Fry: Wieso die Reifen in Monaco eine Schlüsselrolle spielen

Ferrari-Technikchef Pat Fry erklärt, worauf es in Monaco ankommt und warum die Strategen hier bezüglich der Reifen eine besondere Verantwortung tragen

(Motorsport-Total.com) - Ferrari hat gerade rechtzeitig vor dem Klassiker in Monaco die Kurve gekratzt. Bei Fernando Alonsos Heimspiel in Barcelona erwies sich zumindest das Auto des Spaniers als konkurrenzfähig - nur die Sternstunde von Überraschungsmann Pastor Maldonado im Williams verhinderte den zweiten Saisonsieg Alonsos und damit die WM-Führung.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso, Felipe Massa

Ferrari erwies sich beim Grand Prix von Spanien klar auf dem Vormarsch

Somit hat der bereits heftig unter Druck stehende Technikchef Pat Fry gerade noch den Kopf aus der Schlinge gezogen. Nach den enttäuschenden Tests und dem harzigen Saisonstart schienen rollende Köpfe in Maranello bereits unvermeidlich, doch Alonsos Sieg in Sepang, der auf die außergewöhnlichen Wetterbedingungen und die fahrerische Klasse des zweifachen Weltmeisters zurückzuführen war, gab der zum Erfolg verdammten Truppe etwas Zeit.

Wie stark ist Ferrari in Monaco?

Doch wie stark wird sich Ferrari in Monaco präsentieren? Auf den ersten Blick sieht es für den zweifachen Monaco-Sieger Alonso und seinen vielgescholtenen Teamkollegen Felipe Massa gut aus, denn bei den ersten Rennen 2012 schienen die Aerodynamik und der Topspeed auf der Geraden die Schwachpunkte des F2012 - zwei Faktoren, die im Fürstentum eher von geringer Bedeutung sind. Doch gegen die Roten spricht, dass der Bolide trotz deutlicher Verbesserungen immer noch an Traktionsproblemen leidet - das machte der Grand Prix von Spanien, wo Maldonado stets deutlich besser aus der langsamen Schikane vor der Zielkurve herauskam, deutlich.

"Man muss das Auto in Monaco komplett anders einstellen." Pat Fry

Wichtig ist aber vor allem, dass der nach den Tests in Mugello runderneuerte Bolide den Piloten mehr Vertrauen gibt - ein Schlüsselfaktor in den Straßenschluchten von Monaco. "Man muss das Auto in Monaco komplett anders einstellen", erklärt Technikchef Fry. "Auf einem Stadtkurs kann man am Kurveneingang nicht so hart attackieren wie auf einer normalen Strecke, denn die Mauern sind beim Eingang und beim Ausgang so nah bei der Strecke. Dennoch ist es genauso schwierig wie auf anderen Strecken, die richtige Fahrzeug-Balance zu finden."

Spanien-Updates sollten sich auch in Monaco rentieren


Fotos: Benefiz-Fußballspiel in Monaco


In Monaco geht es aber vor allem um eines: Abtrieb. Schließlich handelt es sich um die langsamste Strecke im Kalender. "Abtrieb ist viel wichtiger als Effizienz und Motorleistung", bestätigt Fry. "Man benötigt so viel Abtrieb wie möglich - und ein Auto, das sich konstant verhält." Gerade in Sachen Abtrieb machte das Team vor dem Rennen in Spanien einen großen Sprung - das sollte sich auch in Monaco positiv bemerkbar machen.

"Abtrieb ist viel wichtiger als Effizienz und Motorleistung." Pat Fry

"Als Resultat vieler Stunden im Windkanal und auf der Strecke brachten wir viele Updates, darunter ein anderer Frontflügel, Unterboden, Leitbleche, Bremsbelüftungen und ein neuer Heckflügel", zählt der Brite die neuen Teile vor dem letzten Rennen auf. "Alles in allem sind wir recht glücklich mit unseren Updates, aber wir haben natürlich noch einen weiten Weg vor uns und müssen jetzt in einer ähnlichen Frequenz weiterarbeiten. Wir werden an diesem Wochenende noch ein paar kleinere Updates dabei haben, um etwas mehr Abtrieb zu erzielen. Zudem wird es interessant, wie die unterschiedlichen Autos mit ihren Reifen umgehen werden."

Die Reifen einmal mehr als Schlüsselfaktor

Bereits Sebastian Vettel hatte angekündigt, dass er auch in Monaco ein Reifenroulette erwarte - auch Fry geht davon aus, dass sich das Rennen im Fürstentum diesbezüglich nicht von seinen Vorgängern in dieser Saison unterscheiden wird. "Wir haben gesehen, dass nur eine kleine Änderung der Streckentemperatur große Auswirkungen auf die Reifentemperatur haben kann", erklärt der ehemalige McLaren-Mann. "Abgesehen von der Temperatur-Empfindlichkeit reagieren sie auch recht empfindlich darauf, wie der Fahrer mit ihnen umgeht."

"Wenn man im Verkehr steckt, dann nimmt man die Reifen härter ran." Pat Fry

Fry beschreibt dies anhand eines Beispiels: "Wenn der Fahrer in einem Rennen, wo drei Stopps die Norm sind, sehr vorsichtig mit den Hinterreifen umgeht, dann könnten sie in einer Verfassung sein, wo sich auch zwei Stopps ausgehen. Wenn man aber hart pusht, dann bauen die Reifen ab - ein Fahrer kann sie ein wenig beschädigen, wenn er pusht. Wenn man also im Verkehr steckt, dann nimmt man die Reifen härter ran als wenn man freie Bahn hat."

Strategen im Dauerstress

Das könnte sich vor allem in Monaco, wo das Überholen besonders schwierig ist, eine große Rolle spielen. Doch das ist nicht die einzige Herausforderung für die Strategen. "Die Runde ist in Monaco sehr kurz, daher haben wir weniger Bedenkzeit", sagt der Brite. "Während man also alle üblichen Faktoren wie Reifenabbau in Betracht zieht, darf man nicht vergessen, die Fahrer aus dem Verkehr herauszuhalten, damit sie freie Bahn haben. Daher ist es immer eine Herausforderung, wenn man im Mittelfeld startet - ein vorderer Startplatz macht das Leben etwas einfacher."

"Die Runde ist in Monaco sehr kurz, daher haben wir weniger Bedenkzeit." Pat Fry

Obwohl Monaco für viele das wichtigste Rennen des Jahres ist, blickt das Team bereits in die Zukunft, schließlich müssen die Updates für die kommenden Rennen vorbereitet werden. "Mittelfristig bringen wir jetzt ständig Updates", so Fry. "Das gilt aber für alle Teams. In Kanada werden wir ein neues Heckflügel- und ein neues Frontflügel-Paket dabei haben - das wird auf dieser Strecke für einen unterschiedlichen Abtrieb sorgen. Auch die Arbeit am Auspuffsystem geht weiter - eine neue Testversion steht schon bereit."

Der Ferrari-Mann bestätigt, dass die Tests in Mugello das Team um einen entscheidenden Schritt nach vorne gebracht haben: "Zu Beginn des Jahres haben wir viel gelernt, und so konnten wir uns vieler Probleme beim Mugello-Test vor dem Spanien-Grand-Prix annehmen. Jetzt besitzen wir ein gutes Verständnis von unserem Auto und werden versuchen, die Performance ständig zu verbessern - so werden wir nun bis zum letzten Rennen verfahren."