Franz Tost: Tsunoda ist eine unterschätzte Messlatte für de Vries

AlphaTauri-Teamchef Franz Tost verteidigt Nyck de Vries und vermutet, dass Yuki Tsunoda inzwischen gut genug wäre, um auf Augenhöhe mit Pierre Gasly zu fahren

(Motorsport-Total.com) - Es ist gerade mal sechs Wochen her, da wurde darüber spekuliert, dass Nyck de Vries seinen Stammplatz bei AlphaTauri in der Formel 1 (womöglich an Daniel Ricciardo) verlieren könnte. Mit zwei soliden Leistungen in Monte Carlo (12.) und Barcelona (14.) hat er seinen Kopf erstmal aus der Schlinge gezogen. Und er kann sich zumindest der Unterstützung durch Franz Tost sicher sein.

Titel-Bild zur News: Nyck de Vries, Yuki Tsunoda, Pierre Gasly

Kühne These: Ist Yuki Tsunoda inzwischen der Schnellste aus diesem Trio? Zoom

Der Teamchef von AlphaTauri stimmt zwar mit Helmut Markos kritischer Analyse überein, dass de Vries am Saisonbeginn um "drei, vier Zehntel" langsamer war als Yuki Tsunoda. Das habe aber "nichts" mit seinem fahrerischen Talent zu tun, sondern vielmehr mit dem schwierigen Umfeld für Neueinsteiger, zu dem die Formel 1 in der vergangenen Jahren geworden ist.

"Es ist gegenwärtig sehr schwierig für Rookies, in der Formel 1 Fuß zu fassen", sagt Tost. "Es gibt nur ganz wenige Testtage. Dann sind sehr viele Rennen. Da kennen sie die Strecken gar nicht. So wie Melbourne zum Beispiel, oder dann später Singapur, oder Nyck hat auch Miami nicht gekannt. Oder Saudi-Arabien. Und das macht es dann zusätzlich schwierig."

Erschwerend kommen die Wochenenden mit F1-Sprint dazu, bei denen es nur ein Freies Training gibt, ehe im Qualifying die Leistung auf den Punkt gebracht werden muss. Gleichzeitig "entscheiden im Mittelfeld Hundertstelsekunden, ob irgendwelche Platzierungen besser oder schlechter" sind, sagt Tost in einem Interview auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de. (Kanal jetzt kostenlos abonnieren und kein Formel-1-Interview mehr verpassen!)


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"Es ist unmöglich, dass ein Rookie im ersten Qualifying alles so hinkriegt, dass er das Auto optimal ausnutzt. Das gibt es nicht. Er muss die Streckenverhältnisse neu kennenlernen, denn im Qualifying ist das anders als im Freien Training. Kommt auf Sonneneinstrahlung an, kommt auf Asphalttemperaturen an, kommt auf Windverhältnisse an. Im Freien Training hast du vielleicht Wind von vorn, im Qualifying von hinten. Das sind riesengroße Unterschiede."

Vor Monaco, als die Gerüchte am Überkochen waren, nahm Tost de Vries daher zur Seite: "Ich habe gesagt, er soll sich nicht an den Zeiten orientieren, sondern einfach fahren. [...] Alles andere ergibt sich dann von selbst [...]. Und dann wollen wir schauen, wie es ihm bei den nächsten Rennen geht."

Aufmunterndes Gespräch vor Monaco

"Wir kennen Nyck aus der Vergangenheit. Er braucht immer etwas. Er ist nie auf Anhieb irgendwo Meister geworden, sondern meistens im zweiten oder dritten Jahr. Da darf man sich jetzt nicht erwarten, dass er in die Formel 1 kommt und dann sofort vor Yuki fährt. Das spielt es nicht. Das ist illusorisch, und deshalb muss man jetzt schauen, wie es im Rest der Saison geht."

Zumal Tost davon überzeugt ist, dass Tsunoda inzwischen unterschätzt wird. 2021 und 2022 war der Japaner an der Seite von Pierre Gasly in Sachen Ergebnisse die Nummer 2 bei AlphaTauri. Doch wäre Gasly nicht zu Alpine abgewandert, wäre das teaminterne Kräfteverhältnis zwischen den beiden 2023 "auf alle Fälle" ein ganz anderes als früher, glaubt Tost.

Er sagt: "Er war letztes Jahr schon einige Male schneller. Und er hat diesen Lernprozess bis jetzt gut überstanden. Ich muss sagen, dass Yuki sehr gute Leistungen abliefert. Und ich hoffe, dass wir ihm jetzt schnellstmöglich ein Auto zur Verfügung stellen können, das eine gute Performance zeigt, damit er seine wahre Leistung abrufen kann."

"Yuki hat auch seine zwei Jahre gebraucht, und er wird auch dieses Jahr noch brauchen. Er wird auch nächstes Jahr noch brauchen, bis er ein wirklich gutes Niveau erreicht hat. Die Formel 1 ist so schwierig und komplex geworden, da kommt niemand rein und fährt sofort vorn mit. Das ist absolut ausgeschlossen."

Doch in seinem dritten Jahr in der Formel 1 sei Tsunoda inzwischen "sehr, sehr schnell" unterwegs, unterstreicht Tost: "Das wurde von vielen noch nicht so richtig wahrgenommen. Aber vom reinen fahrerischen Talent her gehört er in die oberste Klasse. Das hat auch Pierre Gasly letztes Jahr ein paar Mal miterleben müssen, als Yuki schneller war."

De Vries: Langsam wird's besser

Und jetzt ist eben de Vries in der Situation, dass er sich an den erfahreneren Teamkollegen erst rankämpfen muss. Aber nach anfänglichen Startschwierigkeiten bekommt der ehemalige Mercedes-Junior die Formel 1 langsam besser in den Griff. Auch wenn er rein vom Speed her in Monte Carlo und Barcelona weiterhin hinter Tsunoda lag.

"Es gibt immer ein paar Dinge, die ich gern besser gemacht hätte", räumt der Niederländer ein. "Im Qualifying in Barcelona wäre zum Beispiel eine bessere Position möglich gewesen. Aber that's Racing. Ich denke, der Schlüssel ist, konstanter zu werden und insgesamt konkurrenzfähiger. Dann kommt der Rest ganz von selbst."

"Die letzten zwei Rennen waren sehr positiv. Monaco war ein solides, sauberes Wochenende, und in Barcelona haben wir eine starke Leistung gezeigt. Es gibt noch Luft nach oben, aber ich kann sehen, dass das Potenzial da ist. Also konzentriere ich mich drauf, weiter Fortschritte zu machen, so wie mir das zuletzt gelungen ist", sagt der 28-Jährige.

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