• 16.08.2001 13:58

Ferrari und Willi Weber planen Jahre voraus

Mit einem Trick bereitete man sich in Fiorano optimal vor, jetzt plant man im Schumacher-Ferrari-Lager Jahre voraus

(Motorsport-Total.com/dpa/sid) - Über 500 Millionen Mark, 650 Leute und ein großer Traum: Michael Schumacher und Ferrari überlassen bei der aufwändigen "Operation Titelverteidigung" nichts dem Zufall. Bei den letzten Startautomatik-Tests in Fiorano ließ sich Testpilot Luca Badoer nach jedem Startversuch am Seil zu den Boxen zurückziehen. So teste er unzählige Male, ohne eine Distanz von zehn Kilometern zu überschreiten. Danach blieben dem Schumacher-Gehilfen noch 40 Kilometer, um verschiedene Chassis einzufahren. In der "Urlaubszeit" seit dem
Rennen am Hockenheimring waren den Formel-1-Teams nur Testfahrten von höchstens 50 km erlaubt. Wenn Schumacher am Sonntag drei Punkte mehr als sein Mercedes-Rivale David Coulthard einfährt, ist er vorzeitig Weltmeister.

Titel-Bild zur News: Willi Weber

Schumacher-Manager Weber denkt schon jetzt an die Zeit nach Ferrari

Und doch soll der Gewinn der Weltmeisterschaft 2001 nur der Beginn eines goldenen Zeitalters für die "Roten" sein. "Eine Ferrari-Ära" will Schumacher mit den Italienern begründen. Auch wenn sich in Budapest alle Kräfte auf die schon beim Großen Preis von Ungarn mögliche WM-Entscheidung konzentrieren, die Planungen gehen weit darüber hinaus. Die Kernmannschaft um und mit Schumacher bleibt noch lange zusammen - bis 2004.

"Wir wollen den Titel auch deshalb möglichst schnell, damit wir uns früh auf die nächste Saison konzentrieren können", hat Ferrari- Präsident Luca di Montezemolo als Devise ausgegeben. Schumachers Manager Willi Weber plant sogar noch weiter im Voraus. Der Schwabe arbeitet schon am Merchandising für die Zeit nach der Karriere. Derzeit denke er daran, "Produkte zu entwickeln für die Zeit danach, wenn Michael nicht mehr aktiv Rennsport treibt", sagte Weber der Münchner 'Abendzeitung' (Donnerstag-Ausgabe).

Sollte Schumacher, der die WM-Wertung mit 37 Punkten Vorsprung vor David Coulthard anführt, schon beim 13. Saisonrennen am Sonntag vorzeitig seinen vierten Titel holen, beginnt das Projekt 2002 mit voller Kraft. Italienischen Medienberichten zufolge soll sich dann ab Montag die Hälfte des Teams nur noch um das Auto und die Tests für das nächste Jahr kümmern.

"Ich habe schon oft gesagt, dass ich mich bei Ferrari sehr wohl fühle, und das Team wie eine zweite Familie ist. Daher freue ich mich sehr auf zwei weitere, hoffentlich erfolgreiche Jahre gemeinsam mit Ferrari", hatte Schumacher seine frühe Entscheidung, schon im Mai vorzeitig um zwei Jahre bis 2004 zu verlängern, begründet. Der Kerpener hat die harten Aufbaujahre miterlebt, als er in seinem Debütjahr 1996 eine Pannenserie ohnegleichen erleiden musste. Jetzt will er die Früchte ernten, obwohl der ganz große Druck mit dem heißersehnten Ferrari-Titel 2000 jetzt weg ist.

Das Budget für die kommenden Jahre ist gesichert. Den diesjährigen Etat taxierte die Fachzeitschrift 'auto, motor und sport' auf 260 Millionen Dollar (290 Millionen Euro). Ab der Saison 2002 dürfte der Deal mit dem neuen Sponsor Vodafone weitere Mittel bringen.

Die Chancen stehen gut, dass Schumacher auch nach seiner Formel-1-Zeit für Ferrari im Einsatz ist. "Es gibt viele Themen rund ums Automobil - ob er nun für einen Hersteller Entwicklungsarbeit leistet oder Testfahrten absolviert", so Weber in der 'Abendzeitung': "Ich denke da an Ferrari: Da kommt der neue F 60, ein Auto, das über 340 km/h schnell ist. Das muss entwickelt werden, das muss jemand fahren. Wenn man ihn da hinbringt, ist Michael weiter mit dem Thema Automobil verbunden."

Im Endspurt vor dem Ungarn-Grand-Prix allerdings schwor Teamchef Jean Todt seine Leute mit warnenden Worten auf die Gegenwart ein. "Wir sind vorsichtig und bleiben mit den Füßen auf dem Boden, noch können wir die WM verlieren", mahnte der Franzose. "Ich kenne den Rennsport gut genug um zu wissen, dass nichts entschieden ist, solange das Ziel nicht erreicht ist." In mehreren Schichten wurde in Maranello rund um die Uhr gearbeitet.

Dies ist die Einstellung, die die "Scuderia" heutzutage auszeichnet. Das früher zuweilen recht chaotische Team wird nun von Verantwortlichen gelenkt, die eine ähnliche Disziplin an den Tag legen wie Schumacher. Voraussetzung für die Vertragsverlängerung des Deutschen war es, dass seine wichtigsten Vertrauensleute ebenso lange bleiben. Todt hatte 1993 damit begonnen, Ordnung ins Team zu bringen. Er holte 1995 Schumacher und später Technikchef Ross Brawn und Aerodynamiker Rory Byrne - Leute, auf die Schumacher zählt.