• 20.06.2003 16:28

Frentzen: "Ich denke noch nicht ans Aufhören"

Der Sauber-Pilot spricht vor seinem 150. Grand Prix ausführlich über seine Formel-1-Karriere, Wünsche für die Zukunft und Privates

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Der Grosse Preis von Europa wird Ihr 150. Grand Prix sein. Weckt das spezielle Gefühle?"
Heinz-Harald Frentzen: "Um ehrlich zu sein: nicht wirklich. Normalerweise interessieren mich Statistiken nicht! Ob es mein 36. Geburtstag oder 150. Grand Prix ist. Allerdings begehe ich mein 150. Grand-Prix-Jubiläum vor meinen Fans in Deutschland und das macht es dennoch besonders."

Titel-Bild zur News: Heinz-Harald Frentzen (Sauber)

Frentzen sieht sich selbst als eine Art Messlatte für junge Piloten

Frage: "Sie sind jetzt seit zehn Jahren in der Formel 1. Welches sind die grössten Veränderungen, die es in dieser Zeit gegeben hat?"
Frentzen: "Es gibt ständige Entwicklungen in der Formel 1, die uns erlauben, trotzdem die FIA von Jahr zu Jahr die Fahrzeuge drosselt, Rundenrekorde zu fahren."

Frage: "Sie sind mit Ihren 36 Jahren einer der älteren Formel-1-Fahrer. Denken Sie noch nicht ans Aufhören?"
Frentzen: "Nein, ich denke noch nicht ans Aufhören. Ich sehe mich momentan als eine Art Messlatte für junge Piloten, die in die Formel 1 einsteigen. Ich bin nur so alt wie ich mich fühle. Im Gegensatz zu anderen Hochleistungssportarten gibt es im Motorsport keine typischen Verschleisserscheinungen. Auch von der psychologischen Seite her stört es mich nicht, 36 zu sein."

Frage: "Was fasziniert Sie denn immer noch an der Formel 1?"
Frentzen: "Es ist die Kombination aus Sport und Technik, gepaart mit der fahrerischen Leistung. Das Fahren ist etwas Besonderes, denn in der Formel 1 muss jeder sein Bestes geben. Das Auto an seine Leistungsgrenzen zu bringen, ist die Herausforderung."

Frage: "Welche ist Ihre schönste Erinnerung aus diesen zehn Jahren?"
Frentzen: "Es gibt viele schöne Erinnerungen. Da sind zum Beispiel mein Einstieg in die Formel 1 und die Rennerfolge, die ich feiern konnte. Und mit diesen Erinnerungen lohnt es sich, weiterzumachen."

Frage: "Und welche Ihre grösste Enttäuschung?"
Frentzen: "Die Saison von 1997. Das war das einzige Jahr, in dem ich ein Auto hatte, mit dem ich hätte Weltmeister werden können. Aber leider ist diese Saison nicht gut für mich gelaufen."

Frage: "Nach dem Tod von Ayrton Senna hatten Sie ein Angebot von Williams. Sie hatten es damals vorgezogen, bei Sauber zu bleiben. Warum?"
Frentzen: "Das Angebot von Williams kam in einer schwierigen Zeit. Da waren die Unfälle von Senna und Ratzenberger und die Stimmung war sehr gedrückt. Hinzu kam der Unfall von Karl Wendlinger in Monaco. Als von Frank das Angebot kam, war ich einerseits stolz und glücklich. Aber auf der anderen Seite war da Peter Sauber, der mir die Chance gab, in die Formel 1 einzusteigen. Deswegen habe ich es Peter überlassen, eine Entscheidung zu treffen. Und das Gute daran ist, dass ich diese Entscheidung bis heute nicht bereue."

Frage: "Sie sind Vater einer Tochter und Ihre Frau Tanja erwartet Ihr zweites Kind. Denkt man da nicht öfter an die Gefahren dieses Sports?"
Frentzen: "Nein. Noch nicht. Vielleicht werde ich das eines Tages tun. Aber für mich war es toll, Vater zu werden und es hat mich natürlich verändert. Wenn man ein Kind hat, verändert das die Sichtweise. Allerdings nicht in dem Moment, wenn ich meinen Job auf der Strecke ausführe und in eine Hochgeschwindigkeitskurve hineinfahre. Das hat sich durch Leas Geburt nicht geändert. Natürlich versuche ich, ein guter Vater zu sein und meine Familie vor Unheil zu bewahren. Aber nicht nur Motorsport kann gefährlich sein."

Frage: "Ihre Tochter Lea ist drei Jahre alt. Realisiert sie, was der Vater macht?"
Frentzen: "Ich weiss nicht, aber sie erkennt mich im TV. Ich bin mir nicht sicher, ob sie versteht, dass es ungewöhnlich ist, dass sie mich dort sehen kann und was ich mache."

Frage: "Was bedeuten Ihnen eigentlich Geld und Luxus?"
Heinz-Harald Frentzen: "Für erfolgreiche Rennfahrer sind sie ein positiver Nebeneffekt. Ich denke aber nicht, dass man sich als junger Rennfahrer vorstellen kann, damit eines Tages Geld zu verdienen. Diesen Beruf fängt man aus Leidenschaft an. Es wird dann ein Traumberuf, wenn man damit seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Ich glaube, ich kann da für alle Rennfahrer sprechen."

Frage: "Welche Träume haben Sie noch in Ihrem Leben?"
Frentzen: "Ich habe selbstverständlich noch einige Träume. Zum Beispiel möchte ich mit Sauber noch ein paar schöne Momente einfahren. Ich würde auch gern eine Weltreise mit dem Schiff machen und möchte für wenigstens ein Jahr Dinge tun, wozu man im Leben eines Rennprofis keine Zeit hat."