• 30.11.2001 15:20

  • von Fabian Hust

Frank Williams und Patrick Head – eine einmalige Ehe

Ein schwerer Unfall hat sie aneinandergeschweißt - in der kommenden Saison will man wieder um den Weltmeistertitel fahren

(Motorsport-Total.com) - Frank Williams, einer der wohl leidenschaftlichsten Motorsportfanatiker aller Zeiten, wurde am 16. April 1942 im englischen South Shields geboren. Der Ehemann und Vater dreier Kinder lebt praktisch schon sein ganzes Leben für den Motorsport. Die Familie Williams hat ihr Haus im britischen Berkshire. In seiner knappen Freizeit beschäftigt sich Frank Williams gern mit den Themen Luftfahrt und Geschichte, lernt Sprachen und interessiert sich für die täglichen Nachrichten aus aller Welt.

Titel-Bild zur News: Frank Williams

Frank Williams ist seit 1986 an den Rollstuhl gefesselt

Im Internat in Dumfries las Williams einst das erste Mal über Motorsport. Nach den Großtaten seiner Landsmänner Mike Hawthorn und Peter Collins entwickelte er ein brennendes Interesse für den Sport und nahm 1958 eines seiner ersten Rennen in Angriff - den Grand Prix von Großbritannien in Silverstone.

Patrick Head war praktisch von Anfang an mit dabei
Nachdem er verschiedene Autos für andere Fahrer vorbereitet und sein eigenes Formel-2-Team geführt hatte, setzte er 1969 seine Formel-1-Pläne in die Tat um. Sein enger Freund Piers Courage, der bereits 1968 bei ihm Formel 2 gefahren war, wurde im Debütjahr Achter in der Formel-1-Fahrerweltmeisterschaft. 1970 schlug das Schicksal zu: Courage kam beim Grand Prix von Holland ums Leben, Williams hatte seinen Wagen für den italienischen Hersteller de Tomaso eingesetzt. Dank enormer Willensstärke und Zielstrebigkeit gelang es Frank Williams, seine Ziele trotz dieses großen persönlichen Verlustes weiter zu verfolgen.

1977 wurde Williams Grand Prix Engineering gegründet, damit begann eine der erfolgreichsten Partnerschaften der Formel-1-Geschichte: Williams engagierte Patrick Head als Konstrukteur. Head wurde am 5. Juni 1946 in Farnborough, Hampshire in England geboren. Er ist wie Williams ebenfalls verheiratet, hat ein Kind und lebt mit seiner Familie in London. Segeln und Motorradfahren sind seine liebsten Hobbys.

Head: Der Vater übertrug den Motorsportvirus
Heads Interesse am Motorsport wurde durch die Rennkarriere seines Vaters geweckt, der in den 50er Jahren Jaguar-Sportwagen fuhr. Nachdem Patrick sein Ingenieursstudium am University College in London abgeschlossen hatte, fuhr er eine Zeit lang Kartrennen und Rallyes, ehe er zu dem Schluss kam, dass seine Talente hinter dem Lenkrad nicht optimal aufgehoben sind.

Ab 1970 arbeitete er an der Seite von John Barnard für Lola Cars an verschiedenen Fahrzeugen, dazu gehörten Indy-, CanAm- und Zweiliter-Sportwagen. Anschließend assistierte er Ron Tauranac, der bei Trojan Formel-5000- und Formel-1-Wagen konstruierte.

Formel-1-Bolide schon im zweiten Jahr siegreich
Das erste von Patrick Head gezeichnete Formel-1-Fahrzeug, der FW06, erschien 1978. Ein Jahr später gewannen seine Konstruktionen schon Grands Prix, und zwei Jahre später sowohl die Fahrer- als auch die Konstrukteurs-Weltmeisterschaft. Seit 1977 sammelte das Team neun Konstrukteurstitel und gewann sieben Mal die Fahrerweltmeisterschaft.

Nächster WM-Titel in Aussicht
Nach einer Pole Position und vier Siegen in dieser Saison darf im Team von Frank Williams wieder von mehr geträumt werden. Das Williams-Team ist auf dem besten Weg, erneut regelmäßig um Siege und bald auch um den WM-Titel zu fahren. Damit könnten Williams und Head wieder großartige Erfolge feiern, zwei, die sich perfekt ergänzen, wie Frank Williams findet: "Wir sind verschiedene Charaktere und haben unterschiedliche Fähigkeiten aber wir lieben beide das, was wir tun. Patrick kann einige Dinge außergewöhnlich gut, ich andere", so der Brite gegenüber 'Autosport'.

Die Aufgaben sind zwischen Teamchef Frank Williams und dem Technischen Direktor Patrick Head, der übrigens auch Anteile am Team hält, klar aufgeteilt: "Patrick kümmert sich um das Ingenieurswesen, das meiner Meinung nach 80 Prozent der Formel 1 ausmacht und ich kümmere mich um die anderen 20 Prozent, die sich um das Geschäft, die politischen Dinge und so weiter drehen."

Williams' schwerer Autounfall schweißte zusammen
1986 erlitt Frank Williams einen schweren Autounfall. Die schweren Verletzungen fesselten ihn an den Rollstuhl - seinen eisernen Willen brachen sie jedoch nicht. Und so makaber es klingen mag, Patrick Head ist sich sicher, dass der Unfall geholfen hat, dass das Team in dieser Form bis heute Bestand hat: "Frank und ich sagen beide, dass wir wohl nicht mehr zusammenarbeiten würden, wäre der Unfall nicht gewesen." Denn ohne Patrick Head wäre Frank Williams wohl verloren gewesen.

Mit Rückkehrer BMW hat das Team seit dem Jahr 2000 einen neuen Motorpartner, der erste Sieg in Imola nach nur 21 gemeinsamen Rennen zeigt, wie schnell die Bayern ein exzellentes Aggregat auf die Beine stellen konnten. Der Zehnzylinder galt in diesem Jahr unter den Experten mit deutlich über 800 PS als stärkster Motor im Feld. In diesem Jahr neu hinzugekommen war Reifenpartner Michelin, der in seinem vierten Rennen dank Ralf Schumachers perfekter Fahrt in Imola den ersten Sieg holen konnte.

Frank Williams plant für 2002
Frank Williams ist lange genug im Geschäft, um zu wissen, was man tun muss, um im nächsten Jahr Michael Schumacher schlagen zu können. Der 59-Jährige hatte die Marschrichtung bereits im Sommer vorgegeben: Damals konzentrierte man sich bereits vermehrt auf das Auto der kommenden Saison, das dem Team den ersten WM-Titel seit Jacques Villeneuve 1997 einbringen soll: "Wir müssen sicher stellen, dass wir zum Saisonstart 2002 in Top-Form sind", so der Brite.

Die Voraussetzungen dazu scheinen vorhanden zu sein. Der FW23 hat nur wenige Schwächen, dazu gehört der mangelnde Abtrieb, mechanisch gesehen ist das Auto ein gelungener Wurf. BMW hat mit dem P80 eine exzellente Basis, auf die man aufbauen kann, ohne wie beispielsweise Renault ein völlig neuartiges Konzept entwickeln zu müssen, das nachher Zuverlässigkeit zu wünschen übrig lässt, welche dann mit einer Reduzierung der Drehzahlen herbeigeführt werden muss, was zu fehlender Leistung führt.

Mit Michelin sollte man die entsprechenden Verbindungen zum Asphalt haben. In diesem Jahr fuhren die Franzosen schon ganz vorne mit, kämpften aber noch mit den typischen Einstiegsschwierigkeiten wie zu großen Streuungen in der Produktion oder mangelnden Streckenkenntnissen. Mit Ralf Schumacher und Juan-Pablo Montoya hat man zwei Fahrer, die mit ihren fahrerischen Fähigkeiten und einer ausreichend großen Erfahrung zum Titel fahren können, wenn man ihnen denn das richtige Material zur Verfügung stellt.

Bei der Konkurrenz im silbernen und im roten Lager rechnet man jedenfalls fest damit, dass BMW-Williams im kommenden Jahr um den WM-Titel mitfahren werden. Der richtige Spagat zwischen Weiterentwicklung und Innovationen beim neuen Auto über den Winter hinweg wird in der kommenden Saison ein wichtiger Faktor sein. Wenn es mit dem Titelgewinn klappt, dann werden Patrick Head und Frank Williams wieder lachen können. Denn wenn die beiden noch etwas gemeinsam haben, dann ist es ihr ständig griesgrämiges Gesicht.

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