• 29.10.2013 15:42

  • von Christian Schrader

Ferraris Hintermänner stimmen auf Abu Dhabi ein

Die beiden Testfahrer Marc Gene und Pedro de la Rosa beschreiben ihre Aufgaben bei der "Scuderia" und analysieren die "typische Hermann-Tilke-Strecke"

(Motorsport-Total.com) - Die beiden Ferrari-Testfahrer Marc Gene und Pedro de la Rosa berichten über ihre Aufgabenbereiche bei der "Scuderia" und stimmen gemeinsam auf den Grand Prix von Abu Dhabi am kommenden Wochenende (1. bis 3. November 2013) ein. Dabei analysieren die beiden Spanier den Kurs und gehen auf die Stärken und Schwächen des F138 ein. Außerdem löst Gene auf, was er meint, wenn er den 5,554 Kilometer langen Yas-Marina-Circuit als "eine typische Hermann-Tilke-Strecke" bezeichnet.

Titel-Bild zur News: Marc Gene, Pedro de la Rosa

Die zwei Spanier bei den Italienern erklären die Rennstrecke in Abu Dhabi Zoom

"Ich bin", fängt Gene an, "genau wie Pedro, Testfahrer, obgleich in geringfügig anderer Rolle. Ich arbeite mit dem Team und nehme an allen Meetings und den Grands Prix teil, arbeite aber auch mit anderen Ferrari-Abteilungen wie Corse Clienti und bin dazu noch Experte beim italienischen Fernsehen. Ich fahre ebenfalls die meisten Showruns mit dem F1-Boliden und ich arbeite mit den Ferrari-Absatzmärkten auf der ganzen Welt", erklärt der einstige Minardi-Formel-1-Pilot.

"Ich bin ebenfalls Testfahrer und ich reise zu allen Grands Prix", stellt sich de la Rosa vor. "Wenn den Stammfahrern irgendetwas passieren sollte, muss ich bereit sein, ins Auto zu steigen und sie zu ersetzen. Allerdings liegt die Hauptaufgabe in Maranello, wo ich, zusammen mit Andrea Bertolini und Davide Rigon, Teil des Entwicklungsprogramms im Simulator bin. Zusammen arbeiten wir nicht nur an Entwicklungen beim Simulator, sondern auch am F138 und am Boliden für das kommende Jahr", erklärt der 42-Jährige.

De la Rosa vom Yas-Marina-Circuit begeistert

Im Jahr 2012, damals noch in Diensten von HRT, konnte sich de la Rosa einen persönlichen Eindruck vom Yas-Marina-Circuit machen. Das Rennen beendete der Spanier, der in der Königsklasse des Motorsports insgesamt 107 Grands Prix fuhr, auf dem 17. und damit letzten Platz im Klassement. Dennoch betont er: "Ich liebe die Rennstrecke in Abu Dhabi."


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"Es ist ein sehr schöner Kurs, ohne Bodenwellen und sehr eben. Du kannst das Auto vorne also so flach wie möglich einstellen. Der Asphalt ist sehr glatt und somit einfach für die Reifen. Manchmal hast du ein bisschen damit zu kämpfen, die Reifen auf Temperatur zu bekommen", gibt er zu Protokoll. "Die ersten beiden Sektoren sind sehr ähnlich, mit Top-Speed, hartem Bremsen und Schikanen. Der F138 wird an dieser Stelle des Kurses auf jeden Fall konkurrenzfähig sein", prophezeit de la Rosa.

"Für den dritten Sektor mit langsameren Kurven brauchst du ein sehr starkes Abtriebs-Setup. Mit dem Start um 17:00 Uhr Ortszeit (14:00 Uhr MESZ; Anm. d. Red.) beginnt das Rennen bei Tageslicht und dann wird es während des Grand Prix allmählich Nacht. Bei den Abreißvisieren brauchst du also unterschiedliche Tönungen, damit du dich an die wechselnden Lichtbedingungen anpassen kannst", so de la Rosa weiter.

"Eine typische Hermann-Tilke-Strecke"

Gene hat insgesamt 36 Grands Prix in der Formel 1 bestritten, davon jedoch keinen auf dem Kurs von Abu Dhabi. Dennoch kann der Spanier viel über den Kurs sagen und bezeichnet diesen als "eine typische Hermann-Tilke-Strecke", was er umgehend erläutert: "Das bedeutet, es hat ein bisschen von allem", erklärt er über die vom deutschen Bauingenieur entworfene Strecke. "Im ersten Sektor gibt es einige High-Speed-Kurven, die unserem Auto wie der komplette Sektor eins mit den zwei längsten Geraden ganz gut liegen sollten."


Fotos: Ferrari, Großer Preis von Indien


"Der letzte Sektor, wo Traktion sehr wichtig ist, ist möglicherweise der schwierigste für uns", weiß Gene. "Das ist der Teil des Kurses, man wird sich erinnern, der unter dem Hotel entlangführt, was man als Formel-1-Fahrer nicht so oft macht. Man muss wissen, dass der Geräuschpegel im Auto an diesem Punkt sehr hoch ist."

Obwohl erst seit diesem Jahr ein "Roter", hat de la Rosa die Erwartungshaltung der "Scuderia" bereits total verinnerlicht. "Mit Ferrari musst du gewinnen", hebt er hervor. Das dürfte aufgrund der Red-Bull-Dominanz für den Rest der Saison ein schwieriges Unterfangen werden, jedoch sieht Kollege Gene das Podium als realistisches Ziel.

Podiumsplatzierung als realistisches Ziel

"Ich erwarte, dass es in Abu Dhabi hinter Red Bull ziemlich eng wird", so Gene. "Ich denke, Ferrari kann hier um das Podium kämpfen. Das Qualifying ist unser Schwachpunkt und wenn wir es hinbekommen, in die zweite Reihe zu kommen, wäre das für uns wie eine Pole-Position. Wenn wir das machen könnten, dann sind wir in Podiumsnähe und vor unseren Hauptkonkurrenten Mercedes und Lotus, was gut für unsere Chancen wäre, die Saison als Zweiter bei den Konstrukteuren zu beenden."

Auch die Reifenwahl ist wieder das Zünglein an der Waage. Laut Gene jedoch nicht für den Exklusivausrüster, wie er betont. "Ich denke, Medium und Soft ist eine ziemlich sichere Sache für Pirelli. Es ist vermutlich die Kombination, die wird in diesem Jahr am häufigsten gesehen haben, auch wenn bei einigen Kursen, vor allem zuletzt in Indien, der Soft-Reifen sehr leiden kann", sagt der 39-Jährige.

Temperaturabfall beeinflusst Reifenwahl

De la Rosa bringt noch einen weiteren Aspekt ins Spiel. "Auf dem Yas-Marina-Circuit wird es strategietechnisch ziemlich einfach sein, du musst aber berücksichtigen, wie sich der Kurs über das Wochenende entwickeln wird - nicht nur in Bezug auf den Gummiabrieb, sondern auch der Temperaturabfall an der Oberfläche von Tag zu Nacht ist ziemlich groß", mahnt der Spanier.

"Das bedeutet, dass die Streckentemperatur die Wahl der Mischung beeinflussen kann. Merkwürdigerweise haben die Medium-Reifen einen niedrigen Arbeitsbereich und die Soft-Mischung einen hohen. Es könnte also sein", so de la Rosa abschließend, "dass nachts mit einer niedrigeren Streckentemperatur die härtere Mischung besser funktionieren könnte."