Force India: Entwicklungsgeheimnisse gelüftet
Der indische Rennstall schlägt mit seinem Entwicklungstempo in diesem Jahr fast alle anderen Teams - die Gründe hierfür sind logischer Natur
(Motorsport-Total.com) - Einige der Konkurrenten haben in dieser Saison Grund, neidisch auf Force India zu blicken. Denn abgesehen von McLaren-Mercedes gibt es in der Boxengasse kein Team, das im Verlauf der Saison derart große Fortschritte verzeichnen konnte. Dass das Team um Vijay Mallya noch ohne WM-Punkt dasteht, ist für die Mannschaft deshalb eine große Schmach.

© Force India
Das Force India-Team kommt immer besser in Fahrt
In den vergangenen Rennen tauchte Adrian Sutil weit vorn auf, der Höhepunkt war bisher der siebte Startplatz beim Rennen auf dem Nürburgring. Aber auch in Valencia hat der Deutsche erneut gute Chancen auf WM-Punkte, wird das Rennen von Position 12 aus angehen. Mit dem nach Benzinmenge zehntschwersten Auto im Feld geht es für den 26-Jährigen in den Großen Preis von Europa.#w1#
Sutil, der am Samstagmorgen sogar zur Bestzeit gefahren war, kann auf die dritte Ausbaustufe seines Autos bauen, die erneut einen großen Fortschritt darstellt. Das Team um den Technischen Direktor des Teams, James Key, kann auf die Arbeit in diesem Jahr stolz sein, denn alle drei großen Updates für das Auto brachten auf der Strecke das, was die Daten gesprochen hatten - keine Selbstverständlichkeit in der komplexen Welt der Formel 1.
Die Entwicklungsschritte passen
Dass man sich jeweils um fünf bis sieben Zehntelsekunden steigern konnte, empfindet Geschäftsführer Ian Phillips angesichts des limitierten Budgets des Rennstalls als "Wahnsinn". Die finanziellen Mittel des Teams werden auf ein Viertel der Gelder geschätzt, die Red Bull Racing in dieser Saison zur Verfügung stehen.
Ein Grund für die deutlich bessere Leistung des Autos in diesem Jahr im Vergleich zur Konkurrenz ist die Tatsache, dass das Team den Doppeldecker-Diffusor im Vergleich zur "Nachzügler-Konkurrenz" früher einführte und auch besser verstand.
Warum man den Doppeldecker-Diffusor so schnell verstand
Dafür gibt es einen Grund: Man hatte die entsprechende Idee bereits 2008, sie damals aber wieder verworfen, da man Angst hatte, dass die Lösung nicht legal ist: "Als wir die ersten Diffusoren dieser Art gesehen haben, legten wir los", wird Key von 'auto motor und sport' zitiert. "Wir hatten also schon ein Grundverständnis von dem, was wir da machten."
Vorteil Kooperation mit McLaren-Mercedes
Der Brite lobt die Zusammenarbeit mit McLaren-Mercedes, die neben dem Motor auch das Getriebe und die Hydraulik an den Rennstall liefern. Das sind bekanntlich Komponenten, deren Zuverlässigkeit eine heikle Angelegenheit ist: "Unsere gute Standfestigkeitsrate kommt nicht von ungefähr", so Key.
Die Zusammenarbeit mit dem britisch-deutschen Team hat aber noch eine weitere positive Seite, denn der Rennstall kann sich so ganz auf die Verbesserung der Aerodynamik konzentrieren, weil man sich um den Antrieb keine Gedanken mehr machen muss.
"Wir sind jetzt nicht mehr so abgelenkt", so Sutil. In der vergangenen Saison biss sich der indische Rennstall noch am Getriebe ohne Zugkraftunterbrechung die Zähne aus, nachdem man sich zuvor den Fehler erlaubt hatte, die Technologie zunächst zu ignorieren.
Weißes Papier als Bonus
Das Team konnte zudem den Bonus nutzen, dass das Reglement derart stark verändert wurde, dass man mit einem weißen Blatt Papier beginnen musste. Damit konnten sich die reicheren Konkurrenten nicht mehr so sehr auf ihre Computer-Technologie verlassen. Stattdessen waren schlaue Köpfe und Erfahrung gefragt - Stärken, die das Force India-Personal für sich beanspruchen kann.
Weiterer großer Entwicklungsschritt geplant
Beim Großen Preis von Singapur möchte das Team Ende September übrigens noch einmal eine Ausbaustufe zünden. Und wenn diese ebenso funktioniert wie die anderen drei, dann muss sich der eine oder andere Konkurrenz warm anziehen: "Bis dahin wird unser Auto um 3,2 Sekunden schneller sein als zu Saisonbeginn", glaubt Philips.

