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FIA-Grad 1 bis 6: Das braucht eine Strecke für die Formel-1-Lizenz

Der Formel-1-Kalender hat in den vergangenen Jahren umfangreiche Veränderungen erlebt, doch was ist eigentlich notwendig, um einen Grand Prix abhalten zu dürfen?

(Motorsport-Total.com) - Die Formel 1 könnte 2023 bis zu 24 Rennen abhalten. Die Strecken, auf denen die Königsklasse dabei zu Gast sein wird, haben alle eine Gemeinsamkeit: Sie besitzen die höchste Lizenz der FIA, nämlich Grad 1. Diese benötigt man nämlich, um ein Formel-1-Rennen austragen zu dürfen. Doch was ist eigentlich notwendig, um diese Grad-1-Lizenz zu bekommen?

Titel-Bild zur News: Alexander Albon, Lando Norris, Sergio Perez, Esteban Ocon

Auch der Nürburgring hält noch eine Grad-1-Lizenz der FIA Zoom

Alle Rennen, die unter dem FIA-Banner ausgetragen werden, müssen auf Strecken mit einer Lizenz stattfinden. Dabei werden für die einzelnen Serien unterschiedliche Lizenzen benötigt. Das reicht von Grad 1 bis zu Grad 6 - inklusive einer Handvoll Unterkategorien dazwischen. Für die Formel 1 ist die höchste Kategorie vonnöten.

Es gibt eine lange Liste an Kriterien, die eine Strecke erfüllen muss, um eine solche Lizenz zu erhalten. Die Strecke selbst muss bestimmte Standards erfüllen, aber auch die Anlagen drum herum besitzen einige Mindestanforderungen.

Dafür müssen die Strecken verpflichtende Inspektionen über sich ergehen lassen. Und je höher der Grad ist, desto höher sind auch die Gebühren, die eine Strecke bezahlen muss.

Die einzelnen Kategorien der FIA-Lizenzen:

Grad 1: Fahrzeuge der Gruppe D (Internationale Formelfahrzeuge der FIA) und der Gruppe E (Freie Formelfahrzeuge) mit einem Gewichts-/Leistungsverhältnis von weniger als 1 kg/PS, dazu historische Fahrzeuge, einschließlich Formel-1-Fahrzeuge nach 1985
Grad 1E: Elektrofahrzeuge mit einem Gewichts-/Leistungsverhältnis von weniger als 1 kg/PS
Grad 1T: Tests von früheren Formel-1-Fahrzeugen nach den Definitionen im Sportlichen Reglement der Formel 1
Grad 2: Fahrzeuge der Gruppe D und Gruppe E mit einem Gewichts-/Leistungsverhältnis von 1-2 kg/PS, dazu einige historische Fahrzeuge
Grad 2E: Elektrofahrzeuge mit einem Gewichts-/Leistungsverhältnis von 1-2 kg/PS
Grad 2T: Tests von Fahrzeugen mit einem Gewichts-/Leistungsverhältnis von 1-2 kg/PS
Grad 3: Fahrzeuge der Kategorie II mit einem Gewichts-/Leistungsverhältnis von 2-3 kg/PS, dazu einige historische Fahrzeuge
Grad 3E: Elektrofahrzeuge mit einem Gewichts-/Leistungsverhältnis von 2-3 kg/PS
Grad 3T: Tests von Fahrzeugen mit einem Gewichts-/Leistungsverhältnis von 2-3 kg/PS
Grad 4: Fahrzeuge der Kategorie I plus Fahrzeuge der Kategorie II mit einem Gewichts-/Leistungsverhältnis von mehr als 3 kg/PS, dazu einige historische Fahrzeuge
Grad 4E: Elektrofahrzeuge mit einem Gewichts-/Leistungsverhältnis von mehr als 3 kg/PS
Grad 4T: Tests von Fahrzeugen mit einem Gewichts-/Leistungsverhältnis von mehr als 3 kg/PS
Grad 5: Fahrzeuge mit alternativen Energien
Grad 6A: Autocross
Grad 6R: Rallycross
Grad 6RW: Rallycross-Weltmeisterschaft
Grad 6G: Eisrennen

Um einen Grand Prix veranstalten zu dürfen, müssen die Rennstrecken den FIA-Richtlinien entsprechen, die Hunderte von Seiten umfassen und alles von den Streckenabmessungen bis hin zu den im medizinischen Zentrum vor Ort vorrätigen Medikamenten regeln.

Im Großen und Ganzen werden die Spitzenkategorien nach dem Gewicht der Fahrzeuge, die auf einer Rennstrecke antreten sollen, im Verhältnis zu ihrer Leistung eingeteilt. Da Formel-1-Autos heutzutage rund 1.000 PS leisten und mindestens 796 Kilogramm wiegen, ist für die Rennen eine Grad-1-Lizenz erforderlich.

In Meisterschaften, in denen die Fahrzeuge schwerer und weniger leistungsstark sind, ist eine niedrigere Lizenz erforderlich. Wenn eine Rennstrecke jedoch eine Lizenz der Klasse 1 besitzt, deckt sie automatisch auch die darunter liegenden Klassen ab, mit Ausnahme der Klasse 6, die sich auf Off-Road-Wettbewerbe konzentriert.


Fotostrecke: Der Formel-1-Kalender 2023 zum Durchklicken

Eine einmal erteilte Lizenz ist in der Regel drei Jahre lang ab dem Datum der letzten Inspektion gültig. Ovale Rennstrecken, wie sie im IndyCar-Kalender zu finden sind, sind von FIA-Veranstaltungen ausgeschlossen, es sei denn, die technischen Vorschriften wurden zur Genehmigung vorgelegt.

Der Verlust der Lizenz bedeutet jedoch nicht, dass die Rennstrecke nie wieder ein Rennen veranstalten kann, da die Strecken die Lizenz erneuern können, wenn sie dies wünschen.

Streckendimensionen

Es gibt keine Regeln, die vorschreiben, welche Form eine Strecke haben muss, aber es gibt dennoch eine Reihe von Vorschriften, an die sich die Rennstrecken halten müssen.

So dürfen beispielsweise die Geraden nicht länger als zwei Kilometer sein, und die Strecken müssen insgesamt mindestens 3,5 Kilometer lang sein. Die einzige Ausnahme ist der Große Preis von Monaco, der mit 3,34 Kilometern knapp darunter liegt.

Es wird empfohlen, dass neue Strecken eine Länge von sieben Kilometer nicht überschreiten. Permanente Rennstrecken müssen an allen Stellen mindestens zwölf Meter breit sein.

Für temporäre Rennstrecken und solche, auf denen regelmäßig nationale Wettbewerbe ausgetragen werden, gibt es jedoch einige Möglichkeiten, dies zu umgehen. Ein Beispiel wäre da der temporäre Stadtkurs von Baku, der an seiner schmalsten Stelle 7,6 Meter breit ist.


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Die Startaufstellung muss mindestens 15 Meter breit sein, wobei die Breite der Strecke bis zur ersten Kurve beibehalten werden muss, um das Risiko von Massenkarambolagen in der ersten Runde zu minimieren. Die erste Kurve muss einen Richtungswechsel von mindestens 45 Grad und einen Radius von weniger als 300 Metern aufweisen.

Die Startplätze müssen sechs Meter voneinander entfernt sein, in der Formel 1 sind es sogar acht Meter. Die FIA sagt, dass die Startlinie "vorzugsweise" mindestens 250 Meter von der ersten Kurve entfernt sein sollte.

Auch für die Boxengasse gibt es eine Mindestbreite: Sie muss mindestens zwölf Meter breit sein und an die Start-Ziel-Gerade angrenzen. Die Boxenein- und -ausfahrt darf die Ideallinie nicht beeinträchtigen, damit die Autos beim Wiedereinfahren auf die Strecke nicht kollidieren.

Als ob das nicht schon genug wäre, heißt es in den FIA-Richtlinien auch, dass sich die Breite der Strecke so sacht wie möglich ändern sollte.


Fotostrecke: Die Veränderungen im Formel-1-Kalender der vergangenen Jahre

Die FIA geht auch detailliert auf die Steigung von Rennstrecken ein, die der Leistung der Fahrzeuge, die die Strecke benutzen, angemessen sein muss. Das Gefälle der Start-Ziel-Geraden darf nicht mehr als zwei Prozent betragen und sollte sich idealerweise nicht in Hochgeschwindigkeits-Bremszonen oder in Kurven mit hoher Beschleunigung ändern.

Die Überhöhung sollte 5,7 Grad nicht überschreiten, obwohl die FIA "mögliche Ausnahmen in besonderen Fällen" zulässt. Die Kurven 3 und 14 der renovierten Strecke in Zandvoort sind zwei solche Beispiele mit einer Neigung von 18 respektive 19 Grad.

Streckenbegrenzung

Die FIA sagt, dass das Streckenlayout, die Topographie, die Rennlinien, die Geschwindigkeit und die Strukturen außerhalb der Rennstrecke bei der Entscheidung, welche Art von Begrenzung als erste Schutzlinie zu verwenden ist, berücksichtigt werden sollten.

Entweder wird eine Barriere benötigt, um die Energie eines mit hoher Geschwindigkeit fahrenden Autos zu absorbieren, oder es wird ein Auslaufbereich benötigt, um den Fahrern Raum zu geben, die Kontrolle wiederzuerlangen. Je nach den zu erwartenden Kurvengeschwindigkeiten in einem bestimmten Streckenabschnitt können diese Bereiche zwischen 30 und 100 Metern tief sein.

Es gibt keine feste Vorschrift für die Art der Begrenzung, die in einer Kurve oder am Ende einer Geraden verwendet werden muss, aber die FIA schlägt vor, dass eine Kombination aus Gras, Auslaufzonen, Kiesbetten, Stoppbarrieren, energieabsorbierenden Barrieren oder eine Kombination dieser Elemente eingesetzt werden kann, wenn dies erforderlich ist.

In Bereichen, in denen das Risiko eines Aufpralls als gering eingestuft wird, ist eine vertikale Barriere wie eine Metallschutzplanke erforderlich. In Bereichen mit höherem Risiko - wie am Ende einer Geraden - sind anspruchsvollere, energieabsorbierende Barrieren erforderlich.


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Eine der gebräuchlichsten sind Tecpro-Barrieren, die aus einer Kombination von Schaumstoff und Stahl bestehen und wie Puzzleteile so angeordnet werden können, dass sie auf jede Art von Strecke passen.

Eine der Bedingungen für die Erteilung einer FIA-Lizenz ist, dass alle Streckenbeläge, Leitplanken, Reifenstapel, Umzäunungen, Randsteine, Abflüsse, Betriebsstraßen, Kiesbetten und Absperrungen regelmäßig überprüft und gewartet werden müssen. Auch die Zuschauerbereiche und Tribünen müssen angemessen geschützt werden.

Drainage

Die Rennstrecken sind in der Regel so angelegt, dass das Regenwasser auf natürliche Weise von der Strecke abfließt. Auf geraden Strecken sollte das Gefälle laut FIA zwischen 0,9 und 1,7 Grad liegen, gemessen entweder von einer Seite zur anderen oder von der Mitte der Strecke zu jedem Rand.

In Bereichen einer Rennstrecke, in denen sich bei starkem Regen bekanntermaßen Wasser ansammelt, können die Organisatoren Rillen in die Asphaltoberfläche schneiden, um das Wasser von der Strecke wegzuleiten, sofern der FIA ein Nachweis darüber vorgelegt wird, wohin das Oberflächenwasser fließen wird.


Fotostrecke: Der ideale Formel-1-Kalender von Motorsport-Total.com

Medical-Centre

Da die Fahrer im Falle eines Hochgeschwindigkeitsunfalls einem hohen Verletzungsrisiko ausgesetzt sein können, ist für die Klassen 1-4 ein permanentes Medical-Centre vorgeschrieben, während für die Klassen 5 und 6 nur eine vorübergehende Einrichtung erforderlich ist.

Bei Formel-1- und WEC-Veranstaltungen muss das Medical-Centre über mindestens zwei Ärzte mit Wiederbelebungsfähigkeiten und mindestens zwei Chirurgen verfügen. Einer muss sich mit der Erstbehandlung von Verbrennungen auskennen, ein anderer mit der Behandlung von Wirbelsäulenverletzungen und Gehirnerschütterungen.

Mehrere Mitglieder des medizinischen Teams müssen gut Englisch sprechen, und alle müssen Erfahrung im Umgang mit Traumapatienten haben.

Auch für die medizinische Ausrüstung gibt es Mindestanforderungen: Dazu gehören Geräte zur Sicherung der oberen Atemwege des Fahrers, Geräte zur Blutstillung, mechanische Beatmungsgeräte und Herzfrequenzmesser neben vielen anderen lebensrettenden Dingen. Sauerstoffreserven, ein Wirbelsäulenbrett, Röntgen- und Ultraschallgeräte sind ebenfalls aufgeführt.

Helfer kümmern sich um den verunfallten Guanyu Zhou beim Formel-1-Rennen in Silverstone 2022

Jede Strecke benötigt geschultes medizinisches Personal Zoom

Zudem besitzt die FIA eine Liste von Medikamenten, die im Medical-Centre vorrätig sein müssen. Diese werden zur Behandlung von Atemwegsproblemen, Herz-Kreislauf-Problemen, Epilepsie und vielem mehr benötigt.

Weitere Regeln

Die FIA hat eine Formel für die Berechnung der maximalen Anzahl von Fahrzeugen (N), die an einem Rennen teilnehmen dürfen, abhängig von der Länge (L) und Breite (W) der Strecke, der Dauer des Rennens (T) und der Kategorie der teilnehmenden Fahrzeuge (G).

All diese Faktoren werden mit einem Koeffizienten versehen, je nachdem, wo sie in den FIA-spezifischen Tabellen liegen, wobei die Zahlen dann miteinander multipliziert werden, um eine endgültige Antwort zu erhalten.

Die Formel sieht so aus: N = 0.36 x L x W x T x G

Für das 6-Stunden-Rennen von Silverstone würde es so aussehen: 0.36 x 17 x 10 x 1.4 x 0.7 = 59.976.

Das heißt, dass 60 Fahrzeuge am Event der Langstrecken-WM in Silverstone teilnehmen dürften. Die Anzahl der im Training zugelassenen Fahrzeuge ist auf 20 Prozent über der Anzahl der Fahrzeuge, die zum Rennen zugelassen sind, begrenzt.

Diese Formel gilt allerdings nicht für die Formel 1, die ihre eigenen Regeln anwendet, um die maximale Anzahl an erlaubten Startern festzulegen.


Fotostrecke: Neue Formel-1-Strecken seit 2000

Die FIA stellt außerdem klar, dass Werbetafeln an der Außenseite der Rennstrecke stabil und sicher sein müssen und die Sicht der Fahrer und Offiziellen in keiner Weise beeinträchtigen dürfen. Auf den Streckenoberflächen darf keine Werbung angebracht werden, und Werbung auf den Auslaufzonen darf den Rutschwiderstand nicht verringern, der die Autos im Falle einer Kollision abbremst.

Neben der Strecke selbst müssen auch die öffentlichen Bereiche, die den Fans zugänglich sind, behindertengerecht gestaltet sein. Die FIA schlägt vor, zumindest einen ausgewiesenen Zuschauerbereich für Behinderte, spezielle Toiletten, reservierte Parkplätze und gepflasterte Wege einzurichten, die Rollstuhlfahrern die Mobilität ermöglichen.