• 29.09.2001 11:36

Ferrari hatte Angst vor Schumacher-Rücktritt

Schumacher und Ross Brawn über Rücktrittsgedanken - Ecclestone über Schumachers "Startkastrationsversuch" in Monza

(Motorsport-Total.com/sid) - Weltmeister Michael Schumacher hat nach den Terror-Anschlägen in den USA und den Ereignissen rund um das Rennen in Monza kurzfristig sogar mit dem Gedanken an einen Abschied aus der Formel 1 gespielt. "Wenn ich nein sagen würde, dann würde ich lügen", meinte der Kerpener in Indianapolis: "Man kann aber auch nicht wirklich ja sagen, vor allem, wenn man bedenkt, was einige Medien dann daraus machen würden. Es gibt sicher kritische Momente, und es war ein sehr extremes Wochenende oder eine extreme Woche insgesamt. Da schießen einem viele Gedanken durch den Kopf, gar keine Frage."

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Michael Schumacher spielte mit dem Gedanken, seinen Helm vorzeitig an den Nagel zu hängen

Bei Ferrari hatte man bereits Angst vor einem vorzeitigen Ausstieg des Champions, der erst Ende Mai seinen Vertrag bei den Italienern vorzeitig um zwei Jahre bis 2004 verlängert hatte. "Das war tatsächlich eine Sorge", sagte Technikchef Ross Brawn bei 'Premiere World'. Offenbar um keinen größeren Schaden anzurichten, relativierte Schumacher auf Nachfrage später seine Aussagen zu diesem brisanten Thema: "Ich habe nicht über Rücktritt gesprochen. Wenn es jemand so verstanden hat, dann hat er es falsch verstanden." Nicht zuletzt weil Schumacher Spekulationen über seine Zukunft vermeiden wollte, hatte er während des Monza-Wochenendes beharrlich geschwiegen. Erst mit ein wenig Abstand ließ er die Öffentlichkeit in Indianapolis im Nachhinein an seinen Gefühlen teilhaben.

Auch an den Überlegungen, vielleicht auf die Starts in Monza und Indianapolis zu verzichten. "Wenn ich mich nicht so gut gefühlt und meine Familie nicht hinter mir gestanden und gesagt hätte, ich solle fahren, dann wäre ich sicherlich nicht angetreten", meinte Schumacher und ist überzeugt, "dass das kein großes Ding gewesen" wäre: "Unser Testfahrer Luca Badoer stand bereit und hätte das sicher übernehmen können und auch gerne getan." Doch Schumacher hatte sich dann bewusst für den Start beim Ferrari-Heimspiel entschieden: "Manche hätten es sicher nicht verstanden, wenn ich nicht gefahren wäre."

Schumacher konnte sich aber darauf verlassen, dass sein Team derart wichtige Entscheidungen nicht über den Kopf der Fahrer hinweg trifft, auch was seinen Vorstoß für einen neutralisierten Start in Monza betraf. "Die meisten Teams sind vernünftig gewesen, eigentlich waren es nur drei, die etwas anders gedacht haben", sagte der 32-Jährige. Vorwürfe machte Schumacher aber niemandem: "Jeder geht anders mit so einer Situation um. Man kann nicht erwarten, dass jeder so empfindet wie man selbst."

Auch mit den kritischen Bemerkungen von Formel-1-Boss Bernie Ecclestone oder FIA-Präsident Max Mosley, die Königsklasse würde auch ohne Schumacher überleben, geht der Kerpener gelassen um. "Das war mir schon immer klar. Die Formel 1 hat schon vor mir
stattgefunden, und sie wird auch nach mir stattfinden."

Ecclestone legte indes seine Differenzen mit Schumacher über dessen Wunsch nach einem neutralen Start in Monza bei. "Ich denke, Michael hat auf die Schnelle Entscheidungen getroffen, über die er nicht richtig nachgedacht hatte. Ich mache ihm keinen Vorwurf", sagte der Brite: "Ich glaube, das hat er jetzt auch verstanden." Ecclestone verteidigte auch seine Beharrlichkeit, trotz der Terror-Anschläge in den USA am Rennen in Indianapolis festzuhalten. "Jetzt denken hier alle, dass alles okay ist. Bei mir ist es oft so, dass sich meine Meinung im Nachhinein als richtig herausstellt."

Mit der Sicherheit des Formel-1-Zirkus in Indianapolis ist "Big Bernie" zufrieden. "Wir haben die ganze Zeit das FBI hier, die Sicherheit ist gut, wie normalerweise immer in der Formel 1. Ich denke nicht, dass wir uns Sorgen machen müssen. Amerika ist wieder zur Normalität zurückgekehrt: Business as usual", meinte Ecclestone. Der Formel-1-Boss zeigte sich erleichtert, dass das Rennen wie geplant stattfindet: "Es hat mich fünf Jahre gekostet, die Formel 1 wieder hierher zu bringen. Deshalb bin ich besonders froh, dass wir auch in Zukunft hier wieder fahren werden."