichen, wie etwa jene für die Abgase. Jeder will, dass die neuen Regeln noch in diesem Jahr fixiert werden. Bislang ging es in die richtige Richtung, und es will auch keiner eine Einheitsserie."

Geschätzte Kosten bei 20 bis 30 Millionen Euro

Wie viel wird die Entwicklung der neuen Motoren kosten? " Ein Hersteller wird zwischen 20 und 30 Millionen Euro für die Entwicklung ausgeben", schätzt Gallagher. "Kann man 100 Millionen für einen Motor ausgeben? Natürlich geht das, aber wir befinden uns nicht in dieser Zeit. Speziell Cosworth nicht, denn wir sind davon abhängig, dass wir den Teams leistbare Motoren zur Verfügung stellen. Das ist unser Geschäft."

"Der Motor macht in der Formel 1 keinen großen Unterschied aus. Die Reifen können die Leistung viel mehr beeinflussen. Die Motoren liegen leistungsmäßig alle innerhalb eines Prozents. Manche Leute jammern zwar darüber, dass die Motoren nicht gleich sind, aber man muss sich nur die WM ansehen."

"Wir sind davon abhängig, dass wir den Teams leistbare Motoren zur Verfügung stellen. Das ist unser Geschäft." Mark Gallagher

"Die drei Teams an der Spitze fahren mit unterschiedlichen Aggregaten und Rubens Barrichello hat sich schon als Sechster qualifiziert. Die Ausgeglichenheit ist beeindruckend. Wenn wir das mit den neuen Regeln auch erreichen, dann ist es ein Erfolg. Es gibt aber keinen Grund dafür, Unmengen an Geld auszugeben."

Cosworth plant bereits die Zukunft

Speziell für die kleinen Privatrennställe sind günstige Motoren wichtig. "Bei den kleinen Teams geht es bei den neuen Regeln auch darum, ob sie überleben oder nicht. Wir wollen deshalb, dass es leistbar ist und uns nicht darum sorgen müssen, ob wir auch in Zukunft Teil der Formel 1 sind. Wir haben aber keine Angst und sind deshalb auch nicht beunruhigt. Wir sind da mit Renault, Mercedes und den anderen auf einer Wellenlänge, dass die neuen Regeln nicht hunderte Millionen Dollar kosten sollen."

Cosworth beliefert die drei Neueinsteiger plus Williams. 2013 wird die Motorenschmiede weiterhin in der Königsklasse vertreten sein. "Die Automobilhersteller haben klar gemacht, dass sie Cosworth in der Formel 1 halten wollen. Einen unabhängigen Hersteller zu haben, der leistbare Aggregate zur Verfügung stellt, ist eine gute Sache. Die FIA hat eng mit uns gearbeitet."

Heikki Kovalainen, Lucas di Grassi

Die drei neuen Teams haben alle Cosworth-Aggregate im Heck Zoom

Wie verlaufen also die Planungen für 2013? Gallagher gibt die Antwort: "Wir haben verschiedene Ideen und Konzepte. 2011 wird der Motor wahrscheinlich entwickelt werden, der dann 2012 viele Langzeittests durchlaufen wird. Das Gute an Cosworth ist, dass wir uns hauptsächlich um Motoren kümmern und darin stark sind. Wir haben uns mit einigen Ingenieuren bereits für 2013 geeinigt. Jetzt müssen wir nur abwarten wie die Regeln aussehen werden. Zwei Jahre Entwicklungszeit ist kein Problem."